Ismaning:Ein Ort für viele Arten von Kunst

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Die Galerie im Schlosspavillon hat in den Achtzigerjahren die Kunst nach Ismaning gebracht. (Foto: Claus Schunk)

Die Galerie im Schlosspavillon hat seit 1982 mehr als 200 Ausstellungen erlebt. Die Jubiläumsschau ist ein Streifzug durch vier Jahrzehnte.

Von Franziska Gerlach, Ismaning

Joachim Jung hat einigen Aufwand betrieben für das Jubiläum. Der Münchner Künstler hat den Schlosspavillon nicht nur vor einem tiefblauen Himmel gemalt, er hat für dieses Bild auch genau berechnet, wie die Sterne und der Mond am Tag des Jubiläums stehen werden. Selbst die Margeriten, die er gepflückt hat, als er entlang der Isar von München nach Ismaning radelte, sind nun Kunst. Auf kleine Formate gepresst, umrahmen sie das große Gemälde vom Pavillon. Klar, so was macht man nicht nebenbei. Aber die "Galerie im Schlosspavillon", eine Einrichtung der Gemeinde Ismaning, wird schließlich nur einmal 40. Und Joachim Jung war einer der ersten Künstler, die damals dort ausgestellt haben.

Der Sternenhimmel ist exakt berechnet: Joachim Jung hat zum Jubiläum ein Bild vom Schloss gemalt. (Foto: Catherina Hess)

Wenn an diesem Samstag die Jubiläumsschau "40 Jahre Galerie im Schlosspavillon" eröffnet, darf man sich das als Konzentrat der mehr als 200 Ausstellungen vorstellen, die in den vergangenen 40 Jahren stattfanden in dem im Barockstil erbauten Lustschlösschen des Freisinger Fürstbischof Johann Theodor. Rund 50 Künstler vereint die Schau. Treue Besucher dürften sich an so manche Ausstellung erinnert fühlen: Malerei, Grafik, Buchkunst hat Gisela Hesse, die Leiterin der Galerie im Schlosspavillon, in den vergangenen Jahrzehnten gezeigt, aber auch Fotografie, Skulpturen und Objektkunst.

Gisela Hesse leitet die Galerie als freiberufliche Kuratorin im Auftrag der Gemeinde. (Foto: Catherina Hess)

Aus China und Brasilien, aus Berlin und Leipzig war Kunst zu sehen, meistens aber kamen die Kreativen aus der Region. Dann wiederum wurden durchaus klingende Namen wie Edgar Ende, Horst Janssen und Bele Bachem präsentiert. Zum zehnjährigen Jubiläum gab es sogar Drucke von Pablo Picasso - ausnahmsweise. Denn eigentlich sei es ihr nie um die Zugkraft gegangen, die ein Name auf mögliche Käufer hatte. Nie um den Handel mit der Kunst. "Mir war es wichtig zu zeigen, dass es nicht nur eine Art von Kunst gibt", sagt Hesse, die bis 2013 außerdem das benachbarte Kallmann-Museum geleitet hat.

Kunst bedeutet Vielfalt - das soll die Ausstellung auch zeigen. (Foto: Catherina Hess)

Die Kunsthistorikerin hätte auch sagen können: dass es Kunst in Ismaning überhaupt gibt. Denn als die Galerie am 10. Juli 1982 eröffnete, sei in der Gemeinde abgesehen von ein bisschen Heimatkunde auf dem Flur des Kutscherbaus, also des Rathauses, kulturell noch nicht viel geboten gewesen. Hesse hält die Einladungskarte der ersten Ausstellung vom 10. Juli 1982 gegen das Licht, das sanft durch die Fenster des vermutlich nach den Entwürfen von François de Cuvilliés errichteten Gebäudes fällt. Die Künstlerin Gudrun Gehrts hat damals die Karte gestaltet. "Das ist meine letzte. Die wurden mir aus den Händen gerissen", sagt Hesse, die die Galerie im Auftrag der Gemeinde Ismaning als "freiberufliche Kuratorin" betreut.

