Haching-Aktie:Hoch im Kurs

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Mit seinen Plänen für die Umwandlung der Profifußballabteilung in eine Aktiengesellschaft stößt Hachings Präsident Manfred Schwabl auf Zustimmung. (Foto: imago/foto2press)

Unterhaching als Fußball-AG? Der geplante Börsengang der Spielvereinigung begeistert Fans, Politiker und Sponsoren. Ob als Dividende auch der Aufstieg in die zweite Liga gelingt, bleibt aber spannend.

Von Stefan Galler, Unterhaching

Natürlich hat auch der Landrat zur Sportgeschichte der Woche eine Meinung, wenn auch nicht in seiner politischen Funktion, sondern als Vereinsvorsitzender. Und so sagte Christoph Göbel (CSU) am Freitag bei einer Veranstaltung im Landratsamt auf die Frage nach dem angekündigten Börsengang des Fußball-Drittligisten Spielvereinigung Unterhaching augenzwinkernd: "Wir vom TSV Gräfelfing beobachten die Sache genau, werden selbst aber am Boden bleiben."

Es ist ein Thema, das die Menschen bewegt, schließlich hat seit Borussia Dortmund kein Verein mehr diesen Schritt gewagt. Und die meisten sehen es mit Wohlwollen, dass sich Klubpräsident Manfred Schwabl und seine Mitstreiter auf neue Pfade wagen, um die Finanzierung des Profifußballs zu gewährleisten. Noch im Juli sollen Anteile an der SpVgg Unterhaching GmbH & Co. KgaA an der Münchner Börse in den Handel kommen, voraussichtlich zu je acht Euro.

Die Fans sind zwiegespalten

So mancher Anhänger wird da gerne zugreifen, auch wenn Marcel Rodiek, der Fan-Beauftrage der SpVgg, sagt, er habe sich noch kein umfassendes Meinungsbild bei den Hachinger Fußballfreunden verschaffen können. Doch einige Fans, die im Internet unterwegs sind, haben sich schon klar positioniert: "Ich bin gespannt, was das mit unserem Image als bodenständiger Vorortklub machen wird", schreibt einer mit dem Usernamen Vorstadtflo auf der Seite www.transfermarkt.de. Und weiter: "Vermutlich werd ich auch nicht umhin kommen, mir symbolisch einige Haching-Aktien zu sichern. Aber meine Altersvorsorge würde ich dann doch lieber nicht drauf aufbauen." Ein gewisser mrhonest entgegnet: "Ich werd' mir, denk' ich, auch die eine oder andere Aktie rauslassen. Schon allein, dass ich mir eine davon einrahmen und in die Butze hängen kann."

So richtig weiß man offenbar noch nicht, was man von der neuen Entwicklung halten soll. Das gilt auch für Unterhachings Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD), der seiner Stellungnahme gleich mal vorausschickt, sich bisher "mit dem Thema Börse nicht vertieft beschäftigt" zu haben. Grundsätzlich aber sehe er es immer gerne, wenn die SpVgg positive Nachrichten produziere, und das sei mit dem Gang an die Börse schon mal der Fall. "Ich hoffe wirklich sehr, dass es genug Anleger gibt, die sich für die Aktien am Markt interessieren. Die Idee ist noch sehr frisch, aber ich glaube daran", sagt der Rathauschef.

Dass ein Teil des Kapitals, nämlich vier Millionen Euro, bereits durch einige Ankerinvestoren, also größere Firmen, die sich bei der SpVgg engagieren wollen, eingenommen worden sind, bezeichnet der Rathauschef als "tolle Sache"; schließlich gelte für alle Vereine in der Gemeinde ein klarer Leitsatz: "Wenn es denen gut geht, geht es auch dem sozialen Gefüge in Unterhaching gut."

