Bürgermeisterwahl in Kirchheim:Der eine verspricht Kontinuität, der andere will Korrekturen

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Mehr als 100 Interessierte sind zu der Podiumsdiskussion mit den beiden Bürgermeisterkandidaten Stephan Keck (SPD) und Christian Zenner (Grüne) ins Kirchheimer Juz gekommen. (Foto: Claus Schunk)

Die Podiumsdiskussion von Juz und SZ zeigt zwei Kandidaten, die sich zwar oft nah sind, in etlichen Punkten aber doch Vorstellungen haben. Vor allem beim Thema Landesgartenschau sind sich Stephan Keck und Christian Zenner nicht grün.

Von Martin Mühlfenzl und Sabine Wejsada, Kirchheim

Es ist das einzige direkte Aufeinandertreffen in diesem kurzen Kirchheimer Wahlkampf und die beiden Kandidaten sind darauf gut vorbereitet. Stephan Keck (SPD) und Christian Zenner (Grüne), die bei der Bürgermeisterwahl am 25. Februar gegeneinander antreten, schenken sich nichts bei der vom örtlichen Jugendzentrum organisierten Podiumsdiskussion, die von den SZ-Journalisten Anna-Maria Salmen und Lars Brunckhorst moderiert wird. Der Umgang der Bewerber am Donnerstagabend im Juz bleibt dennoch respektvoll und verbindlich. Man kennt sich, nicht nur aus dem Gemeinderat, sondern auch persönlich - und man schätzt sich, ist in vielen Fragen auch einer Meinung.

Bei dem zentralen Zukunftsprojekt für die Gemeinde aber gehen die Meinungen der beiden Kontrahenten deutlich auseinander: der Landesgartenschau, die in diesem Jahr in Kirchheim stattfinden wird und die gewissermaßen das Aushängeschild des Ortsentwicklungsplans "Kirchheim 2030" ist, welches der Gemeinde eine neue Ortsmitte sowie ein Bevölkerungswachstum von etwa 3500 Menschen bescheren wird. Für Zenner ist die Landesgartenschau eine "reine Sprungbrettveranstaltung" des ehemaligen Bürgermeisters Maximilian Böltl (CSU), damit er in den Landtag gewählt wurde - weswegen eben in Kirchheim eine Neuwahl nötig geworden ist. Keck hingegen sieht in der Gartenschau eine "Riesenchance" für Kirchheim - ein Versprechen für eine prosperierende Zukunft.

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Mehr als hundert Besucher jeden Alters sind ins Juz gekommen und noch einmal 130 Interessierte verfolgen den gut dreistündigen Schlagabtausch im Livestream. Sie alle wollen hören, wem sie in zwei Wochen ihre Stimme geben können und wer welche Ideen für die Gemeinde hat: Keck, der Wunschkandidat seines Vorgängers Böltl ist, oder Zenner, der auch von der Vereinigten freien Wählerschaft (VFW) Kirchheim-Heimstetten unterstützt wird- einer Gruppierung, die mit Altbürgermeister Heinz Hilger 24 Jahre lang die Geschicke der Gemeinde Kirchheim bestimmt hat.

Stephan Keck führt seit der Landtagswahl im vergangenen Oktober die Amtsgeschäfte im Kirchheimer Rathaus. (Foto: Claus Schunk)

Hilger und seine Mitstreiter wollten sich nicht damit abfinden, dass auf dem Stimmzettel mit Keck nur ein Kandidat steht. Der 59-jährige Sozialdemokrat blickt auf eine lange kommunalpolitische Erfahrung zurück und versuchte bereits zweimal vergeblich gegen CSU-Mann Böltl das Bürgermeisteramt in Kirchheim zu gewinnen. Aus den anfänglichen Kontrahenten wurden Partner, die gemeinsam die Weichen für die Entwicklung der Gemeinde stellten und den Zuschlag für die Landesgartenschau holten. Seit Böltls Wahl im Oktober in den Landtag führt Keck als Zweiter Bürgermeister die Geschäfte im Rathaus.

