Neue Pandemie-Strategie:Mit Schnelltest ins Lokal

Lesezeit: 3 min

Schnelltests auf Antikörper sollen nach dem Willen von Landrat Christoph Göbel eine zumindest teilweise Rückkehr zum gesellschaftlichen Leben ermöglichen. (Foto: dpa)

Landrat Christoph Göbel plant ein Pilotprojekt, um nach dem Lockdown die Gastronomie sicher wieder öffnen zu können. In Unterschleißheim und Haar sollen spätestens im Januar Impfzentren bereitstehen.

Von Iris Hilberth, Landkreis München

Schnelltests und eine neue App auf dem Handy könnten nach Ansicht des Landrats Christoph Göbel (CSU) nach dem Lockdown eine "konkrete Lösung" für die Gastronomie und Veranstaltungen während der Corona-Pandemie bringen. Wie er bei einer Video-Konferenz am Donnerstag erläuterte, schwebt ihm ein Pilotprojekt im Landkreis vor. Gespräche darüber mit Vertretern von Hotels und Gaststätten liefen bereits. Pragmatische Lösungsansätze seien notwendig, "weil die Menschen ihr Leben brauchen", sagte der Landrat.

Die "Möglichkeit, auch in der Freizeit zusammen zu sein", könnte sich von Dezember an dadurch eröffnen, dass die Teilnehmer vor einer Veranstaltung in einem der Testzentren einen Schnelltest absolvieren und das Ergebnis auf dem Handy angezeigt wird. Wer negativ getestet wird, kommt rein. "Derjenige ist mit hoher Sicherheit nicht infektiös", sagte Göbel. Bei einem positiven Schnelltestergebnis würde eine Weitergabe an das Gesundheitsamt erfolgen und die Aufforderung zu einem PCR-Test durch Rachenabstrich. Jeder Teilnehmer müsse so auch automatisch seine Adresse hinterlassen, was in einem Infektionsfall eine Nachverfolgung von Kontaktpersonen ermögliche. Göbel würde dabei eine Teilung der Kosten favorisieren. Er rechnet mit einer Fallpauschale von weniger als zehn Euro, jeweils zur Hälfte müssten das Veranstalter und Besucher übernehmen. Probleme, genügend Testkits zu beschaffen, sieht der Landrat nicht. "Das ist nicht der limitierende Faktor", so Göbel. Vielmehr hänge die Umsetzung dieser Idee an ausreichend Personal, das die Tests vornehmen kann.

Immer noch ist das Infektionsgeschehen im Landkreis eineinhalb Wochen nach Beginn des Lockdowns hoch. Die Sieben-Tage-Inzidenz fiel zwar am Donnerstag mit 156,1 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in einer Woche etwas niedriger als die Tage zuvor aus, Göbel weiß aber auch, dass der Wert schwankt. Am Donnerstag meldete das Landratsamt immerhin 120 Neuinfektionen im Landkreis. Auch gibt es einen weiteren Todesfall im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Bei dem Verstorbenen handelt es sich um einen Mann Anfang 80. Es bestanden laut Behörde erhebliche multiple Vorerkrankungen. Die Gesamtzahl der Verstorbenen in Zusammenhang mit dem Coronavirus erhöht sich damit auf 99.

Landrat Göbel hofft, dass sich von kommender Woche an die Maßnahmen und Beschränkungen auf die Zahlen auswirken und die Kurve der Neuinfektionen vielleicht sogar leicht nach unten geht. Bereits jetzt merke man, dass sich die Herbstferien bemerkbar machten und inzwischen weniger Schulen betroffen seien. Die Quarantäne von vielen Schülern laufe jetzt aus. Allerdings sind auch wieder Bildungs- und Betreuungseinrichtungen dazugekommen. Aktuell müssen Klassen aus 21 Schulen und Kinder aus 22 Kitas zu Hause bleiben. "Rapide nach unten wird es nicht gehen", sagte Göbel. Zielwert sei eine Sieben-Tage-Inzidenz von 50, dann könne die Nachverfolgung wieder geordnet laufen. Das sei bei so hohen Inzidenz-Werten wie derzeit nicht der Fall.

Nach wie vor erreichen den Landrat täglich E-Mails mit der Argumentation, die Zahlen seien nur so hoch, weil so viel getestet werde. Zwischen 1500 und 1700 Tests werden derzeit an Werktagen im Landkreis vorgenommen, tausend alleine im Testzentrum Haar. An Wochenenden sind es in der Regel täglich 1300. Mit eingerechnet ist darin noch nicht das neue Testzentrum in Neuried. "Die vielen Tests dienen der Aufdeckung bestehender Infektionen, nur so können wir schnell und gut handeln", entgegnet Göbel den Kritikern dieser Strategie. Daher ist inzwischen auch ein mobiles Testzentrum im Einsatz, derzeit noch ein Zwei-Personen-Team des Malteser Hilfsdiensts, das Reihentestungen in Asylbewerberunterkünften und von Freitag an auch schwerpunktmäßig in Pflege- und Behinderteneinrichtungen vornimmt. Derzeit sind 38 Bewohner in sieben Alten- und Pflegeheimen positiv auf Corona getestet worden. Zudem befinden sich 34 Mitarbeiter aus 17 Einrichtungen in Quarantäne. Unter den Asylbewerbern gibt es fünf akute Fälle, 47 Bewohner der Unterkünfte gelten als Kontaktpersonen der Kategorie 1.

Bereits angelaufen sind die Planungen für zwei lokale Impfzentren in Haar und Unterschleißheim. Eine Verteilung solcher Einrichtungen über den gesamten Landkreis werde es nicht geben. In Haar und in Unterschleißheim sei die entsprechende Infrastruktur vorhanden, um spätestens im Januar mit den Impfungen zu beginnen. Für medizinisches Personal könnte es bereits im Dezember so weit sein. Eine Lagerung des Impfstoffs sei in den zwei Zentren nicht vorgesehen, denn diese erfordere eine Ultratiefkühlung bei minus 70 Grad.

© SZ vom 13.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Corona in Heimen
:Die unsichtbare Gefahr

Nach einer Vielzahl von Todesfällen während des Frühjahrs rüsten sich die Altenheime mit Hygienekonzepten und Reihenuntersuchungen für den bevorstehenden Corona-Winter. Der Landkreis verfügt bereits über 5400 Schnelltests, weitere 30 000 Einheiten sind bestellt

Von Martin Mühlfenzl

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: