Wirtschaft:Nestwärme für Start-ups

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Energiewende: Pöcking plant die Aufstellung von zwei Freiflächenfotovoltaik-Anlagen. (Foto: Marijan Murat/dpa)

Trotz Kritik aus der SPD bringt der Landkreis auf Initiative der CSU ein fünftes Gründerzentrum auf den Weg.

Von Stefan Galler, Landkreis München

Dass der Landkreis München auch weiterhin ein zukunftsorientierter Wirtschaftsstandort bleiben soll, darüber sind sich die Politiker in den Kreisgremien einig. Das gilt nicht immer für den Weg, der zu diesem Ziel führen soll. Im Kreisausschuss wurde am Montag etwa leidenschaftlich darüber diskutiert, ob es sinnvoll ist, wenn der Landkreis ein weiteres Gründerzentrum ins Leben ruft, und zwar eines, das sich auf erneuerbare Energien und alternative Antriebstechnologie konzentrieren sollte, wie es in einem vom Kirchheimer Bürgermeister und CSU-Landtagskandidaten Maximilian Böltl eingebrachten Antrag heißt. Letztendlich entschied sich die Mehrheit der Kreisräte dazu, dem Antrag zuzustimmen. Nun soll eine eigens zu gründende Projektgruppe ein Konzept ausarbeiten, der Landkreis stellt für diesen ersten Schritt 25 000 Euro zur Verfügung.

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"Jede Krise kann Kreativität hervorbringen", sagte Böltl in der Sitzung und bezeichnete eine Projektgruppe als "richtigen Ansatz", um dieses fünfte Zentrum an den Start zu bringen, insbesondere weil sich die Unternehmer-TUM GmbH beteiligen wolle, ein 2002 von der Unternehmerin Susanne Klatten gegründetes Institut in Garching, das jährlich mehr als 50 Technologie-Start-ups hervorbringt.

Von der Unternehmer-TUM ist auch Florian Schardt überzeugt. Der SPD-Kreisvorsitzende hat selbst einschlägige Erfahrung mit Unternehmensgründungen, er hat bereits zwei Firmen ins Leben gerufen, die Azubiyo GmbH, die Jugendliche und Ausbildungsbetriebe zusammenbringt, sowie - wenn auch nur als einer von mehreren Gesellschaftern - die Farminsect GmbH, bei der es darum geht, CO₂-Emissionen in der Landwirtschaft durch den Einsatz von Insektenlarven als Futtermittel zu senken. Für Schardt ist die Initiative der CSU allerdings ein Wahlkampfmanöver und nicht die richtige Vorgehensweise für die Installation eines Gründerzentrums.

"Bitte nicht wieder einen Arbeitskreis gründen!"

"Erst muss die Idee da sein und dann kann die Politik eingreifen, eine Verwaltung ist nicht die richtige Keimzelle. Gute Gründerzentren entstehen nicht in der Verwaltung", sagte der SPD-Politiker, der bei der Landtagswahl 2023 im Stimmkreis München-Land-Nord unter anderem gegen Böltl antreten wird. Und schloss bezüglich der zu bildenden Projektgruppe gleich noch eine fundamentale Kritik an der Kreispolitik an: "Bitte nicht wieder einen Arbeitskreis gründen! Das stört mich seit zwei Jahren, wir sind ein Landkreis, kein Arbeitskreis." Bereits im Sommer hatte der Ottobrunner Sozialdemokrat im Gespräch mit der SZ die Vermutung geäußert, dass womöglich bereits Gespräche darüber laufen, ein solches Gründerzentrum am Hochschulcampus in Taufkirchen zu etablieren.

Leicht skeptisch bewertete auch Grünen-Fraktionsvorsitzender Christoph Nadler die CSU-Initiative. Er stellte die Frage in den Raum, ob es eine solche überhaupt benötige, schließlich seien neue Geschäftsfelder zwar typisch für Gründerzentren, dies gelte jedoch nicht für die erneuerbaren Energien. "Das mag bei der Photovoltaik vor 20 Jahren noch so gewesen sein, aber heute können sich Unternehmen auf diesem Gebiet doch vor Aufträgen kaum mehr retten." Einen Anschub durch Politik und Verwaltung würden diese Firmen kaum benötigen, oftmals seien sie schon froh, wenn sie "der Staat nicht behindert". Böltl widersprach den Skeptikern: "Der Landkreis muss selbstbewusster sein, nicht nur verwalten, sondern auch gestalten. Es gibt neue Formen der erneuerbaren Energien - und die Impulse müssen wir als Politik setzen."

Einig waren sich alle Kreisräte darin, dass erfolgreiche Start-ups nach Möglichkeit im Landkreis gehalten werden müssten. "Wir können vielleicht nicht verhindern, dass Gründer in die USA abwandern, aber zumindest, dass sie nach Hallbergmoos oder Gilching gehen", sagte Böltl. Landrat Christoph Göbel (CSU) sprach von einer Art "Nestwärme", die man den Unternehmen geben könne, etwa durch eine Clusterbildung wie im Medienpark in Unterföhring, "damit sie bleiben und wir ihre Steuern hier halten".

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