Gemeinden bangen um Wasserversorgung:Auf dem Trockenen

Brunnenwerk im Loisachtal

Brunnenwerk im Loisachtal

(Foto: SWM)

Unterhaching und Neubiberg kämpfen vor Gericht um das Recht, über die Stadtwerke München Wasser aus dem Loisachtal zu beziehen. Insgesamt sind sechs Gemeinden im Landkreis betroffen, aber etwa Ottobrunn und Hohenbrunn haben Alternativen.

Von Patrik Stäbler, Unterhaching/Neubiberg

Vor 4500 Jahren herrschte Krieg zwischen den Stadtstaaten Umma und Lagash in Mesopotamien, im heutigen Irak. Urlama, der König von Lagash, hatte die Flüsse Euphrat und Tigris umgeleitet, um seinem Nachbarn das Wasser abzugraben.

Der resultierende bewaffnete Konflikt gilt als einziger echter Wasserkrieg der Menschheitsgeschichte. Streitigkeiten um die wertvolle Ressource hat es freilich viele gegeben - und deren Zahl dürfte künftig zunehmen angesichts von Klimawandel und wachsender Weltbevölkerung.

Ein Konflikt ums Wasser wird zurzeit auch im Süden von München ausgefochten - auf juristischem Terrain. Am Dienstag stehen sich am Verwaltungsgericht München Neubiberg und Unterhaching auf der einen und das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen auf der anderen Seite gegenüber. Gestritten wird um das Wasser aus dem Loisachtal, das aus der Leitung fließt, wenn man in Unterhaching oder Neubiberg den Hahn öffnet - noch. Denn geht es nach dem Landratsamt, sollen sich die Kommunen künftig anderweitig mit Trinkwasser versorgen - ein Ansinnen, das die zwei Gemeinden ablehnen.

Stein des Anstoßes ist ein Bescheid des Landratsamts aus dem Dezember 2015 an die Stadtwerke München (SWM). Diese beziehen ihren täglichen Wasserbedarf von rund 300 Millionen Liter für die Landeshauptstadt und einige Umlandgemeinden größtenteils aus dem Mangfalltal, aber auch zu circa 20 Prozent aus dem Loisachtal. Letzteres fällt in den Zuständigkeitsbereich des Garmischer Landratsamts, das in dem Bescheid festlegte, dass dieses Wasser künftig nur noch an die Stadt München gehen darf, nicht aber deren Nachbarorte - sofern diese sich auch ortsnäher versorgen könnten. Die Entscheidung war auf Anregung von Oberau und Farchant getroffen worden, auf deren Gebiet sich die Brunnen befinden, aus denen das Wasser nach München fließt.

Die Orte fürchten, durch die Ausweisung von Wasserschutzgebieten in ihrer Entwicklung eingeschränkt zu werden. Daher drängten sie das Landratsamt, einen neuen Passus im Wasserhaushaltsgesetz zu nutzen und dem Münchner Umland den Hahn zuzudrehen.

Wichtiges Wasserwerk in Hohenbrunn

Betroffen sind davon sechs Gemeinden, die Trinkwasser aus dem Loisachtal über die SWM beziehen: Neubiberg, Unterhaching, Hohenbrunn, Ottobrunn und Neuried sowie Bergkirchen im Kreis Dachau. Sie alle müssen demnach bis 2021 nachweisen, dass eine ortsnähere Wasserversorgung bei ihnen nicht möglich ist - dann bliebe alles wie gehabt. Andernfalls müssten die Gemeinden ihre Versorgung bis 2026 umstellen. In Hohenbrunn und Ottobrunn, wo jeweils nur Teile des Orts von den SWM beliefert werden, ist die Lösung naheliegend: Beide werden wohl künftig die komplette Gemeinde durch ihr gemeinschaftliches Wasserwerk Hohenbrunn versorgen. Dessen Kapazität reiche dafür aus, sagt Hohenbrunns Bürgermeister Stefan Straßmair (CSU). Zwar ist noch offen, was dann mit den Leitungen geschieht, die da ja den SWM gehören. Aber insgesamt sei man "in einer glücklicheren Lage als unsere Nachbargemeinden", sagt Bettina Winklmann, Kaufmännische Werkleiterin in Ottobrunn.

Denn Neubiberg und Unterhaching ist es eigenen Angaben zufolge nicht möglich, sich anderweitig mit Wasser zu versorgen. Das hätten Untersuchungen und auch die Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts München gezeigt, heißt es unisono aus den Gemeinden. Einen 25 000-Einwohner-Ort wie Unterhaching mitzuversorgen, sei den Nachbarkommunen schlicht unmöglich, sagt Rathaussprecher Simon Hötzl. Und für eigene Brunnen gebe es in dem "hochverdichteten Ortsgebiet" keinen Platz. Man habe sogar Probebohrungen im Perlacher Forst durchgeführt, berichtet Hötzl, doch auch von dort könne Unterhaching nicht ausreichend Wasser beziehen. Ähnlich hört sich das bei Günter Heyland (Freie Wähler) an, dem Bürgermeister von Neubiberg.

In seiner Gemeinde gebe es keinen Platz für eigene Brunnen samt Wasserschutzgebiet. Man habe alle Nachbarn angefragt, und allein Grasbrunn habe Bereitschaft signalisiert, Neubiberg mitzuversorgen. "Aber das wäre nur eine Teilmenge von dem, was wir brauchen", sagt Heyland. Zudem wäre der Aufwand für den Leitungsbau enorm.

Diese Erkenntnisse samt Gutachten haben die Gemeinden schon vor Längerem ans Landratsamt Garmisch geschickt. Doch laut Hötzl und Heyland hat man keine Rückmeldung erhalten. "Für uns ist das völlig unergründlich", sagt Heyland. "Es wäre doch nur fair gewesen, wenn uns das Landratsamt mitgeteilt hätte, was ihnen noch fehlt." Auf Anfrage teilt die Garmischer Behörde mit, dass die Gemeinde Bergkirchen nachgewiesen habe, dass eine ortsnähere Versorgung in ihrem Fall "gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen würde".

Verweis auf Brunnen in der Schotterebene

Anders sieht das Landratsamt offenbar die Situation bei den Kommunen im Landkreis München. Demnach wäre hier "die Mitversorgung der Umlandgemeinden durch Brunnen der SWM in der Münchner Schotterebene zu favorisieren", so eine Sprecherin.

Inwieweit dies eine Option darstellt, wird wohl auch das Verwaltungsgericht erörtern. Allerdings muss zunächst geklärt werden, ob die Gemeinden überhaupt klageberechtigt sind - schließlich ging der Bescheid nicht an sie, sondern an die SWM. "Wir erhoffen uns vom Gericht vor allem Klarheit über die Situation, sodass der Prozess, der ins Stocken geraten ist, endlich weitergeht", sagt Heyland. Prinzipiell sehe er die Angelegenheit aber "gelassen", so der Rathauschef. "Es wird eine Lösung geben, weil man in Bayern sicher keine Gemeinde in der Luft hängen lässt, wenn es um ihre Wasserversorgung geht."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: