Böllerei  an Silvester:Bis es knallt

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In Höhenkirchen-Siegertsbrunn wird das zentrale Feuerwerk von der Feuerwehr organisiert. (Foto: Claus Schunk)

In Haar und Höhenkirchen-Siegertsbrunn werden zum Jahreswechsel zentrale Feuerwerke gezündet - auch um die Umwelt und Tiere zu schonen. Manch einer fordert gar ein generelles Verbot der Böllerei

Von Bernhard Lohr, Landkreis

Die Begeisterung über Raketen und Kracher scheint ungebrochen. Das zeigen die Summen, die Jahr für Jahr fürs Silvesterfeuerwerk ausgegeben werden. Doch die Rufe werden lauter, auf die private Knallerei zu verzichten und es so zu machen, wie es in zwei Gemeinden im Landkreis seit Jahren Brauch ist. In Haar richtet das Rathaus im Sportpark ein zentrales Feuerwerk aus und bittet die Bürger, das Geld, das sie beim Kauf von Feuerwerkskörpern sparen, der Bürgerstiftung zu spenden.

In Siegertsbrunn übernimmt die Feuerwehr das Spektakel. Kommandant Sebastian Walch sieht dabei für Mensch, Tiere und Umwelt einfach nur Vorteile.

Während die Gemeinde und die Feuerwehrler es beim Angebot belassen, sich der gemeinsamen Feierei anzuschließen, gibt es mehr und mehr Menschen, die Verbote einfordern und auch organisiert gegen die lautstarke Silvestergaudi vorgehen. Manfred und Elisabeth Reithmayer aus Kirchheim gehören zu diesen Aktivisten, die sich in jüngster Zeit in München Gehör verschafften, als sie auf mehreren Bürgerversammlungen auftraten und Mehrheitsbeschlüsse herbeiführten, das Silvesterfeuerwerk zu verbieten. In sozialen Netzwerken finden die Gegner der Knallerei zusammen. Elisabeth Reithmayer sammelt wie ihr Mann noch klassisch auf Papier Unterschriften. Beide sind in der Tierschutzpartei engagiert. "Das ist ja Krieg für Hunde und Katzen", sagt sie.

Besonders litten die Wildtiere, gerade auch Vögel. Aber auch über den Feinstaub, die Geldverschwendung und die Gedankenlosigkeit kann sie sich ärgern, was Menschen angetan wird, die aus Kriegsländern als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind. "Es gibt nur Gründe dagegen", sagt sie.

Die Erkenntnis jedenfalls, dass das Silvesterfeuerwerk keine ungetrübte Freude ist, hat vor bald 20 Jahren die Gemeinde Haar dazu bewogen, das Ganze etwas zu kanalisieren. Gemeinsam mit den Gemeindewerken wird im Sportpark Eglfing ein Feuerwerk abgebrannt, zu dem jeder dazukommen kann. Ausdrücklich verbunden ist dieses Angebot mit der Hoffnung, dass andernorts weniger geböllert wird, damit die Umwelt sowie Haus- und Wildtiere profitieren. Außerdem kamen vergangenes Jahr 5000 Euro an Spenden zusammen, die von der Bürgerstiftung an Bedürftige in der Gemeinde weitergegeben wird - "damit alle eine guten Start ins Jahr 2019 haben", wie es aus dem Rathaus heißt. Ein ausdrückliches Verbot gibt es auch: Auf dem Gelände des Sportparks ist das private Zünden von Feuerwerkskörpern untersagt, damit niemand in der Menschenmenge gefährdet wird.

Verbote im Umkreis historischer Gebäude

Dabei hält man sich mit Verboten im Landkreis noch zurück. Gemeinden könnten deutlich stärker eingreifen, wie es andernorts auch schon passiert. Hannover etwa hat ein Verbot für die Innenstadt verhängt, so wie in Bayern etwa die Stadt Straubing. Oft werden Verbote im Umkreis von historischen Gebäuden ausgesprochen. In Nürnberg gilt das für das Gebiet rund um die Burg, in München rund um das Schloss Nymphenburg und im Landkreis München am Schloss Schleißheim.

Seit dem Jahr 2009 ist nach dem Sprengstoffgesetz sogar grundsätzlich untersagt ist, in unmittelbarer Nähe historischer, denkmalgeschützter Gebäude Feuerwerkskörper abzubrennen. Auch Kirchen, Krankenhäuser, Kinder- und Altenheime sind mit einbezogen, um die Bewohner und Patienten zu schützen.

Viele ignorieren das allerdings. So wie viele auch Warnungen außer Acht lassen, nur geprüfte Feuerwerkskörper zu nutzen. Kreisbrandrat Josef Vielhuber beobachtet Jahr für Jahr die Folgen solchen Leichtsinns. So sicher wie die Tatsache, dass um Mitternacht ein neues Jahr beginnt, ist für ihn, dass kurz darauf eine der Feuerwehren im Landkreis ausrückt. "Man kann darauf warten", sagt er. Immer wieder komme es in Hochhaussiedlungen zu Balkonbränden, weil sich eine Rakete verirre. Manche Feuerwehren richteten sogar Bereitschaftsdienste im Gerätehaus ein, damit bei Alarm schnell reagiert werden könne.

In Siegertsbrunn freilich sind die Feuerwehrler sowieso schon beisammen, wenn am Gemeindestadel, nicht weit vom Feuerwehrhaus, die Party für alle steigt und der Feuerwerk-Experte und Feuerwehr-Kamerad Stefan Röckl ein Profifeuerwerk entzündet. Hunderte kommen dann dorthin, feiern mit und helfen mit Spenden, das Feuerwerk zu finanzieren. Kommandant Sebastian Walch findet es eine gelungene Sache, seit 2009 gemeinsam ins neue Jahr reinzufeiern. "Alle, die da sind, schwärmen", sagt er und findet es einen schönen Nebeneffekt, dass in der Gemeinde am Neujahrstag sichtbar weniger Müll herumliegt.

Die zentrale Silvesterfeier mit einem gut organisierten Feuerwerk findet viele Anhänger. Kreisbrandrat Vielhuber hält es für "eine ganz gute Idee". Und auch Tierschützer Manfred Reithmayer aus Kirchheim sagt: Wenn man schon mit Feuerwerk feiern wolle, dann doch gemeinsam. "Das ist nicht so laut und optisch schöner."

© SZ vom 27.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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