Berufsorientierung:Mehr als nur Praktika

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Die Zuständige für die Bildungspartnerschaften Tatjana Graf begrüßt Schüler, Vertreter der IHK und der lokalen Wirtschaftsvertreter im Gymnasium Höhenkirchen-Siegertsbrunn. (Foto: Sebastian Gabriel)

Das Gymnasium Höhenkirchen-Siegertsbrunn pflegt Bildungspartnerschaften mit vier Unternehmen aus der Region. Bei einem Infotag tauschen sich Firmenvertreter und Schüler aus - profitieren sollen alle davon.

Von Patrik Stäbler, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

An der Tür prangt das Konterfei von Ludwig Quidde, darunter einige Infos zu dieser "historischen Persönlichkeit des Monats", so die Überschrift. Daneben hängen an der Wand ein buntes Plakat über "Waffen & Rüstungen" des Mittelalters sowie selbst gestaltete Schaubilder zum antiken Rom - vom Circus Maximus bis zur Via Appia. Kurzum, in diesem Klassenzimmer des Gymnasiums Höhenkirchen-Siegertsbrunn ist auf den ersten Blick erkennbar, was den jungen Menschen hier vermittelt wird - in diesem Fall im Fach Geschichte. Doch nebst solchen klassischen Lehrinhalten sollen die Schülerinnen und Schüler, nachgerade der älteren Jahrgänge, auch einen Einblick in die Berufswelt erhalten. "Wir wollen schon lange kein Elfenbeinturm mehr sein", sagt Schulleiterin Claudia Gantke. "Die Öffnung in Richtung Wirtschaft ist wichtig für uns."

Im Gymnasium Höhenkirchen-Siegertsbrunn läuft diese Öffnung unter anderem über sogenannte Bildungspartnerschaften mit Unternehmen aus der Region, die von der IHK für München und Oberbayern begleitet und unterstützt werden. Hierzu hat die Schule bislang mit vier Firmen entsprechende Verträge abgeschlossen: der in Neuperlach ansässigen BSH Hausgeräte, dem Brauereigasthof Aying, der auf Mess- und Regeltechnik spezialisierten Ketek GmbH aus Perlach und dem Pullacher Chemieunternehmen United Initiators. Diese Betriebe haben am Montagnachmittag allesamt Vertreterinnen und Vertreter an die Schule entsandt - meist Auszubildende, die den Schülerinnen und Schülern der elften Klasse Tipps für deren Berufsweg geben, ihre Firmen vorstellen und Fragen beantworten.

Die Unternehmen tun sich inzwischen "höllisch schwer", Fachkräfte zu finden

Nebst solchen Infoveranstaltungen würden die Partnerfirmen die Schule beispielsweise auch bei Bewerbungstrainings unterstützen, sagt Tatjana Graf, die als Koordinatorin für berufliche Orientierung (KBO) die zentrale Ansprechperson für derlei Dinge am Gymnasium ist. Überdies böten die Firmen den Schülern Ferienjobs und Praktika an und stünden ihnen auch sonst beratend zur Seite. "Es ist einfach was anderes, wenn man bei einem Unternehmen einen konkreten Ansprechpartner hat - und nicht nur das Karriereportal im Internet", sagt Tatjana Graf. Und auch Florian Kaiser von der IHK betont: "Die Bildungspartnerschaften sind ein super Instrument für Schüler, um die Wirtschaft kennenzulernen." Die Firmen wiederum könnten auf diesem Wege Kontakte zu jungen Menschen knüpfen, um sie womöglich einmal als Mitarbeiter zu gewinnen. Denn, so Kaiser: "Die Unternehmen in Bayern tun sich inzwischen in fast allen Branchen höllisch schwer, Fachkräfte zu finden."

Amelie Stiglmair jedenfalls findet es gut, dass an ihrer Schule über den Tellerrand und in Richtung Berufswelt geblickt wird. "Oft hat man vor lauter Klausuren und dem Schulalltag ja gar nicht die Zeit, sich hinzusetzen und selbst zu orientieren", sagt die Elftklässlerin. "Da ist es gut, wenn man einen kleinen Anstoß von außen bekommt." Sie hat sich beim Unternehmenstag für die Angebote der Firmen Ketek und United Initiators angemeldet. "Das ist eine schöne Möglichkeit, um einmal einen Einblick in die Wirtschaft zu bekommen", sagt Amelie Stiglmair. In den vergangenen zwei Jahren seien derlei Angebote aufgrund der Pandemie so gut wie unmöglich gewesen, bedauert Florian Kaiser von der IHK. "Da lag die ganze Berufsorientierung wegen Corona brach am Boden. Deshalb müssen wir da jetzt wahnsinnig viel aufholen." Schließlich habe er selbst im Gespräch mit vielen Jugendlichen "eine gewisse Perspektivlosigkeit erlebt", so Kaiser.

Die 17-jährige Amelie Stiglmair dagegen hat bereits relativ klare Vorstellungen, wie es bei ihr nach dem Abitur weitergehen soll. Sie wolle auf jeden Fall studieren, sagt sie, vermutlich eine Kombination aus Medizin und BWL. Dass bei den Bildungspartnerschaften gerade auch das duale Studium oder eine Ausbildung als Alternative zur Universität vorgestellt würden, bewertet die Elftklässlerin dennoch positiv. "Ich kenne viele, die gar nicht gewusst haben, welche Möglichkeiten es in diesem Bereich gibt", sagt Stiglmair. Entsprechend groß sei hier der Informationsbedarf. Denn, so sagt die 17-Jährige und grinst: "Die Zukunft kommt schneller als erwartet."

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