Die Lehrerverbände schlagen längst Alarm: Die Arbeitsbelastung für Schulleiterinnen und Schulleiter an Grund- und Mittelschulen ist durch die Corona-Pandemie so deutlich angestiegen, dass manche mit ihren Kräften am Ende sind und sogar psychologische Unterstützung in Anspruch nehmen müssen. Auch Torsten Bergmühl, Rektor an der Erich-Kästner-Grund- und Mittelschule in Höhenkirchen-Siegertsbrunn, leidet darunter, so viel Zeit für administrative Aufgaben wie dem Verfassen von Elternbriefen, der Organisation von Tests, Kontaktnachverfolgung und der Umsetzung von Quarantänemaßnahmen verbringen zu müssen. Er hat eine Online-Petition bei www.change.org unter dem Motto "Schulleitungen in Not" gestartet, um möglichst viele Unterstützer zu finden, die bestätigen, dass die Probleme von den meisten Schulleitern als Belastung empfunden werden.
Zunächst begann Bergmühl, die Schulen im Landkreis München über seine Kampagne zu informieren, mittlerweile teilte er den Link bereits mit der Hälfte der Verantwortlichen an den mehr als 3300 bayerischen Grund- und Mittelschulen. Und die Resonanz ist groß: Es haben bereits 1669 Personen (Stand: Dienstagnachmittag) ihre Unterstützung bekundet. Die Idee sei kurz vor Weihnachten während einer Schulleitertagung in der IHK-Akademie in Feldkirchen-Westerham entstanden, sagt Bergmühl. Und sie werde auch von der Staatlichen Schulaufsicht unterstützt. Gleichwohl sieht sich Bergmühl weiter als Einzelkämpfer.
Vom Kultusministerium sei bisher gar nichts auf seinen Brief gekommen
"Meine Initiative richtet sich natürlich vor allem an Schulleiter, aber es ist völlig legitim, wenn auch andere Nutzer teilnehmen", so der Rektor. Er sieht die Online-Petition vor allem als Debattenbeitrag zu den Bemühungen der Lehrerverbände. Auch könne das digitale Format eine Ergänzung zu den bisherigen Kanälen sein, in denen sich das Thema verbreitet. Überhaupt müsse man auf breiter Front auf die aktuelle Überforderung der Schulleiter hinweisen, schließlich fühlten sich auch zahlreiche Eltern angesprochen, die sich Sorgen machen um die optimale Förderung ihrer Kinder.
Seine Forderungen, direkt adressiert an den Bayerischen Landtag, die Staatsregierung und Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler), umreißt Bergmühl in sieben Punkten: Nötig sei eine zeitliche Entlastung der Rektoren und Konrektoren an Grund- und Mittelschulen durch eine deutlich verringerte Unterrichtsverpflichtung, ein transparentes Arbeitszeitmanagement und eine gerechte Bezahlung im Vergleich zu Schulleitungen an Förderschulen und Realschulen. Außerdem verlangt der 57-jährige Pädagoge deutlich mehr Einsatzstunden für Verwaltungsangestellte an den Schulen sowie mehr autonomen und flexiblen Handlungsspielraum für die einzelnen Schulen. Schließlich müsse auch die Kommunikation mit den vorgesetzten Behörden schneller und klarer werden. Bislang gelte: Das Ministerium macht die Vorgaben, den Schulleitern bleibt nur, diese umzusetzen. Weil man sich im Corona-Alltag oftmals auf dünnem Eis bewege, wünsche er sich auch eine verlässliche und kompetente juristische Unterstützung auf Schulamtsebene.
Die Reaktionen aus der Politik lassen bislang zu wünschen übrig, denn der Pädagoge hat auch das Kultusministerium und - bis auf jene der AfD - sämtliche Mitglieder des Bildungsausschusses im Landtag direkt angeschrieben und von seiner Petition informiert. "Einzig die Grüne Gabriele Triebel hat sich gemeldet und ihre Unterstützung versichert", sagt er. "Vom Kultusministerium kam bisher gar nichts."
Dabei sei die Lage analog zu den Infektionszahlen so schlimm wie noch nie im Laufe der Pandemie: Ein halbes Dutzend Lehrkräfte sei allein an der Erich-Kästner-Schule in Quarantäne. "Noch kriegen wir Präsenzunterricht in allen Klassen hin, aber ich muss bereits den Rotstift ansetzen, etwa beim Nachmittags- oder Sportunterricht", so der Rektor.