Finanzverwaltung:Zahlenexperten dringend gesucht

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Mehrere Kommunen im Landkreis München tun sich schwer, Chefinnen oder Chefs für ihre Finanzabteilungen zu finden. (Foto: Daniel Reinhardt/picture alliance/dpa)

Mehrere Kommunen im Landkreis München wie Baierbrunn oder Unterföhring buhlen derzeit um neue Leitungskräfte für ihre Finanzabteilung. Doch Kämmerer zu finden, ist gar nicht so einfach.

Von Irmengard Gnau, Baierbrunn

Baierbrunn präsentiert sich in seinem besten Licht: Schuldenfrei ist die Gemeinde, sie zählt von der Steuerkraft her zu den "Top-Gemeinden" in Bayern - und geradezu malerisch gelegen ist sie auch noch, im südlichen Landkreis München. Mit diesen Pfunden wuchert die Kommune in einer aktuellen Stellenausschreibung, in der sie eine neue Leitung für ihre Finanzabteilung sucht. Interessenten umwirbt die Kommune mit zahlreichen Zulagen und Zuschüssen, außerdem gibt es einen "modernen ergonomischen Einzelarbeitsplatz", zusätzliche Altersvorsorge, Home-Office und Gleitzeit sind natürlich möglich.

Mit ihrer Suche ist die Kommune in guter Gesellschaft. Ein Blick in den Stellenmarkt der Bayerischen Staatszeitung zeigt, dass öffentliche Verwaltungen im ganzen Land gerade unter Hochdruck Fachleute umwerben. Gerade bei leitenden Finanzexperten, also Kämmerinnen oder Kämmerern, gestaltet sich die Suche offenbar schwierig. Im Landkreis München bemühen sich Baierbrunn, Aschheim und Unterföhring gerade, ihre Leitungspositionen nachzubesetzen. "Es ist allgemein zurzeit schwierig, im öffentlichen Dienst Fachleute zu finden", sagt Matteo Rudolph, Geschäftsleiter von Baierbrunn. "Im Bereich Finanzen drängt sich der Eindruck auf, dass es noch schwieriger ist." Zahlen sind eben eine spezielle Materie, die nicht jedem gleichermaßen liegt. Rudolph verwehrt sich aber gegen den Eindruck, eine Kämmerin oder ein Kämmerer betreibe nur dröge Zahlenschieberei. "Das Finanzressort ist ein spannendes Querschnittsressort, dessen Leitung viel strategisches Denken erfordert", sagt er. Nachdem die bisherige Kämmerin Baierbrunn verlässt, will die Gemeinde für diesen verantwortungsvollen Posten eine Nachfolge finden, die alle Anforderungen erfüllt, fachlich wie auch menschlich und in Sachen Personalführung.

Eine Schwierigkeit ist freilich, dass die Kommunen bei der Gehaltsgestaltung - anders als Unternehmen aus der Privatwirtschaft - an die Tarifvorgaben des öffentlichen Dienstes gebunden sind. Sie können zwar Zulagen anbieten, aber auch das nur in einem begrenzten Rahmen. Um Fachleute mit längerer Verwaltungserfahrung stehen die Kommunen auch untereinander in Konkurrenz, wie an einer Rochade aus den vergangenen Monaten deutlich wird: Nachdem der langjährige Kämmerer von Grünwald, Raimund Bader, 2022 in Rente ging, verließ Fabian Leininger das Neubiberger Rathaus und folgte Bader im Sommer 2022 nach. Kämmerer in Neubiberg wurde Roland Zürnstein aus Neuried, die Leitung der Neurieder Finanzabteilung übernahm der bisherige Unterföhringer Kämmerer Robert Beckerbauer.

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Die Gemeinde Unterhaching kann sich glücklich schätzen - sie konnte jüngst einen neuen Kämmerer vorstellen, nachdem der bisherige Anfang des Jahres das Rathaus verlassen hatte. Mit Thomas Dannebaum führt nun ein Mann aus den eigenen Reihen die Finanzabteilung. "Wir sind stolz, dass wir diese Lücke so rasch nachbesetzen konnten", sagt Rathaussprecher Simon Hötzl. "Jetzt kommt uns zupass, dass wir seit Jahren selbst ausbilden und unseren Nachwuchs auch dahingehend fördern, Leitungspositionen zu übernehmen." In Summe spüre man aber auch in Unterhaching, dass der Fachkräftemangel bei den Verwaltungen ankomme, sagt Hötzl.

"Die Aufgaben explodieren"

Wie aber können sich Verwaltungen angesichts dessen attraktiver machen? Andreas Haßelbacher leitet seit 25 Jahren die Kämmerei in Brunnthal im östlichen Landkreis München. Nach der Verwaltungsausbildung bei der Landeshauptstadt München arbeitet er beim Zweckverband Südost, bevor er 1998 ins Brunnthaler Rathaus kam. "Für mich war das damals, mit 26, ein echter Karrieresprung", sagt er rückblickend. Seinen Beruf hat Haßelbacher nie bereut. Kämmerer sei ein anspruchsvoller Job, "man muss strategisch denken". Allerdings sei es "nicht immer einfach, die Wünsche der Politik zu erfüllen", sagt er mit einem Augenzwinkern. In den vergangenen 25 Jahren hat Haßelbacher große Veränderungen miterlebt. "Die Aufgaben für die Finanzverwaltungen der Kommunen explodieren", sagt er. Seien es die neuen Regeln zur Umsatzsteuer, die zunehmenden Zuständigkeiten im Bereich der Kinderbetreuung oder die Gründung kommunaler Unternehmen, zum Beispiel für Windkraft - "früher war das alles ja gar kein Thema", sagt Haßelbacher.

Das hat freilich auch zur Folge, dass die Kommunen immer mehr Fachpersonal für ihre Finanzabteilungen brauchen. Wie aber lassen sich diese für die Rathäuser überzeugen? Der Tarifabschluss kürzlich sei ein wichtiger Schritt im Hinblick auf die Gehälter gewesen, sagt Haßelbacher. Daneben müsse eine Gemeinde irgendwie herausstechen, um als attraktive Arbeitgeberin wahrgenommen zu werden. "Man könnte zum Beispiel die Optionen für eine Vier-Tage-Woche für Verwaltungsmitarbeiter stärker ausloten", regt der Kämmerer an. Auch Wohnungen für Gemeindebedienstete, wie sie etwa die Gemeinde Aschheim einer neuen Finanzleitung in Aussicht stellt, sind in der Region München ein gewichtiges Argument. Nicht zuletzt aber, sagt Geschäftsleiter Rudolph aus Baierbrunn, versuchen die Kommunen mit einem guten Arbeitsklima im Rathaus zu punkten.

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