Passionskonzerte:Epik statt Esel

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Bei einem Jubiläumskonzert der Chorvereinigung Haar werden neben Musicalsongs unter anderem Stücke von Verdi und Bizet zu hören sein. (Foto: Veranstalter)

Die Chorvereinigung Haar, die heuer ihr 75-Jähriges feiert, führt mit Bachs Matthäuspassion am Palmsonntag ein Gipfelwerk der Kirchenmusik auf. Auch an anderen Orten im Landkreis darf sich das Publikum auf vorösterliche Klänge und Rituale freuen.

Von Udo Watter, Haar

Langschläfer, die Singles sind, brauchen am kommenden Sonntag nichts zu befürchten. Falls sie die Nacht in einer, der kirchlichen Moralvorstellung angemessenen Art verbringen, wird niemand am Morgen mitbekommen, dass sie das Bett zu einer unchristlich späten Zeit verlassen. Wer freilich mit der Familie zusammenwohnt und als Letzter aus den Federn hüpft, dem droht der schöne Spott-Titel "Palmesel".

Der Palmsonntag - so benannt nach dem Einzug Jesu auf einem Esel in Jerusalem (wobei ihn das Volk nach biblischer Überlieferung mit Palmzweigen willkommen hieß) - ist der letzte Sonntag der Fastenzeit und zugleich der Beginn der Karwoche. Musikalisch gesehen beginnt diese freilich schon eher, wirft ihre Schatten voraus: So gab es bereits in den vergangenen Tagen im Landkreis München diverse Passionskonzerte oder "Stabat Mater"-Aufführungen, in Unterhaching durfte das Publikum am Freitag sogar eine getanzte Version von Bachs Johannes-Passion erleben.

Während die Johannes-Passion als die dramatisch dichtere angesehen wird, gilt Bachs Matthäus-Passion als ein besonders episches und erhabenes Kunstwerk, als spirituell noch reifere Auseinandersetzung des Komponisten mit Leiden und Sterben Christi. In jedem Fall ist sie umfangreicher und größer besetzt als die Johannes-Passion, zahlreiche Dirigenten von Weltruf wie Wilhelm Furtwängler, Otto Klemperer, George Solti oder Nikolaus Harnoncourt haben sie als Album eingespielt.

Im Haarer Bürgersaal wird am Palmsonntag Michael Clemens Frey den Dirigierstab in den Händen halten, wenn dort die Chorvereinigung Haar die Matthäuspassion aufführt. Er genießt vielleicht keinen weltweiten Bekanntheitsgrad, aber als Leiter diverser Chöre im Raum München und Geschäftsführer der Musikschule Unterföhring mindestens Renommee in der Region. Frey, der auch ob seines mitunter sehr farbenfrohen Outfits auffällt, hat das traditionsreiche Haarer Vokalensemble, dessen Leiter er seit 2014 ist, mit seiner anspruchsvollen Herangehensweise in den vergangenen Jahren durchaus noch mal zu neuen Qualitätsebenen geführt. "Er kann Musik ganz toll vermitteln", sagt Ute Junginger-Bachmann, Sopranistin und zuständig für die Pressearbeit im Chor. Mit der Aufführung von Bachs Matthäuspassion eröffnet die Chorvereinigung Haar zugleich ihr Jubiläumsjahr: Sie feiert heuer ihr 75-Jähriges.

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Das 1948 gegründete Ensemble hat die schwierige Pandemie-Jahre relativ gut überstanden, etwa mit Hilfe von Zoom-Meetings und Außenproben, und sogar neue Mitglieder dazu gewonnen. Die bereits für 2020 einstudierte Matthäuspassion wurde quasi im Repertoire wachgehalten. "Wir haben es geschafft, unser Chorleben aufrecht zu erhalten", resümiert Junginger-Bachmann. Sie freut sich auf die Aufführung des "sehr, sehr bewegenden" Werkes, das mit seinen Chorälen und Arien und seiner umfangreichen Besetzung tiefen Eindruck macht. Neben der durch Gastsänger verstärkten Chorvereinigung Haar werden im Bürgersaal auftreten: die Solisten Maria Czeiler (Sopran), Melanie Arnhold (Alt), Christoph Birgmeier (Tenor) und Daniel Weiler (Bass) sowie das Orchester der Chorvereinigung. Der Namen "Chorvereinigung" rührt im Übrigen daher, dass bei der Gründung nach dem Krieg zwei frühere Chöre wieder zu einem zusammenschmolzen: der Männerchor der Pfleger aus der Haarer Anstalt, der ursprünglich 1921 gegründet wurde, und die Sängerrunde Haar (1926). Beide Ensembles hatten während des Krieges aufgehört zu existieren, der erste Chorleiter war Karl Hackl (bis 1987). Die Historie ist ausführlich nachzulesen auf www.chorvereinigung-haar.de.

Auch an anderen Orten im Landkreis wird in dieser Woche, speziell am Palmsonntag, musikalisch dem kommenden, höchsten Fest der Christenheit Tribut gezollt. Eine kleine Auswahl: In der Ottobrunner Michaelskirche gibt es am 2. April ein Passionskonzert, Beginn 19 Uhr. Auf dem Programm stehen Franz Liszts Via crucis, "Die 14 Stationen des Kreuzwegs" für gemischten Chor, Solo und Orgel sowie Max Regers Choralkantate "O Haupt voll Blut und Wunden". Aufführende sind der Tenor Qwon Han, die Violinistin Uta Reichel, die Oboistin Irene Draxinger und an der Orgel Henrik Behrens. Sprecherin ist Angela Jacobi, zudem wird die Kantorei der Michaelskirchengemeinde unter Leitung von Christoph Demmler singen. Der Eintritt ist frei.

Palmweihe und Prozession in Aying. (Foto: Claus Schunk)

Ebenfalls in Ottobrunn gibt es in St. Magdalena am Palmsonntag von 10.30 Uhr an einen Familiengottesdienst mit Palmweihe. Der Kinderchor wird die Zeremonie mit einer gesungenen Passion begleiten. Eucharistiefeiern inklusive Palmweihe finden am Sonntag auch in Aying statt, einmal ab 8.30 Uhr Uhr an der Pfarrkirche St. Andreas mit anschließender Prozession zur Marterkapelle, und von 10.30 Uhr an am Springerkreuz inklusive Palmweihe mit anschließender Prozession zur Pfarrkirche.

Die Gelegenheit zur Palmweihe findet sich am 2. April auch in Unterschleißheim: ab 10 Uhr am Gasthaus Alter Wirt mit darauf folgender Prozession zur Neuen Kirche. Für die musikalische Flankierung zeichnet die Stadtkapelle Unterschleißheim unter Leitung von Michael Kavelar verantwortlich. Während der Messe in der Kirche wird der Kinder- und Jugendchor St. Ulrich unter Leitung von Matthias Berthel neue geistliche Lieder zur Passion singen.

Karten für das Konzert der Chorvereinigung Haar am Sonntag, 2. April, sind zu 25 Euro, für Schüler zehn Euro, bei Schreibwaren Willerer in Haar und an der Abendkasse erhältlich. Das Konzert im Bürgersaal beginnt um 17 Uhr.

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