Asyl:Mit Bleiberecht, aber ohne Bleibe

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Weil anerkannte Flüchtlinge auf dem Wohnungsmarkt wenig Chancen haben, bringen die Gemeinden sie auch in Unterkünften unter, die eigentlich für Asylbewerber gedacht sind. Im Bild eine Einrichtung in Höhenkirchen-Siegertsbrunn. (Foto: Claus Schunk)

Knapp ein Viertel der 4500 Flüchtlinge im Landkreis ist mittlerweile anerkannt. Diese Menschen müssten sich eigentlich selbst eine Wohnung suchen. Weil das unrealistisch ist, helfen ihnen der Landkreis und die Gemeinden.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Wie groß die Not in allen 29 Städten und Gemeinden des Landkreises ist, verdeutlicht ein Beispiel aus der Gemeinde Sauerlach. Dort wollte der Gemeinderat auf einem bestens geeigneten Grundstück eine feste Unterkunft für Flüchtlinge errichten. Keine Container-Siedlung, sondern echte, wohnliche Häuser. Doch eine seltene Schlangenart machte der Gemeinde einen Strich durch die Rechnung, verzögerte das Projekt immer wieder, bis das Landratsamt seine Zustimmung zu der Unterkunft ganz verweigerte. Jetzt hat Sauerlach beschlossen, dort trotzdem Häuser mit vergünstigtem Wohnraum zu schaffen. Denn Bürgermeisterin Barbara Bogner (Unabhängige Bürgervereinigung) sagt, gebaut werden müsse ohnehin angesichts der Not auf dem Wohnungsmarkt.

Die trifft insbesondere all jene, die auf dem freien Markt nach einer Bleibe Ausschau halten. Dazu gehören qua Gesetzeslage auch die anerkannten Flüchtlinge, die nach Erhalt dieses Status eigentlich aus den Unterkünften des Landkreises ausziehen und sich eine eigene Wohnung suchen müssten. Doch diese Regelung, das sieht mittlerweile auch die Regierung von Oberbayern in Teilen ein, ist gerade in Regionen wie dem Landkreis München nicht durchzuhalten.

Die Regierung duldet Fehlbeleger in ihren Unterkünften

Sie entspricht daher eine Forderung vieler Bürgermeister und auch des Münchner Landrats Christoph Göbel (CSU) und gestattet den Landkreisen und Kommunen, Fehlbeleger weiterhin zu beherbergen. Das ist insofern keine Selbstverständlichkeit, als die Regierung von Oberbayern als staatliche Mittelbehörde die Kosten zu tragen hat - aus Sicht der Bürgermeister und Landräte aber führt daran kein Weg vorbei. So macht Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) deutlich, dass in der für etwa 200 Asylbewerber konzipierten Siedlung am Kathi-Weidner-Weg auch Fehlbeleger unterkommen werden. Anders, sagt Loderer, sei die Unterbringung kaum zu managen - und die Menschen dürften nicht alleine auf der Straße gelassen werden.

Im Landkreis München leben derzeit insgesamt 852 anerkannte Flüchtlinge, also Fehlbeleger, in den Unterkünften des Landkreises zur dezentralen Unterbringung. Das entspricht in etwa 20 Prozent aller aktuell von der Stabsstelle Asyl im Landratsamt untergebrachten Schutzsuchenden. "Es ist ungeheuer schwer, genügend Wohnungen zu finden", sagt ein Mitarbeiter der Stabsstelle. "Aber es gibt auch Fortschritte."

Eine Direktive erschwert die dezentrale Unterbringung

Den Bestrebungen der Behörde, vor allem von Privatpersonen Wohnraum zu mieten, steht aber eine Direktive der Regierung von Oberbayern entgegen, nach der derzeit eigentlich keine neuen Objekte mehr angemietet werden sollen. Diese Anweisung geht auf einen Kabinettsbeschluss der Staatsregierung zurück: Asylbewerber sollen demzufolge in erster Linie in Liegenschaften des Bundes und des Freistaats untergebracht werden. Ein CSU-Bürgermeister aus dem Landkreis München sagt, dies stehe den Bestrebungen der Kommunen, die Flüchtlinge dezentral unterzubringen, "diametral entgegen".

Dennoch sind bei der Unterbringung von Fehlbelegern und auch der nicht anerkannten Flüchtlinge weitere Fortschritte zu erkennen. 187 Asylbewerber sind mittlerweile tatsächlich in eigene Wohnungen gezogen. Oftmals erhalten sie bei der Suche nach einer eigenen Bleibe Unterstützung von den Helferkreisen in den Städten und Gemeinden - aber auch die Verwaltungen in den Rathäusern selbst nehmen sich in vielen Fällen der anerkannten Flüchtlingen an. Und deren Zahl steigt weiter; immer schneller werden die Asylanträge vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) bearbeitet, sodass die Quote anerkannter Flüchtlinge im Landkreis München mittlerweile bei etwa 23 Prozent liegt. In Zahlen ausgedrückt: 1039 von 4509 Schutzsuchenden in den 29 Städten und Gemeinden besitzen diesen Status.

Fast alle Traglufthallen sind abgebaut

Auch der Auszug der Menschen aus den Traglufthallen, sagt Landratsamtssprecherin Christine Spiegel, habe gut funktioniert. In den Hochzeiten waren sieben dieser provisorischen Unterkünfte für jeweils bis zu 300 Menschen in Betrieb; derzeit sind es noch zwei in Unterhaching und Haar. Größtenteils, sagt Spiegel, seien die Asylbewerber in bessere sogenannte Anschlussunterkünfte im Landkreis verlegt worden; etwa in Containerunterkünfte sowie umgebaute oder neu gebaute Herbergen.

Ziel sei es stets gewesen, die Asylbewerber in ihrer bisherigen Gemeinde zu belassen. "Um die bereits erfolgte Integration zu würdigen und zu stärken und die geknüpften Verbindungen zu den Helferkreisen und Gemeindebewohnern fortbestehen zu lassen", sagt Spiegel. Nahezu alle Bewohner der Unterföhringer Traglufthalle konnten dementsprechend in den Ende November fertig gestellten Neubau an der Bahnhofsstraße umziehen. Die meisten Bewohner der Haarer Halle sind bereits in dem umgebauten Bürogebäude in der Hans-Pinsel-Straße untergekommen. In manchen Fällen, sagt die Sprecherin des Landratsamts, sei es auch gleich gelungen, Wohnungen zu vermitteln.

© SZ vom 28.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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