Der Pavillon ist im Laufe der Jahre eine feste Größe für manche Künstler geworden

Alle wollten Gehrts filigrane Zeichnung des Pavillons haben. Damals konnte freilich kaum einer ahnen, dass sich der historische Ort mit den Lorbeerkranz-Tapeten für manche Künstler zu einer festen Größe in der Vita entwickeln sollte. Nicht nur Joachim Jung stellte hier mehrmals aus. Auch Christoph Hessel und Fritz Hörauf - beide surrealistisch-fantastischen Bilderwelten zugewandt - waren mehr als einmal in Ismaning zu Gast. Aus dem Landkreis München war Veronika Schattenmann mehrmals mit ihren mystisch schönen Arbeiten vertreten, in denen die Figuren oft nur angedeutet sind.

Ebenfalls zu sehen: Hose von Alexandra M. Hoffmann. (Foto: Catherina Hess)
Veronika Schattenmann mit einem ihrer Werke in Mischtechnik. (Foto: Catherina Hess)

Eher zufällig hatte Hesse damals gesehen, dass der Schlosspavillon renoviert wurde. Also habe sie einfach bei der Gemeinde nachgefragt, ob diese denn schon wisse, was daraus werden solle? Sie habe da eine sehr schöne Idee. In den ersten zehn Jahren des Bestehens konzentrierte sie sich auf Grafisches, weshalb zum Jubiläum noch einmal die wichtigsten Vertreter präsentiert werden: Arbeiten des mittlerweile verstorbenen irischen Künstlers Michael Farrell zum Beispiel oder von Karl-Georg Hirsch, bekannt für Buchillustrationen. Manfred Popp zeigt gleich mehrere Bilder: Mal verbindet er Aquarellfarbe und Tusche zu einem explosionsartigen Konstrukt, dann lässt er aus hauchdünnen Linien eine Schlange entstehen, die gierig über das Papier züngelt.

Der Ismaninger Fotograf Florian Geserer stellt eine Aufnahme aus Kambodscha aus. Traudel Lindauer zeigt ihr "Glücksklee-Kleid", das sie aus rund 200 vierblättrigen Kleeblättern gestaltet hat. Die in Freising lebende Künstlerin Alexandra M. Hoffmann wiederum hat das Porträt einer Münchnerin auf ein Kleidungsstück gemalt, das zu tragen Frauen hierzulande bis in die Zwanzigerjahre hinein verboten war: Hosen. "Das ist Liesl Karlstadt", erläutert Hesse. Ganz anders die Installationskunst von Dorothea Reese-Heim, bis 2009 Professorin an der Universität Paderborn. Zum 40. Geburtstag hat sie eine Installation aus alten Amtsbüchern und Plastikpferden beigesteuert. Starke, ausdauernde Tiere, aber vom Charakter her eher scheu.

Auch Gisela Hesse muss über ein gewisses Maß an Ausdauer verfügen. 40 Jahre lang hat sie Kontakte zu Künstlern gepflegt, sich Konzepte überlegt, den Markt beobachtet. Nur eines sei ihr nicht gelungen. Sie habe nie herausgefunden, was bei den Leuten ankommt. Herausragende Kunst würde bisweilen nur mit einem Schulterzucken kommentiert, während eher mittelmäßige Kunst über die Maßen beklatscht werde. Für 2022 ist die Jubiläumsschau die letzte Ausstellung. "Vielleicht wird es im nächsten Jahr noch eine geben", sagt Hesse und klingt mit einem Mal ein wenig sentimental. Danach ist nämlich höchstwahrscheinlich Schluss. Die Gemeinde habe Anderes mit dem Schlosspavillon vor.

Die Vernissage ist am Samstag, 9. Juli, von 16 Uhr an. Die Jubiläumsausstellung ist bis zum 11. September zu sehen.

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