Energiewende:Der Wind hat sich gedreht

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Diese Visualisierung zeigt, wie sich die Windräder - vom Ayinger Ortsteil Großhelfendorf aus gesehen - über der Silhouette des Hofoldinger Forstes aus erheben sollen. (Foto: TUM/Lareg)

Zur ersten von drei Veranstaltungen kommen rund 200 Anlieger des Hofoldinger Forsts in den Ayinger Sixthof, um sich über eine finanzielle Beteiligung an den drei geplanten Rotoren zu informieren. Mit den Rodungen soll schon in Kürze begonnen werden.

Von Martin Mühlfenzl, Aying

In der kommenden Woche wird es ernst. Dann findet eine entscheidende Begehung im Hofoldinger Forst statt, bei der auch Martin Sterflinger anwesend sein wird, der Geschäftsführer der Bürgerwind Hofoldinger Forst GmbH & Co. KG. Gemeinsam mit Vertretern der Staatsforsten und des Landratsamtes wird Sterflinger die drei Standorte in Augenschein nehmen, auf denen in den kommenden Monaten die ersten Windräder im Landkreis München errichtet werden sollen. Und wie schnell es gehen kann, macht der Geschäftsführer, der zugleich Amtsleiter für Umwelt, Klima und Energie im Sauerlacher Rathaus ist, am Donnerstagabend im voll besetzten Stadl des Sixthofes in Aying deutlich: "Schon kurz nach dem Termin beginnen wir mit der Rodung, da wird alles rausgeschnitten und rausgefahren. Wenn alles gut geht, werden wir die Türme schon im Herbst wachsen sehen."

Die nahezu 200 Bürgerinnen und Bürger, die im voll besetzten Sixthof teilweise stehen mussten, waren an diesem Abend aber gekommen, um sich darüber zu informieren, welche Vorteile ihnen die drei Rotoren im Hofoldinger Forst bieten können. Deren Errichtung durch die Gemeinden Sauerlach, Aying und Otterfing im Landkreis Miesbach wird etwa 26 Millionen Euro kosten - und sechs Millionen davon sollen über ein sogenanntes Crowdfunding, also eine Bürgerbeteiligung, eingesammelt werden. Von 29. Januar an können zunächst Interessierte aus den drei beteiligten Kommunen Anteile zeichnen. Dabei gilt laut Sterflinger: "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst."

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Von der Resonanz am Donnerstagabend war auch Ayings Peter Wagner (CSU) nahezu überwältigt. "Damit habe ich nicht gerechnet. Aber es zeigt, dass die meisten hinter dem Projekt stehen", sagte der Rathauschef in seiner Begrüßung - und der erste Applaus des Abends gab ihm durchaus recht. Ganze zehn Jahre hätten die Planungen nun gedauert, sagte Wagner und verwies darauf, dass aus einem ursprünglich von Investoren getragenem Vorhaben nun ein echtes kommunales Projekt geworden sei, das auch die Bürgerinnen und Bürger einbeziehen werde. "Es hat sich gezeigt, dass wir das selber machen können", so Wagner.

Wolfgang Büsch, Dritter Bürgermeister in Sauerlach, und der Geschäftsführer der Bürgerwind Hofoldinger Forst GmbH, Martin Sterflinger (rechts), klären in Aying über das Windenergie-Projekt auf. (Foto: Claus Schunk)

Wenn das Crowdfunding, das von der GLS Bank mit Sitz in Bochum organisiert wird, am 29. Januar gewissermaßen scharf gestellt wird, können also zunächst Bürger aus Aying, Sauerlach und Otterfing partizipieren. Das Geld wird dabei in sogenannten Nachrangdarlehen angelegt. Sauerlachs Dritter Bürgermeister Wolfgang Büsch (Grüne), der als Steuerberater auch die Hofoldinger Forst GmbH berät, erläuterte die Vorteile dieser Kreditform: Im Insolvenzfall würden die Gläubiger des Darlehens nachrangig behandelt, es bestehe ein geringer Verwaltungsaufwand und auch kleinere Beteiligung seien möglich. "Das war auch allen drei Gemeinden sehr wichtig, dass eigentlich alle Bürgerinnen und Bürger mitmachen können", so Büsch.

Dementsprechend liegt der Mindestbetrag bei einer Beteiligung nun bei 500 Euro, maximal können von einer Person 25 000 Euro investiert werden. Die Laufzeit liegt bei zehn Jahren, als Rendite winken nach Angaben der Projektanten auf die Laufzeit gerechnet sechs Prozent pro Jahr - diese sind aber nicht garantiert. Drei Wochen lang läuft die erste Vergabephase der Beteiligungen. Sollten innerhalb dieses Zeitraums bereits sechs Millionen Euro zusammen kommen, ist eine zweite Charge überflüssig. Andernfalls können sich danach auch Privatinvestoren außerhalb der drei beteiligten Kommunen bewerben.

Der Andrang im Stadl des Ayinger Sixthofes bei der Informationsveranstaltung über die Bürgerbeteiligung für die Windräder im Hofoldinger Forst ist riesengroß. (Foto: Claus Schunk)

Sterflinger erläuterte, ab wann sich die drei Windräder im "Schwachwindland", das Bayern nun einmal sei, rentabel drehen werden: "In den ersten beiden Jahren werden wir noch Verluste einfahren, aber ab dem dritten Jahr werden dann Gewinne eingefahren, die sich von Jahr zu Jahr steigern werden." Nach "sehr vorsichtigen Berechnungen" könne bereits im dritten Betriebsjahr mit einem Jahresgewinn von etwas mehr als 150 000 Euro gerechnet werden, im Jahr 2034 liege dieser voraussichtlich bei weit mehr als 400 000 Euro. Und das zweite Jahrzehnt eines Windrads sei noch lukrativer, so Büsch, demzufolge die drei Rotoren mit einer Gesamthöhe von je 250 Metern mindestens 20 Jahre laufen und mehr als 9000 Haushalte mit Strom versorgen können.

Der Bürgermeister will als einer der ersten Anteile zeichnen

Gebaut und gewartet werden die Windräder, die im Sommer 2025 in Betrieb gehen sollen, von der Firma Enercon, die auf Anlagen an Land spezialisiert ist und zu den drei größten Herstellern von Rotoren in Deutschland gehört. Bedenken, dass das Projekt im Hofoldinger Forst scheitern oder insolvent gehen könnte, wurden im Sixthof kaum laut. Und Bedenken, dass die Windräder durch einen Blitzeinschlag oder "höhere Gewalt" zerstört werden könnten, räumte Sterflinger aus: "Dass ein Blitz einschlägt, haben wir öfter. Das macht der Anlage nichts."

Ayings Bürgermeister Wagner will nach eigenen Worten wie auch seine Amtskollegen aus Sauerlach und Otterfing, Barbara Bogner (UBV) und Michael Falkenhahn (SPD), unter den ersten sein, die Anteile zeichnen. "Wir stehen alle drei voll hinter dem Projekt und das wollen wir auch unterstreichen."

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