Dabei geht es Keck, das wird am Donnerstagabend deutlich, nicht einfach um ein "Weiter so", auch wenn er die seiner Ansicht nach erfolgreiche Politik der vergangenen Jahre fortsetzen wolle. Angesichts dieser Aussagen muss er sich aus dem Publikum Vorwürfe von Geldverschwendung und Größenwahn anhören. Sein Motto: "Planen, bauen, verdauen." Gerade Letzteres stelle eine Herausforderung für die Zukunft dar. Die Gemeinde müsse die Folgen bewältigen, die sich mit dem in einem Bürgerentscheid angenommenen Projekt Kirchheim 2030 und dem Bevölkerungswachstum um 3500 Menschen auftäten. Dass die Gemeinde Millionen in ein neues Gymnasium und Rathaus investiert und dafür hohe Schulden in Kauf nimmt, ist für den SPD-Politiker ein Tribut an die Zukunft.

Christian Zenner ist Bürgermeisterkandidat von Grünen und Vereinigter freier Wählergemeinschaft. (Foto: Claus Schunk)

Christian Zenner, 36, sitzt seit 2020 im Gemeinderat. Er will nach eigenen Worten "frischen Wind" in die Kommune bringen und einen "neuen Blick" auf Vorhaben werfen. Keck gesteht er eine große Erfahrung zu, hält dessen Denkweisen allerdings für "festgefahren". In vielen Dingen lägen er und sein Kontrahent allerdings nahe beieinander. Gefragt, wie er selbst nach zwei Jahren im Amt seinen eigenen Erfolg bemessen würde, sagt Zenner: Erfolgreich wäre er als Bürgermeister, wenn Anträge in der Verwaltung schneller bearbeitet würden, die Wirtschaft vor Ort gestärkt werden könnte und die Bürger stärker einbezogen würden.

Die Debatte im Jugendzentrum verfolgen auch viele Erstwähler und Jugendliche. (Foto: Claus Schunk)

Für einen Erstwähler, ein Schüler des Kirchheimer Gymnasiums, wäre es indes ein Erfolg gewesen, wenn auch die Schülerinnen und Schüler, die bereits 18 oder älter sind, kostenlose Tickets für die Landesgartenschau bekommen hätten. Dann, so der Jugendliche, könnten sie das Gelände auch auf dem Schulweg durchqueren. Laut Keck, der Aufsichtsratsvorsitzender der Landesgartenschau ist, musste der Veranstalter eine Altersgrenze ziehen, auch sei Jugendlichen ab 18 Jahren ein Umweg von 500 Metern zumutbar. Die Pressestelle der Landesgartenschau sieht sich anderntags zu folgender Klarstellung veranlasst: "Richtig ist: Alle Schüler dürfen das Gelände morgens durchqueren, um zur Schule zu kommen, egal, wie alt sie sind."

Darauf angesprochen, ob seine Tätigkeit beim Landschaftsbau-Unternehmen May, das Aufträge für die Landesgartenschau ausführt, zu einem Interessenkonflikt führen könnte, verweist Keck auf eine rechtliche Prüfung vor seiner Berufung in den Aufsichtsrat. Wenn jemand Zweifel habe, solle er Anzeige erstatten. "Dazu fordere ich ausdrücklich auf", so Keck. "Das habe ich nicht nötig, das hat auch meine Firma nicht nötig." Unverständnis ruft bei einer Kirchheimerin der Umstand hervor, dass für die Zeit der Landesgartenschau neben dem Pausenhof eine Cocktailbar entstehen soll, was Zenner zu dem Vorschlag veranlasst, dort nur alkoholfreie Getränke auszuschenken - falls die Bar nicht verhindert werden kann.

Es sind aber auch die klassischen kommunalpolitischen Themen wie Wohnungsbau und fehlender bezahlbarer Wohnraum, öffentlicher Personennahverkehr, die Finanzen und die Kinderbetreuung, die von den Moderatoren und dem Publikum angesprochen werden - und bei denen die beiden Kontrahenten oft inhaltliche Nähe betonen. Etwa beim Bau des neuen Gymnasiums, dessen Kosten von zunächst etwa 60 Millionen auf mehr als 100 Millionen Euro angewachsen sind. Zenner findet zwar, der Gemeinderat hätte besser bei den anfänglichen Plänen einer Sanierung bleiben sollen. "Aber jetzt müssen wir es einfach fertig bekommen." Keck verweist auf die steigenden Baukosten und Sondereffekte wie die Corona-Pandemie und den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Er sagt aber auch, entscheidend sei, dass die Gemeinde nun die "beste schulische Infrastruktur" für ihre Kinder und Jugendlichen bekomme - im Herzen der neuen Ortsmitte.

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