Kreistag:Das große Streichen, Kürzen und Schieben beginnt

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Jeder Euro wird umgedreht: Die Kreis-Finanzverwaltung kämpft darum, das Defizit im Haushalt 2024 zu reduzieren. (Foto: K. Schmitt/Imago/Fotostand)

Landratsamt und Finanzausschuss setzen den Rotstift an und verkleinern das für 2024 erwartete Haushaltsloch von 51,5 auf 19,7 Millionen Euro. Als Nächstes sollen politische Beschlüsse der vergangenen Monate hinterfragt werden.

Von Stefan Galler, Landkreis München

Die Finanzverwaltung des Landkreises München hat angesichts eines mehr als 50 Millionen Euro großen Lochs im Haushalt gehörig den Rotstift angesetzt: Nachdem sämtliche Ausgabeposten im Haushaltsentwurf für 2024 in den vergangenen zwei Wochen einer umfangreichen Revision unterzogen wurden, konnte der bisherige Kämmerer Markus Kasper, der nunmehr Büroleiter von Landrat Christoph Göbel (CSU) ist, am Montag im Finanzausschuss des Kreistags für das mutmaßlich letzte von ihm verantwortete Jahresbudget zumindest vorsichtig Entwarnung geben: "Wir haben intern in der Verwaltung mehrere Runden gedreht und im großen Stil Einsparpotenzial gesucht. Letztlich konnten wir das vorhandene Defizit deutlich reduzieren", sagte Kasper. Das zuletzt errechnete Defizit in Höhe von 51,5 Millionen Euro sei auf 19,7 Millionen reduziert worden - mithin wurden 31,8 Millionen Euro "aus dem Zahlenwerk" entnommen, wie es Kasper ausdrückte.

Die vor zwei Wochen genannten 52,3 Millionen hatten sich schon ein wenig reduziert, weil die vorläufige Umlagekraft des Landkreises, welche dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit kennzeichnet, auf 1,46 Milliarden Euro gestiegen ist. Damit waren für Kasper und die Verwaltung 51,5 Millionen Euro Defizit die zugrundeliegende Größe. Daraufhin wurde ordentlich gestrichen: Alleine beim Bauunterhalt von Schulen und anderen Immobilien wurden die Ausgaben um 9,3 Millionen gesenkt, davon entfallen 2,4 Millionen auf Betriebskostenzuschüsse für den Unterhalt weiterführender Schulen, die man ins Jahr 2025 verschiebt.

Zufrieden mit der Arbeit der Kreisverwaltung: der SPD-Kreisrat und Garchinger Bürgermeister Dietmar Gruchmann. (Foto: Claus Schunk)

Einen Kniff plant man beim Personal anzuwenden: Vakante Stellen werden sechs Monate lang nur intern ausgeschrieben, dadurch könnten zwei Millionen Euro eingespart werden. In der Mobilitätsplanung könnte der Kreis 900 000 Euro weniger ausgeben, rechnete Kasper vor, davon 200 000 Euro bei einem Gutachten, das eine neue Isarquerung für Radfahrer und Fußgänger zwischen Pullach und Grünwald betrifft. Ein Vorschlag, den Pullachs Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne) so nicht stehen lassen wollte. Sie forderte, dass der Posten wieder eingestellt werde, damit die Zukunft des Projekts gesichert sei.

Auch in weiteren Bereichen wurden die Ausgaben massiv angepasst, so beim öffentlichen Nahverkehr, wo der Kreis mit insgesamt 7,5 Millionen Euro weniger auskommen will; zwei Millionen davon entfallen auf den Ausgleich von Mindererlösen durch Bund und Land, die dem Landkreis durch das Deutschland-Ticket entstehen. Im Bereich Klimaschutz sollen 580 000 Euro eingespart werden, zur Disposition stehen auch jene 700 000 Euro, die der Kreis für den Ausgleich der selbst zu verantwortenden Treibhausgase bezahlen will. Bei den Ausgaben im Bereich Ausländerrecht und Integration seien 3,2 Millionen Euro schon deshalb abziehbar, weil hier ebenfalls Entlastung in Form einer "Integrationspauschale" vom Bund kommt. Weitere 2,7 Millionen wären durch die Erstattung der Flüchtlingsberatungen aus Fonds des Bundes und der EU möglich. Landrat Göbel kann jedoch nicht sagen, wann diese Gelder fließen.

Fordert weitere Einsparungen: der Ottobrunner Bürgermeister und CSU-Kreisrat Thomas Loderer. (Foto: Claus Schunk)

Letztendlich könnte mit dem vorliegenden Ergebnis eine Erhöhung der Kreisumlage erheblich zurückgefahren werden: Vor zwei Wochen war kalkuliert worden, dass die Abgabe der 29 Städte und Gemeinden an den Landkreis von 48 auf 49,9 Prozentpunkte steigen müsste, um den Haushalt auszugleichen. Mit den neuen Zahlen läge sie nur noch bei 49,35 Prozentpunkten. Für Otto Bußjäger (Freie Wähler) immer noch zu hoch. Der Landrat machte den Kreisräten Hoffnung, dass noch mehr Potenzial zu finden sein könnte; es sei nun an den Fraktionen, bis zur nächsten Sitzung in einer Woche politische Entscheidungen der vergangenen Monate zu hinterfragen.

Während Garchings Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) seitens der SPD-Fraktion Landrat und Verwaltung für ihren Sparwillen lobte und anregte, "auch größere Brocken" anzugehen, etwa auch über Busantriebe zu diskutieren ("Sollen wir auf E-Busse verzichten?"), ging der CSU-Kreisrat und Ottobrunner Rathauschef Thomas Loderer einen Schritt weiter und forderte wegen der Finanzsituation gar einen "Politikwechsel". Die Kürzungsvorschläge unterstütze er alle, "sie reichen mir aber noch nicht", sagte Loderer. So sei der Ausgleich der Treibhausgase "eine nette Sache", aber vor dem Hintergrund wichtiger Infrastrukturmaßnahmen nicht zu rechtfertigen. Die aufgeführten Anpassungen zum Klimaschutz könne man "ohne mit der Wimper zu zucken streichen". Das Thema sei zwar wichtig, aber diese Maßnahmen seien "schaufensterartig" und würden "keine produktiven Ergebnisse" bringen.

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