Bundestagswahl 2017:Florian Hahn: "Wollen uns die Verluste zurückholen"

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Einer der wenigen schönen Momente für Florian Hahn am Sonntagabend: Der CSU-Bundestagsabgeordnete lässt sich von Ehefrau Tina bei der Party in Putzbrunn zur Wiederwahl beglückwünschen. (Foto: Claus Schunk)

Der CSU-Abgeordnete zeigt sich überrascht vom Einbruch seiner Partei. Fehler etwa in der Asylpolitik mag der Putzbrunner nicht erkennen - aber in der Kommunikation.

Von Stefan Galler, Putzbrunn

Die Nacht war kurz: Am Morgen nach der Wahl machte sich Florian Hahn früh auf den Weg nach München, schließlich galt es für die CSU, das Wahlergebnis aufzuarbeiten. Eine mehrstündige Vorstandssitzung folgte, erst am Nachmittag konnte der Direktabgeordnete aus Putzbrunn, der zum dritten Mal den Einzug in den Bundestag geschafft hat, sein persönliches Ergebnis bewerten.

SZ: Man konnte Ihnen am Wahlabend ansehen, wie sehr Sie die Ergebnisse mitgenommen haben. Was ging Ihnen durch den Kopf, als sich abzeichnete, wie hoch die Verluste der CSU sein würden?

Florian Hahn: Natürlich war die Enttäuschung groß, nach einer famos gekämpften Schlacht insgesamt mit solchen Verlusten vom Platz zu gehen. Auch wenn sich in den vergangenen Tagen angekündigt hatte, dass es zu Verlusten kommen würde, war das Ausmaß schon überraschend.

Ihr Ergebnis ist im Gegensatz zu dem der CSU in Bayern akzeptabel. Sie haben Ihr Direktmandat klar verteidigt, liegen bei den Erststimmen sechs Prozentpunkte vor den Zweitstimmen für Ihre Partei im Landkreis. Dennoch mussten auch Sie persönlich Verluste hinnehmen. Wie werten Sie selbst das Ergebnis?

Meine Verluste bei den Erststimmen (9 Prozent, Anm. d.Red.) sind geringer als der Landesschnitt. Das spricht dafür, dass wir insgesamt ordentliche Arbeit abgeliefert haben. Wir wollen uns die Verluste natürlich in Zukunft wieder zurückholen.

Schon Sonntagabend mehrten sich Stimmen in der CSU, die den Parteivorsitzenden Horst Seehofer als Hauptverantwortlichen für die herben Verluste ausmachten - auch auf Ihrer Wahlparty in Putzbrunn.

Wie ist Ihre Meinung dazu? Horst Seehofer hat in der heutigen Vorstandssitzung klar gesagt: Als Parteivorsitzender trägt er auch die Hauptverantwortung für das Abschneiden bei Wahlen. Wir sind eine Parteienfamilie und werden jetzt gemeinsam überlegen, wie wir mit dem Ergebnis umgehen. Es wäre jedenfalls falsch, sich jetzt gegenseitig zu zerfleischen.

Nun hat die CSU im Wahlkampf relativ markige Worte benutzt, dennoch liefen der AfD auch in Bayern viele Menschen zu. Ganz konkret: Muss sich an der Flüchtlingspolitik der CSU etwas ändern?

An unserer Asylpolitik muss sich nichts ändern, wir müssen sie aber noch konsequenter durchsetzen. Die meisten Entscheidungen, etwa die Aussetzung des Familiennachzuges, tragen die Handschrift der CSU. Offensichtlich ist es aber nicht gelungen, in der Öffentlichkeit klar herüberzubringen, dass die CSU hier ein Korrektiv in der Bundesregierung war.

Der AfD-Direktkandidat aus dem Landkreis, Gerold Otten, hat über die Liste den Sprung in den Bundestag geschafft. Er bezeichnet sich - wie Sie selbst - als Sicherheits- und Verteidigungsexperte. Hatten Sie schon Berührungspunkte mit ihm und wie werden Sie ihm begegnen?

Ich kenne Herrn Otten nicht und habe ihn auch noch nicht als Sicherheits- oder Verteidigungsexperten wahrgenommen. Prinzipiell begegne ich aber allen AfD-Mitgliedern sehr skeptisch. Wenn man in einer Partei ist, die offensichtlich Rechtsradikale in ihren Reihen hat, vermittelt man mindestens den Eindruck, dass man diese duldet.

Sie sagten schon am Sonntag, dass das Votum für Sie als klarer Wählerauftrag zu verstehen ist, die Politik für den Landkreis München in Berlin fortzuführen. Was sind Ihre politischen Ziele für Ihren Wahlkreis für die nun beginnende Legislaturperiode?

Es geht weiterhin darum, den Forschungs- und Hochschulstandort München-Land zu stärken. Wir müssen die Situation der Menschen beim Thema Verkehr noch einmal deutlich verbessern. Und wir dürfen nicht die Schwächeren und Hilfebedürftigen übersehen. Beispielsweise beim Wohnungsbau oder bei der Unterstützung von Alleinerziehenden.

Vor der Wahl haben Sie stets betont, keine Ambitionen zu hegen, nach der Wahl in Berlin zu einem großen Karrieresprung anzusetzen. Jetzt sind die Stimmen ausgezählt, die Fraktionen ordnen sich neu. Hat sich an der Aussage von vor der Wahl schon etwas geändert?

Natürlich nicht. Das spielt zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt kein Rolle, schließlich haben noch nicht einmal Koalitionsverhandlungen begonnen.

Der Landkreis wird im neuen Bundestag mit insgesamt fünf Abgeordneten vertreten sein, bisher war neben Ihnen nur der Grüne Anton Hofreiter aus Sauerlach im Parlament gesessen. Geht der Landkreis München insgesamt gestärkt aus der Wahl hervor?

Wir wollen schon festhalten, dass es auch weiterhin nur einen Direktabgeordneten gibt - und das bin ich. Um die Interessen des Landkreises zu vertreten, ist es natürlich im Zweifel nicht schlecht, Mitkämpfer zu haben. Voraussetzung ist jedoch, dass man inhaltlich übereinstimmt. Und da gehe ich davon aus, dass das beim FDP-Kollegen Jimmy Schulz häufiger der Fall sein wird als beim Kollegen Hofreiter.

© SZ vom 26.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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