Frauen in der CSU:Die Parität ist erreicht

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Zehn Jahre hat Gerlinde Koch-Dörringer die Geschicke der Frauen-Union im Landkreis München geleitet. In Sachen Gleichberechtigung sieht sie noch Luft nach oben. Bei der Delegiertenversammlung am Freitag übergibt sie ihr Amt an eine Nachfolgerin.

Von Iris Hilberth, Kirchheim

Vor gut einer Woche hat die CSU ihre Liste für den Bundestag aufgestellt. Zwar spielt diese Reihung im Vergleich zu anderen Parteien bei den Christsozialen eine eher untergeordnete Rolle, da sich bei den vergangenen Wahlen die CSU-Kandidaten direkt durchsetzen konnten und gar nicht auf die Liste angewiesen waren, um in den Bundestag zu kommen. Doch eins war diesmal neu: Die Liste ist erstmals paritätisch besetzt, mit genauso vielen Frauen wie Männern, immer abwechselnd. Die Frauen-Union wertete das als starkes Signal.

Im Landkreis München ist diese Form der Gleichberechtigung schon lange viel selbstverständlicher, die Liste zur Kreistagswahl im vergangenen Jahr war bereits zum dritten Mal paritätisch besetzt. "Durch die Nähe zur Stadt München ist das bei uns anders als in ländlichen Gebieten", sagt Gerlinde Koch-Dörringer, die Kreisvorsitzende der Frauen-Union im Landkreis. Die Frauen trauten sich hier eher zu, in der Politik aktiv zu sein, die Frauen-Union im Landkreis habe schließlich 630 Mitglieder in 23 Ortsverbänden. Anderswo müssten Frauen noch viel stärker ermutigt werden.

Koch-Dörringer ist seit zehn Jahren Vorsitzende, die Kreispolitikerin aus Kirchheim wurde erstmals in dieses Amt gewählt, als die Partei gerade schwer um die Frauenquote kämpfte. Damals rang sich die CSU - noch unter dem früheren Vorsitzenden Horst Seehofer - dazu durch, dass fortan auf Landes- und Bezirksebene 40 Prozent der Ämter weiblich besetzt werden sollen. Koch-Dörringer kann sich noch gut daran erinnern. Damals, sagt sie, sei sie auch für die Einführung der Quote gewesen. "Mittlerweile glaube ich, dass sich vieles positiv verändert hat", sagt sie. Eigentlich will sie gar nicht mehr dauernd über die Frauenquote reden, wenngleich sich das Thema gerade bei der Frauen-Union nicht ausklammern lässt.

Eineinhalb Jahre ist es her, dass Parteichef Markus Söder mit seinem Plan, auch für Kreisvorstände eine Frauen-Quote verbindlich einzuführen scheiterte. Koch-Dörringer wird den Vorsitz der Kreis-Frauenunion nach zehn Jahren niederlegen, bei der Kreisdelegiertenversammlung am 9. Juli in Garching nicht erneut für das Amt kandidieren. Das kommt nicht überraschend, sie hat bereits bei ihrer erneuten Wiederwahl vor zwei Jahren angekündigt, dass es Zeit werde, mal andere, Jüngere ranzulassen. "Ich bin jetzt 59, es ist der richtige Zeitpunkt", findet sie.

Von ihrer designierten Nachfolgerin Annette Reiter-Schumann aus Ismaning, die bisherige stellvertretene Kreisvorsitzende der Frauen-Union, erhofft sie sich "frischen Wind" und einen großen Schritt in Richtung Digitalisierung. "Es wird sich sicher einiges verändern, die Zeit hat sich verändert", sagt Koch-Dörringer. Annette Reiter-Schumann sei eine "gute Nachfolgerin", die auch politisch sehr aktiv sei.

Die Noch-Vorsitzende der Frauen-Union blickt auf "sehr bewegende" Jahre zurück, wie sie sagt, auf eine Zeit, die ihr Leben sehr geprägt habe. Sie wisse nicht, wie oft sie den Autobahnring rauf und runter gefahren sei, weil sie immer Wert darauf gelegt hat, bei Veranstaltungen der CSU-Frauen in den vielen Gemeinden des Landkreises selbst anwesend zu sein. "Der persönliche Kontakt war mir immer sehr wichtig, es ging mir immer darum, alle ins Boot zu holen", sagt sie.

Es waren vor allem auch arbeitsreiche Jahre, mit vielen Wahlkämpfen, sei es für Landrat Christoph Göbel, für den Bundestagsabgeordneten Florian Hahn oder für die Landespolitikerin und jetzige Ministerin Kerstin Schreyer. Insbesondere das Format "Politik und Prosecco", bei den Frauen in entspannter Runde politische Themen besprechen konnten, sei ein großer Erfolg gewesen. Im Mittelpunkt standen für Koch-Dörringer immer wieder die Altersarmut von Frauen, eine Verbesserung für Hebammen, minderjährige Flüchtlinge und die Mütterrente. Auch das Thema Sicherheit spielte eine Rolle. Koch-Dörringer erinnert an die Trillerpfeifen-Aktion, eine Kampagne für eine sichere Wiesn.

Auch wenn die Quote für die Frauen-Union im Landkreis München nicht das vorherrschende Thema ist - zumal auch Ministerin Schreyer mal gesagt hat, "wenn das überall in Bayern so wäre wie bei uns, hätten wir die Fragestellung gar nicht" - sieht Koch-Dörringer noch einige Arbeit in Sachen Gleichberechtigung. "Bauchschmerzen habe ich immer noch, wenn ich mir die Bezahlung im Beruf anschaue", sagt sie. Es könne nicht sein, dass Frauen, die den gleichen Job machten wie Männer, nicht genauso viel Geld verdienten. Es dürfe keinen Unterschied geben, auch nicht in der Frage, wer zu Hause bleibe und Home Office mache. "Es soll jeder so machen, wie er es gerne möchte", sagt sie. Frauen sollten sich auch einfach mehr zutrauen.

Um junge Frauen in der CSU besser zu unterstützen und zu fördern, gibt es ein Mentoring-Programm. Koch-Dörringer sieht das als Erfolgsmodell. Ein Jahr lang wird Nachwuchs-Politikerinnen jeweils eine erfahrenen CSU-Frau zur Seite gestellt, um sie zu motivieren, politische Verantwortung zu übernehmen. Wenn sie diese Woche ihr Amt an eine Jüngere übergibt, will sie sich auch nicht völlig zurückziehen, sondern sagt: "Ich bin ja nicht aus der Welt."

© SZ vom 05.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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