Einkommensstatistik:"Grünwald zieht die Werte nach oben"

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Die Gemeinde Grünwald gehört zu den wolhabendsten der Republik - davon profitiert der gesamte Landkreis München. (Foto: Claus Schunk)

Der Landkreis München gehört zu den wohlhabendsten Regionen in Deutschland. Doch Gehälter und Kaufkraft sind sehr ungleich verteilt.

Von Martin Mühlfenzl

Kinder gehören zu den weniger guten Arten der Kapitalanlage; sie kosten Eltern richtig Geld. Und laut Statistischem Bundesamt werden sie im Lauf der Zeit auch immer teurer. Laut Berechnungen des Bundesamtes kostet jedes Kind bis zu sechs Jahren jährlich etwa 6000 Euro, bis zum zwölften Lebensjahr sind es dann schon 7000 Euro und danach mehr als 8000 Euro im Jahr. In der Gemeinde Baierbrunn dürften besonders viele Eltern angesichts dieser Zahlen ein wenig erschrecken, denn in keiner Kommune des Landkreises gibt es mehr Haushalte mit Kindern unter 18 Jahren - fast 32 Prozent sind es hier.

In der neuesten Studie der Hans-Böckler-Stiftung zum verfügbaren Einkommen privater Haushalte wird allerdings auch deutlich, dass der Landkreis München nach wie vor zu den wohlhabendsten Regionen der Republik gehört. Exakt 29 891 Euro standen pro Kopf in jedem Haushalt in den 29 Städten und Gemeinden des bevölkerungsreichsten Landkreises Bayerns im Jahr 2018 zum Konsum oder Sparen zur Verfügung. Nur wenige Landkreise in Deutschland weisen einen noch höheren Wert auf: Darunter der Kreis Starnberg (34 987 Euro) oder die baden-württembergische Stadt Heilbronn (32 366 Euro). Allerdings, das geht aus der Studie ebenfalls hervor, ist das verfügbare Einkommen im Landkreis München seit dem Jahr 2000 um 0,8 Prozent zurückgegangen, während es im selben Zeitraum im gesamten Freistaat um 9,8 Prozent auf 24 026 Euro angewachsen ist.

"Der Landkreis München ist ein sehr heterogener Landkreis", sagt Simone Burger, die Vorsitzende des DGB-Kreisverbands München. "Die Zahlen sind daher mit Blick auf den Landkreis vorsichtig zu betrachten. Es gibt wahnsinnig reiche Gemeinden im Süden mit hohen Einkommen und den Norden mit deutlich mehr Hartz-IV-Empfängern."

Dies bestätigen auch Zahlen der "Sozialraumanalyse 2018" des Landkreises München, die detailliert die "Lebensbedingungen und -chancen der Bewohner des Landkreises" durchleuchtet. Hierfür wurden Daten aus dem Jahr 2016 ausgewertet. Darin wird deutlich, wie ungleich Einkommen im eigentlich so reichen Landkreis München verteilt sind - und damit auch die Kaufkraft. Ausgehend von einem durchschnittlichen Wert von 100 bei der Kaufkraft für den gesamten Freistaat liegen alle 29 Städte und Kommunen über dem Index.

Doch die Unterschiede sind gewaltig: Während Garching (104), Oberschleißheim (102,9), Unterschleißheim (109) oder Taufkirchen (109,7) nur knapp über dem bayerischen Durchschnitt liegen, besitzen die Grünwalder eine Kaufkraft von 249, in Pullach beträgt sie 190 und in Ottobrunn immerhin noch 142. Diese Ungleichheiten, sagt Simone Burger vom DGB, fänden sich in einem durchschnittlichen Wert des verfügbaren Einkommens nicht wieder. "Grünwald zieht die Werte nach oben."

Hinzu kommen die steigenden Lebenshaltungskosten, die das verfügbare Einkommen weiter beschneiden. Die Sozialraumanalyse des Landkreises weist einen durchschnittlichen Quadratmeterpreis von etwas mehr als 13 Euro für die Miete aus (Stand: März 2016). In Ismaning aber liegt er bereits bei nahezu 17 Euro, in Pullach darüber, in Unterschleißheim bei etwa 15 Euro, in Ottobrunn ebenso. "Es werden immer weniger Menschen, die sich das Leben hier noch leisten können und mehr, die auf Unterstützung angewiesen sind", sagt Gewerkschafterin Burger. Dennoch ist etwa die Quote derjenigen, die Leistungen nach Sozialgesetzbuch II (Hartz IV) erhalten, im Landkreis München relativ gering: Am höchsten war sie im Jahr 2016 der Sozialraumanalyse zufolge in Taufkirchen (6,5); auch in den großen Kommunen des Nordens, Unterschleißheim, Oberschleißheim und Garching, liegt sie mit etwas mehr als vier Prozent traditionell höher als im Schnitt.

© SZ vom 30.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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