Gute Gespräche zwischen Verein und Gemeinde

Die Verhandlungen zwischen Verein und Gemeinde über das Stadion seien jedenfalls auf einem guten Weg. "Wir haben ein gemeinsames Ziel, nämlich die Sportstätte für den Verein zu erhalten", so Panzer. "Jetzt werden wir sehen, wie sich die finanzielle Lage der SpVgg stabilisiert, der Vertrag läuft ja noch eine Zeit lang." Die Gemeinde verpachtet den Sportpark noch bis 2020 an die SpVgg, die ihrerseits die Option hat, die Vereinbarung bis 2025 zu verlängern. Doch das will Schwabl nicht; seine Idee ist, dass die Gemeinde das Stadion zunächst noch saniert, ehe dann die Eigentumsrechte auf den Verein übergehen, der wiederum einen Erbpachtzins bezahlt und künftig alle anfallenden Kosten selbst trägt, etwa für den anvisierten Ausbau der Geschäftsstelle.

Der Pachtvertrag stammt aus den späten Neunzigerjahren, also noch aus der Ära des langjährigen SpVgg-Präsidenten Engelbert Kupka. Dieser zeigt sich restlos begeistert von der aktuellen Entwicklung rund um "seinen" Verein, dem er 39 Jahre lang vorstand, von 1973 bis 2012. "Für mich ist es ja keine Überraschung, da ich von Anfang an eingebunden war", sagt Kupka. "Das ist einer der wenigen Wege, die überhaupt ein finanzielles Überleben in der dritten Liga ermöglichen."

Der Rechtsanwalt kämpft schon seit Jahren um eine Aufwertung des Amateurfußballs und insbesondere um eine adäquate finanzielle Ausstattung der Drittligisten durch den Deutschen Fußball-Bund (DFB). "Wer aus der zweiten Liga absteigt, kommt nicht ins Fegefeuer, sondern direkt in die Hölle", sagt Kupka und spielt auf die enorm unterschiedlichen Fernseherlöse in den beiden Ligen an. Während Drittligisten mit knapp 1,3 Millionen Euro pro Saison auskommen müssen, kassierten Zweitligisten in der abgelaufenen Saison mindestens 6,7 Millionen. Meister 1. FC Köln nahm sogar fast 24 Millionen Euro ein. "Ist doch klar, dass da jeder Drittligaverein versucht, sich an ein Rettungsboot zu klammern, damit er nicht untergeht", sagt Kupka.

Der Börsengang sei professionell vorbereitet

Schwabl habe den Börsengang "höchst professionell vorbereitet", lobt der Altvordere. Es sei "modellhaft", was in Haching in Sachen Jugendförderung passiere. "Jetzt kann man nur hoffen, dass die Leute bereit sind, ein paar Euro zu geben, um ihren Verein zu unterstützen. Ich bin mir sicher, dass es sich lohnen wird."

Diese Meinung teilt Kupka mit einem, der sich an der Börse ganz genau auskennt: Erich Lejeune, früherer Inhaber von Consumer Electronic, einem Unternehmen, das mit Computerchips handelte und zu Bundesligazeiten Trikotsponsor der SpVgg Unterhaching war, hat mit den Aktien seiner Firma viel Geld verdient. "Ich finde es großartig, dass die SpVgg diesen Schritt geht", sagt Lejeune. Der Klub habe seit den beiden Bundesligajahren 1999 bis 2001 eine "riesige Story".

Vor allem die Tatsache, dass man 2000 dem FC Bayern durch einen Sieg gegen Leverkusen zur Meisterschaft verholfen habe, sei bei vielen Fans tief verankert. Lejeune ist überzeugt: "Da schlummert ein Millionenpublikum, das sich mit Haching identifiziert." Er sei damals sogar in Taiwan und Japan auf den Verein angesprochen worden. Der mittlerweile 75 Jahre alte Geschäftsmann, Autor und Fernsehmoderator ist sicher, dass das anvisierte Kapital von zwölf Millionen Euro eingesammelt werden kann. Dann komme es aber eben auf "die grüne Wiese" an, wie Lejeune sagt. "Das ist wie bei einer börsennotierten Firma: Wenn Erfolge ausbleiben, dann stagniert auch der Kurs." Dennoch könne er besten Gewissens "eine Kaufempfehlung" geben.

© SZ vom 29.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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