Europawahl:Der undankbare neunte Listenplatz

Lesezeit: 2 min

Am 9. Juni findet die Wahl zum Europäischen Parlament statt - der Landkreis München wird wohl auch künftig nicht mit einem Abgeordneten dort vertreten sein. (Foto: Claus Schunk)

Einzig die CSU tritt bei der Europawahl mit zwei Kandidaten aus dem Landkreis München an, auf den Listen aller anderer Parteien findet sich kein örtlicher Bewerber. Chancen auf eine Wahl ins Parlament hat allerdings nicht einmal Nicola Gehringer als Bestplatzierte.

Von Martin Mühlfenzl, Neubiberg

Etwa 80 000 der 360 000 Einwohner im Landkreis München haben keinen deutschen Pass - viele von ihnen kommen aus EU-Staaten wie Kroatien, Rumänien, Italien und Österreich. Sie alle dürfen genauso wie alle Deutschen am 9. Juni wählen, doch einen Abgeordneten im Europäischen Parlament, der dort besonders die Interessen der Menschen aus dem Münchner Umland vertreten könnte, werden sie aller Voraussicht auch in Zukunft nicht haben.

Von den großen im Europäischen Parlament vertretenen Parteien hat nur die CSU zwei Kandidaten aus dem Landkreis München für die Europawahl nominiert - und nur eine Bewerberin hat überhaupt eine theoretische Chance, ins Parlament einzuziehen: Die Neubiberger Gemeinderätin und stellvertretende CSU-Kreisvorsitzende Nicola Gehringer wurde bei der Landesdelegiertenkonferenz von ihren Parteifreunden immerhin auf Platz neun der Kandidatenliste gesetzt.

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Bei der Europawahl vor fünf Jahren kam die CSU in Bayern auf 40,7 Prozent der Stimmen - das reichte, um sechs Abgeordnete nach Brüssel und Straßburg zu entsenden. Damit ist klar, dass die 34-Jährige auf ein deutlich besseres Ergebnis ihrer Partei bei der Wahl im Juni hoffen muss, um überhaupt eine Restchance auf den Einzug ins Europäische Parlament zu haben. In den jüngsten Umfragen lag die CSU stabil bei 43 Prozent. Dieser Wert aber dürfte kaum reichen, damit die CSU neun der insgesamt 96 Abgeordneten aus ganz Deutschland stellen könnte.

Die Neubiberger CSU-Gemeinderätin Nicola Gehringer kandidiert auf der Liste ihrer Partei bei der Europawahl - auf eher aussichtslosem Platz. (Foto: Claus Schunk)

Neben Gehringer kandidiert ein weiterer Neubiberger auf der CSU-Liste: der 27-jährige Berufsoffizier Lukas Jochum. Jochum sitzt ebenfalls für die CSU im örtlichen Gemeinderat und wurde von den Delegierten auf den chancenlosen Platz 41 der Landesliste gesetzt. Selbst wenn die CSU, die nur in Bayern antritt, hundert Prozent im Freistaat bekäme, würde es für ihn nicht reichen.

Gehringer lässt sich - diesen Eindruck vermittelt sie - von den geringen Wahlchancen nicht entmutigen. Sie wolle sich mit ihrer Kandidatur für eine "starke Europäische Union" einsetzen, "die aktiv die Verteidigung unserer Werte übernimmt", sagt die Neubibergerin. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und der Angriff der Hamas auf Israel hätten ihren eigenen Blick verändert. "Beide Male sind Freunde von mir, die bis dahin ein Leben wie du und ich geführt haben, in den Krieg gezogen, um für ihre Freiheit zu kämpfen."

Auf den Listen der anderen Parteien sucht man vergeblich nach Kandidaten aus dem Landkreis München - auch bei der SPD, die vor fünf Jahren bei der Europawahl noch den Planegger Korbinian Rüger ins Rennen geschickt hatte, der mittlerweile Kreisvorsitzender seiner Partei ist. Als relativ unbeschriebenes Blatt in der Politik kam er seinerzeit ebenfalls auf keinen vorderen Listenplatz. Ohnehin schafften es aus Bayern, auch aufgrund des schwachen Abschneidens der SPD, nur zwei Abgeordnete ins EU-Parlament: die Rosenheimerin Maria Noichl und als Nachrücker später der Regensburger Thomas Rudner.

Einige Kreisverbände unterstützen gezielt Kandidaten aus anderen Gegenden

Mangels eigener Kandidaten wollen Liberale und Freie Wähler aus dem Landkreis München andere Bewerber unterstützen: Die FDP-Kreisvorsitzende Monika Bick verweist auf den Münchner Phil Hackemann, der auf Platz sieben der Bundesliste steht; diesen unterstütze die Kreis-FDP "mit allen Kräften". Die Freien Wähler München-Land machen laut ihrem Kreisvorsitzenden Otto Bußjäger engagiert Wahlkampf für die Spitzenkandidatin Christine Singer aus dem Landkreis Garmisch-Partenkirchen.

Das Beispiel CSU zeigt, wie schwer es selbst für starke Kreisverbände ist, eigene Kandidaten bei der Europawahl auf der Liste der Partei oben zu platzieren: Von den derzeit sechs im EU-Parlament vertretenen Christsozialen aus Bayern treten gleich fünf wieder an, unter ihnen Manfred Weber, der Partei- und Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei, und Angelika Niebler aus Vaterstetten. Weber führt erneut die CSU-Liste für die Europawahl an, Niebler steht dahinter auf Platz zwei. So blieb für Nicola Gehringer der einerseits respektable, andererseits auch undankbare Listenplatz neun, der nur ein äußerst kleines Fünkchen Hoffnung auf die Sensation zulässt.

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