Immunisierung:Wenn die Impfung an der Anmeldung scheitert

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Viele Senioren sind auf Hilfe bei der Registrierung angewiesen. Straßlach-Dingharting setzt Erzieherinnen ein.

Von Anna-Maria Salmen und Iris Hilberth, Landkreis

Bilder von Senioren in Pflegeheimen, die nach der Corona-Impfung stolz ihren Arm mit Pflaster in die Kamera halten, waren in den Tagen nach dem Start der Immunisierung in allen Medien zu sehen. Mittlerweile ist jedoch klar: Die Impfungen laufen schleppend. Das liegt zum einen am mangelnden Impfstoff, aber auch daran, dass nicht alle Menschen, die zur priorisierten ersten Gruppe zählen, Zugang zu einer Impfung haben. Zwar gibt es mittlerweile auch im Landkreis München frei verfügbare Termine in den Impfzentren; doch was ist mit alten Menschen, die zuhause leben, die dort gepflegt werden, die nicht mobil sind? Sie müssen sich selbst um einen Termin im Impfzentrum kümmern. Genau das wird für viele aber zum Problem. Eine Oberschleißheimerin, die sich ehrenamtlich um Senioren kümmert, fordert: "Die Anmeldung muss deutlich anders laufen."

Registrieren kann man sich telefonisch oder über das Internet. Gerade eine Online-Anmeldung ist für nicht wenige der über 80-Jährigen schlicht nicht machbar. Das schildern viele, die in der Seniorenarbeit tätig sind. Nicht alle der älteren Generation besitzen einen Computer oder gar ein Smartphone. Und nicht immer sei ein internetaffiner Angehöriger in der Nähe, der helfen kann. Die Telefonnummer, über die Senioren alternativ einen Termin vereinbaren können, sei durchgehend belegt, berichtet die Oberschleißheimer Helferin. "Ich weiß von einer Frau, die drei Tage lang gebraucht hat, um durchzukommen. Dann hat die Person am anderen Ende der Leitung ihr gesagt, dass sie an der falschen Stelle sei." Sie beobachtet eine gewisse Frustration bei vielen Senioren: "Sie wollen sich ja impfen lassen, aber wie?"

Unter anderem die Nachbarschaftshilfen im Landkreis würden die Senioren gerne bei der Terminvereinbarung unterstützen. "Viele scheitern schon an der Aufforderung, einen Link zu öffnen", sagt Margareta Förster, Geschäftsführerin der Nachbarschaftshilfe Haar. Sie und ihr Team würden helfen, doch viel sei nicht möglich. "Wir können den Leuten zwar erklären, wo genau sie klicken müssen oder welche Nummer sie wählen können." Die Anmeldung übernehmen könne die Haarer Nachbarschaftshilfe jedoch nicht. Der Grund: Bei der Registrierung werden auch sensible Angaben wie Vorerkrankungen abgefragt. Förster verweist auf den Datenschutz: "Solche Sachen müssen die Leute selbst eingeben."

In erster Linie seien zur Unterstützung die Angehörigen gefragt. Die Alzheimer-Gesellschaft des Landkreises argumentiert ähnlich. "Wir dürfen die Daten, die da abgefragt werden, gar nicht wissen", sagt Mitarbeiterin Ingrid Schmidt-Endraß. Der Verein biete zwar einen Fahrdienst zum Impfzentrum an, aber um den Termin müssten die Senioren sich vorab selbst kümmern. "Und das ist schwierig, selbst wenn sie einen Internetzugang haben", sagt Dieter Senninger, der sich in Unterhaching um die Herbstwind-Gruppen der Alzheimer-Gesellschaft kümmert. Oft scheitere eine Anmeldung auch daran, dass ein Ehepaar eine gemeinsame E-Mail-Adresse hat, für jede Person aber eine eigene benötigt wird. Inzwischen hat der Landkreis allerdings die Mitarbeiter für den Telefondienst aufgestockt.

Die Gemeinde Straßlach-Dingharting hat das Problem pragmatisch gelöst. Hier helfen die Mitarbeiterinnen, die sonst in den Kitas tätig sind, bei der Online-Registrierung. "Dabei bekommen unsere Senioren eine eigene E-Mail-Adresse von der Gemeinde, die auch von den Mitarbeitern verwaltet und nach der Impfung wieder gelöscht wird", sagt Bürgermeister Hans Sienerth. Die Älteren in der Gemeinde wurden von ihm und der Seniorenbeauftragten Gisela Lengersdorf angeschrieben, um das Angebot zu erläutern. Für diejenigen, die nicht so mobil sind, um zur Registrierung zu kommen, plant der Bürgermeister ebenfalls Hilfe. Möglicherweise werde die Seniorenbeauftragte die Daten bei einem Besuch notieren und anschließend die Berechtigten online registrieren.

Konkrete Angebote zur Unterstützung bei der Terminvereinbarung bieten auch die Nachbarschaftshilfen in Taufkirchen und Ismaning an. Doch beide kämpfen ebenfalls mit dem E-Mail-Problem: Hat ein Rentner kein eigenes Mail-Konto, können die Nachbarschaftshilfen derzeit nicht viel tun. "Wir klären das gerade noch mit unserer IT", sagt Andrea Roller aus Ismaning. "Eine Alternative wäre vielleicht, die Angaben per Post zum Impfzentrum zu schicken und die Mitarbeiter dort zu bitten, sie einzutragen." Andrea Schatz, Geschäftsführerin der Taufkirchner Nachbarschaftshilfe, ist sich ebenfalls noch unsicher, wie die Unterstützung aussehen wird. Aber sie sagt: "Wir haben die Kapazitäten, wir können unterstützen."

© SZ vom 30.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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