Garching:Eklat um Kulturförderung

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Herbert Becke schießt mit Diana Eichhorn Fotos von Hund Maggie - und verbal scharf gegen Garchings Bürgermeister Dietmar Gruchmann. (Foto: Manuela Bauer/privat)

Herbert Becke tritt im Streit um die Auszahlung städtischer Mittel als Sprecher der Arbeitsgruppe zurück. Bürgermeister Gruchmann wirft diesem vor, Beschlüsse nicht akzeptieren zu wollen

Von Gudrun Passarge, Garching

Herbert Becke ist mit sofortiger Wirkung als Sprecher der Garchinger Arbeitsgruppe Kultur zurückgetreten. Das verkündete Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) im Stadtrat. Als Grund gab Gruchmann an, Becke sei mit den Auszahlungsmodalitäten der städtischen Kulturförderung nicht einverstanden gewesen. Doch der Garchinger Fotograf widerspricht dieser Darstellung. Vielmehr findet er, "die Kommunikation und der Umgang sind indiskutabel". Das Tischtuch zwischen dem Sprecher der Arbeitsgruppe Kultur und dem Rathaus ist offenbar zerschnitten. Becke hat nach eigenen Worten auf sein Angebot zu einem Gespräch keine Antwort erhalten.

Die Arbeitsgruppe wurde 2017 gegründet, um den Kulturfördertopf mit 25 000 Euro zu verwalten. Strittig war jedoch von Anfang an, wie die Auszahlung funktionieren soll. Zunächst war vorgesehen, dass Kulturprojekte nur nach Vorlage von Rechnungen finanziert werden sollten, das heißt, die Organisatoren mussten in Vorleistung gehen. Alles andere sei rechtswidrig, so die Argumentation der Verwaltung. Dagegen stemmte sich Becke bis zuletzt. Nachfragen der SZ bei Vereinen und Kunstschaffenden in Garching bestätigen, dass diese Art der Finanzierung als "kompliziert" und "hinderlich" empfunden wird. Für manche ist es tatsächlich auch schwierig, das Geld vorzufinanzieren.

Becke legte im Arbeitskreis Unterlagen vor, wonach die Stadt München und die Regierung von Oberbayern bewilligte Förderungen durchaus gleich zu Beginn auszahlen. In Garching einigte man sich im Sommer 2019 dann auch auf eine 80:20-Regelung: 80 Prozent sollen im Voraus gezahlt werden, 20 Prozent wenn alle Rechnungen vorliegen. "Ein Kompromiss, mit dem ich leben kann", sagt Becke. Er beschwert sich jedoch, dass nach diesem Beschluss, der ihm zufolge in der Arbeitsgruppe einstimmig gefallen ist, noch Bescheide mit dem Hinweis verschickt wurden: "Bitte beachten Sie, dass derzeit Fördermittel nicht im Voraus gewährt werden." "Also genau das Gegenteil von dem, was vorher beschlossen wurde", so Becke. Er sei "entsetzt über die Selbstherrlichkeit der Rathausverwaltung" gewesen und habe sofort zurücktreten wollen, sei aber auf Bitten einiger Kulturschaffender noch geblieben. Becke schrieb dem Bürgermeister, doch dessen Antwort fiel anders aus, als erhofft.

Gruchmann, so Becke, habe ihm geantwortet, die Bescheide seien korrekt. Der Bürgermeister habe zudem behauptet, in München würden Kulturförderungen nie vorab ausgezahlt. "Ein Anruf in München hätte genügt", ärgert sich Becke. Auf Nachfrage bestätigt Jennifer Becker, Sprecherin des Kulturreferats in München, Beckes Darstellung zur Auszahlung: "Die Stadt München nutzt die Möglichkeit, im Voraus Teile oder den gesamten zugesagten Förderbetrag auszuzahlen." Gerade bei niederschwelligen Angeboten könne niemand verlangen, dass die Bürger mit ihrem Geld in Vorleistung gingen. Aber natürlich würden die Projekte vorher geprüft, wie auch die Kalkulation. Das war in Garching nicht anders. Becke hat die Anträge nach eigenen Worten genau angeschaut, er habe mit Organisatoren gesprochen, sei auch mal auf Proben gegangen. Jetzt mag er nicht mehr. "Es waren zwei Jahre unsägliche Diskussionen, völlig unnötig und unproduktiv. Da weiterzumachen, hat keinen Sinn."

Der Bürgermeister bestätigt, dass auch nach dem Beschluss noch alte Bescheide verschickt wurden, weil die Satzung erst in Kürze geändert werde. "Aber unabhängig davon haben wir hausintern angewiesen, dass die Auszahlungen seit der Stadtratsentscheidung mit sofortigen 80 Prozent erfolgen können." Das habe er auch Herbert Becke erklärt. Gruchmann wirft seinerseits dem ehemaligen Sprecher der Arbeitsgruppe vor, sich nicht an Beschlüsse zu halten und nachzutreten. Becke wolle nach wie vor die 100-Prozent-Auszahlung. "Er will die Empfehlung der AG Kultur und den Stadtratsbeschluss einfach nicht akzeptieren", so Gruchmann über Becke.

Doch ganz gleich, wie andere Kommunen das handhabten, es bleibe bei der 80:20-Regelung. Die Kommune steht laut Bürgermeister schließlich in der Pflicht, sparsam und wirtschaftlich ihren Haushalt zu führen. Das bedeute auch, sorgsam mit Steuergeld umzugehen. "Ich möchte nicht wissen, welches Echo es geben würde, wenn wir ungeprüft einfach Gelder - speziell an einen neu gegründeten, bislang unbekannten und unerfahrenen Verein - auszahlen, die dann nicht zweckbestimmt eingesetzt werden." Bei seiner Aussage zu den Auszahlungsmodalitäten in München habe er sich auf seine Mitarbeiter verlassen, verteidigt sich der Bürgermeister. "Ich glaube, das eigentliche Problem von Herrn Becke ist, dass ich den Aussagen meiner Verwaltung mehr vertraut habe als seinen Rechercheergebnissen."

Mit seinem Verhalten schade Becke der guten Sache, findet der Bürgermeister. Umgekehrt ist auch Becke der Ansicht, dass es schade sei, "dass so ein gutes Projekt zerredet wird". Jedenfalls geht der ehemalige Sprecher nicht, ohne sich Gedanken über die künftige Zusammensetzung der Arbeitsgruppe zu machen. So schlägt er vor, den Kulturreferenten Thomas Gotterbarm aufzunehmen und ihn einzubinden.

© SZ vom 30.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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