Mobilität:Der Landrat will sich nicht länger abstrampeln

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Die Gemeinde Gräfelfing wird künftig weniger Mieträder zur Verfügung stellen und die Zahl der Ausleih-Stationen reduzieren. (Foto: Catherina Hess)

Die Mieträder der MVG gelten als Erfolg und sollen sogar im ganzen MVV-Gebiet angeboten werden. Der Landkreis München allerdings, in dessen Kommunen bereits viele Ausleihstationen stehen, steigt bis 2025 aus der Finanzierung aus.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis München

Im Landkreis München geht die Angst um, dass ein wichtiger Treiber der Mobilitätswende vorzeitig ausgebremst werden könnte. Denn der Landkreis wird von 2025 an aus der Finanzierung bei Neubau sowie Unterhalt der MVG-Mietradstationen aussteigen. Bisher bezuschusst der Landkreis den Unterhalt der Sammel- und Ausleihpunkte für Leihräder der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) mit 50 Prozent der Kosten, die andere Hälfte übernehmen die jeweiligen Kommunen. Mit der Neuausrichtung des Mietradsystems, das es bisher nur in der Landeshauptstadt sowie seit 2018 im Landkreis München gibt, endet nun die Subventionierung.

Hintergrund ist das Auslaufen des bestehenden Vertrags zwischen der Münchner Verkehrsgesellschaft und der Stadt München sowie dem Unternehmen Nextbike by Tier Mobility SE, welches das Mietradsystem als Dienstleister betreibt. Dieser endet zum 30. September 2025 - und dann auch die Förderung durch den Landkreis. Im Anschluss soll das Mietradsystem nicht nur neu organisiert, sondern auf alle Verbundlandkreise des Münchner Verkehrs- und Tarifverbundes (MVV) ausgedehnt werden, sofern diese das auch wollen. Auf diese Weise sollen auch ländlich geprägte Regionen erschlossen werden, in denen der öffentliche Personennahverkehr oft schlecht ausgebaut ist und viele Menschen nach wie vor auf das Auto angewiesen sind.

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Es gibt aber auch im südlichen Landkreis München Gegenden, die vom ÖPNV nahezu abgeschnitten sind. Die Gemeinde Brunnthal etwa hat keinen S-Bahn-Anschluss und wird nur von zwei Buslinien bedient. Allerdings können die Menschen dort aktuell auf MVG-Mieträder ausweichen. Und das täten auch viele, sagte am Dienstag Brunnthals Bürgermeister Stefan Kern (CSU) in der Sitzung des Kreistags, der über eine Fortführung der Finanzierung debattierte. "Im städtischen Raum, zum Beispiel in Neubiberg oder Ottobrunn, gibt es alle 300 bis 400 Meter eine Bushaltestelle. Aber im ländlichen Raum kommt nur stündlich ein Bus", so Kern. Er sei daher dafür, das aktuelle Mietradsystem und auch die Förderung durch den Landkreis fortzuführen - trotz aller Sparzwänge, die derzeit über die Kreispolitik hereinbrächen. Konkret geht es bei der Subventionierung von Mietradstationen um einen Betrag von bis zu 700 000 Euro im Jahr - in Anbetracht der Sparvorgabe im Haushalt von 50 Millionen Euro eher ein kleiner Betrag.

26 von 29 Kommunen wollen das Mietrasystem behalten oder einführen

Landrat Christoph Göbel (CSU) machte dennoch in der Sitzung sehr deutlich, dass er gegen eine Fortführung der Finanzierung ist. Seit 2018 habe der Landkreis eine erhebliche Anschubfinanzierung beim Aufbau des Systems geleistet, nun sollten die Kommunen entscheiden, ob sie das System wollen oder nicht. Unlängst haben 26 von 29 Kommunen des Landkreises auf Nachfrage ihren Willen geäußert, das Mietradsystem weiter anbieten oder einführen zu wollen. "Die Kommunen wissen ganz genau, was sie vor Ort brauchen", so der Landrat. Zudem würden alle anderen Landkreise, die von 2025 an dem Mietradsystem der MVG beitreten, ebenfalls keine Subventionen an ihre Kommunen für den Aufbau neuer Ausleihstationen zahlen.

Dass das Mietradsystem zwingend erhalten bleiben soll, ist Konsens im Kreistag, aber vor allem die Grünen haben die Sorge vor einem Scheitern. "Es gehört zu einer modernen Verkehrspolitik dazu, dass das Fahrradfahren als Alternative zum Auto finanziert wird", sagte deren Fraktionssprecher Christoph Nadler. "Wenn die Finanzierung wegfällt, werden es sich viele Kommunen genau überlegen, ob sie das Programm so fortführen können."

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Seine Fraktionskollegin Tania Campbell ergänzte, es brauche den Landkreis als verlässlichen Partner für die Kommunen. Sie zweifelt zudem an, dass von 2025 an ein flächendeckender Ausbau auf dem Land überhaupt erfolgen kann. Denn eine Gemeinde soll nur dann in das System einsteigen können, wenn die nächst gelegene Kommune mit bestehender Leihstation maximal fünf Kilometer weit entfernt ist. "Ohne Finanzierung sehe ich die Gefahr, dass es kein zusammenhängendes System geben könnte", so die Grünen-Kreisrätin.

"Es war wichtig, das Pilotprojekt zu starten. Wir haben auch die Erfahrung gemacht, dass Stationen ganz unterschiedlich genutzt werden", hielt CSU-Fraktionssprecher Stefan Schelle entgegen. Dies habe auch zur Folge, dass in den Kommunen etwa 30 Prozent der Fahrräder eingespart werden könnten - so auch in Oberhaching, wo Schelle Bürgermeister ist. "Das Projekt aber wird dadurch nicht sterben."

Mit der Neuausrichtung und Erweiterung des Systems sollen laut Münchner Landratsamt indes deutliche Verbesserungen für die Nutzer einhergehen: Zwar werde es kein flächendeckendes "Free Floating" geben, bei dem die Räder frei abgestellt werden können wie etwa in der Landeshauptstadt; aber kleinere Stationen, die keine Tiefbaumaßnahmen erfordern, sollen die Nutzung erleichtern. Zudem soll das System in den MVV-Tarif integriert und dadurch für Abo-Kunden und Besitzer des Deutschlandtickets günstiger werden.

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