Gesundheit:Pflanzliches Allheilmittel

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Die aktuelle Firmenchefin Cordula Niedermaier-May ist die Tochter von Gründer Hans Niedermaier. (Foto: Claus Schunk)

Das Hohenbrunner Familienunternehmen Dr. Niedermaier-May ist seit Jahrzehnten mit einem Tonikum aus fermentierten Früchten und Nüssen erfolgreich.

Von Angela Boschert, Hohenbrunn

"Entweder gehe ich jetzt in Rente oder ich starte noch einmal neu durch." Vor dieser Alternative stand die Apothekerin Cordula Niedermaier-May nach eigener Aussage vor vier Jahren. Sie fasste sich ein Herz und die über verschiedene Standorte verteilten Abteilungen der Firma Dr. Niedermaier Pharma in einem Neubau im Hohenbrunner Gewerbegebiet zusammen. In der dortigen Georg-Knorr-Straße 1 wird in einer modernen Fertigungsstraße das Nahrungsergänzungsmittel Regulat-Pro hergestellt, das eine spannende Geschichte hat.

Der Vater von Cordula Niedermaier-May, Hans Niedermaier (1913 bis 2003), war ebenfalls Apotheker und dazu Lebensmittelchemiker. Er gründete sein Unternehmen im Jahr 1939, um seiner Vision folgend "Gesundheit auf natürliche Weise" zu fördern, geleitet von der Philosophie "Heilung durch Selbstheilung".

"Mein Vater war ein Forscher, kein Kaufmann", sagt Cordula Niedermaier-May nachdenklich. Ein offenbar akribischer Forscher, der oft im Labor stand und ausprobierte, wie der Stoffwechsel auf pflanzliche Wirkstoffe reagiert. So brachte er 1950 das pflanzliche Tonikum "Galama" auf den Markt, eine Essenz aus Heilpflanzenauszügen zur Stärkung des Herz-Kreislauf-Systems, das sich schnell einen Namen machte. "Ich bin mit dem Galama aufgewachsen und war als Kind sehr oft bei ihm im Labor", erzählt Cordula Niedermaier-May. Denn bis 2017 lagen Labor und Betriebsgebäude in der Taufkirchner Straße in Hohenbrunn, unmittelbar beim Wohnhaus der Familie. Vielleicht sei es auch kein Zufall, dass sie über Isoflavone, also sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, promoviert habe, sagt die Frau mit den feuerroten Haaren und dem gewinnenden Lachen.

Ihr Vater habe weiter geforscht an der Wirkungsweise von Heilpflanzen und ihren Inhaltsstoffen auf die Gesundheit. In den Siebzigerjahren erlangte er neue Erkenntnisse über die Funktionalität körpereigener Enzyme, die in die Entwicklung der "dreistufigen Kaskadenfermentation" eingeflossen sind. Bei diesem Gärverfahren, ähnlich dem, wie wir es vom Sauerkraut kennen, werden Früchte und Nüsse, etwa Acerola-Kirschen, Wal- und Kokosnüsse, Erbsen, Feigen und Zwiebeln oder die als Gewürz bekannten Curcuma und Safran, schrittweise fermentiert, mit Hilfe von Mikroorganismen. "Die Mikroorganismen entsprechen denen im Darm des Menschen. Die Idee war, den Verdauungsprozess beim Menschen, also das Zerlegen der Nahrung in ihre Einzelbestandteile, zu kopieren", erklärt Niedermaier-May. 2004 ließ sich die Dr. Niedermaier Pharma diese Stufenfermentation patentieren.

Da stand das Unternehmen schon unter ihrer Leitung, was sie ursprünglich nicht geplant hatte. Doch erlebte sie im Jahr 2000 mit, wie ihr schwer erkrankter Yorkshire-Familienhund genesen ist, weil ihr Vater ihm etwas von diesem Tonikum gegeben hatte. Das habe sie fasziniert, sagt Niedermaier-May. Inzwischen erklärt sie, was damals geschehen sein muss, so: "Versuche mit Fadenwürmern zeigen, dass sich durch das Mittel, das wir Regulat nennen, die Zahl der in den Körperzellen tätigen ATP-Moleküle erhöht. ATP sind menschliche Botenstoffe, die Zellaktivitäten anregen. Pestizide hatten das ATP blockiert, daher war der Hund apathisch. Durch die Erhöhung der ATP-Moleküle ist er genesen." Dass durch Regulat eine Anhebung des ATP-Spiegels in Körperzellen stattfindet, zeigten Studien, bestätigt Volker von Baehr, der ärztliche Leiter des Instituts für Medizinische Diagnostik Berlin-Potsdam.

Niedermaier-May hat das Regulat auch an sich selbst ausprobiert und sagt, ihre Neurodermitis, wegen der sie sich als Kind oft ausgeschlossen gefühlt habe, sei nach sechs Monaten verschwunden gewesen.

Nachdem ein Journal einen großen Bericht darüber publiziert hat, sei die Nachfrage enorm gestiegen. Die Produktion wurde erhöht, Spezialmittel gegen Arthrose oder Stress, für die Verdauung und für Kinder wurden entwickelt. Inzwischen werden mit großem Erfolg auch Beauty-Produkte von Hohenbrunn aus in die ganze Welt geliefert. Der etwas unangenehme Geschmack des Regulats blieb. Traubensaft sei der beste Neutralisator sagt Niedermaier-May, und es gebe inzwischen einige Produkte mit Vanille- oder Pfefferminzgeschmack. Wann sie in Rente geht, mag sie nicht verraten. Es gehe ihr gut, die Arbeit mache Spaß und sie sei "ein Workoholic", sagt die Niedermaier-May und lacht.

© SZ vom 30.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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