Kindererziehung:"Ich mache gerne mal etwas falsch"

Lesezeit: 2 Min.

Knigge-Lehrerin Sophie Schönhofer bringt Kindern gutes Benehmen bei. Davon haben nicht nur die Eltern was.

Interview von Claudia Wessel, Haar

Seit 20 Jahren leitet Gesundheitspädagogin Sophie Schönhofer den Kurs "Knigge für Kids für Alltag und Schule" bei der VHS Haar, der jeweils an einem Samstag von 10 bis 17 Uhr stattfindet. Mitmachen können Kinder von acht bis zwölf Jahren.

SZ: Brauchen Kinder Benimmkurse? Man denkt doch, es ist gerade ihr gutes Recht, sich auch mal daneben zu benehmen.

Sophie Schönhofer: Kinder tun sich leichter, wenn sie wissen, was sich gehört und was nicht. Sie fühlen sich wohler und werden selbstbewusster. Ich sage immer, sie sollen nicht erzählen, dass sie einen Kurs gemacht haben, sondern einfach Vorbild sein. Eine Mutter hat mir mal berichtet, dass sie mit einer anderen Familie in Urlaub waren. Die Erwachsenen dieser Mitreisenden waren erstaunt, wie gut sich die Kinder benahmen.

Sophie Schönhofer ist Gesundheitspädagogin und Knigge-Lehrerin für Kinder an der VHS Haar. (Foto: privat)

Was genau lernen die Teilnehmer?

Das beginnt bei den richtigen Begrüßungsformeln, beim Handgeben - zu Corona-Zeiten machen wir das mit Handschuhen und Desinfektionsmittel - geht über das rücksichtsvolle Verhalten etwa beim Urlaub in einem Hotel bis zur richtigen Menge, die man sich am Büfett auf den Teller lädt, und dem würdevollen Verhalten als Verlierer eines Spiels. Der Kurs beginnt auch schon damit, dass die Kinder zusammen Uno spielen, um sich kennenzulernen. Ich halte generell keine langen Vorträge, sondern wir machen so viel Praxis wie möglich. Dabei mache ich auch gerne mal etwas falsch.

Warum das?

Es geht darum, dass die Kinder ein Gespür dafür bekommen, was angenehmes Verhalten ist und was nicht. Ich gebe ihnen dann etwa zur Begrüßung die linke Hand oder ich schaue ihnen dabei nicht in die Augen. Die meisten merken dann sofort, dass da etwas nicht sympathisch ist. Wir machen auch viele Rollenspiele. Zum Ende des Tages etwa ist jemand der Gastgeber und die anderen die Gäste. Leider können wir im Moment aufgrund von Corona-Vorschriften noch nicht die Eltern dazu einladen wie früher.

Auch gutes Benehmen in der Schule steht auf dem Programm.

Während der Corona-Zeit geht es natürlich darum, Abstand zu halten und die Wege so zu gehen, wie vorgezeichnet. Aber auch darum, Rücksicht zu nehmen, den Nachfolgern die Tür offen zu halten und höflich zu fragen, bevor man etwas von ihren Schulsachen benutzt.

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Hat sich in den 20 Jahren, in denen Sie den Kurs leiten, etwas verändert?

Ich habe das Gefühl, die Sehnsucht nach gutem Benehmen ist gewachsen. Natürlich kommen in den Kurs meist Kinder, die von ihren Eltern vorbereitet wurden. Nur einmal war ein Mädchen da, das gar nicht wollte. Sie durfte sich an die Tür stellen und zuschauen. Nach einer Viertelstunde hat sie entschieden, doch mitzumachen.

Der Kurs soll aber nicht als Strafe für schlechtes Benehmen verordnet werden?

Auf gar keinen Fall! Eine Bekannte hat mal immerzu ihrem Kind damit "gedroht": Wenn du dich nicht benimmst, musst du den Kurs mitmachen. Das ist ganz falsch! Der Kurs ist keine Strafe, sondern eine Belohnung, ganz im Sinne von Knigge, der die Achtung vor den Mitmenschen als Motivation für gutes Benehmen sieht.

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