Kreis und quer:Ulknudeln

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Wer macht eigentlich noch Aprilscherze? Es gibt tatsächlich noch einige. Und sogar Leute, die darauf hereinfallen.

Kolumne von Iris Hilberth

Der Nudelanbau in der Schweiz hat eine lange Tradition. Ganz nach italienischem Vorbild werden hier schon lange Spaghetti gezüchtet. Bereits 1957 sagte BBC-Moderator Richard Dembleby in der Sendung Panorama: "Viele von Ihnen haben schon einmal die weiten Spaghetti-Plantagen der Poebene gesehen." Man zeigte Bäuerinnen im Tessin, wie sie Nudeln pflückten und zum Trocknen aufhängten. Es ging in dem Beitrag um den gefürchteten Spaghetti-Käfer, um Rekordernten und die Züchtung der perfekten Pasta. So ein Unsinn? Stimmt.

Heute würde das wohl niemand mehr glauben. Aber damals waren Spaghetti zumindest in Großbritannien doch noch etwas exotisch. Viele Fernsehzuschauer sind auf diese Story hereingefallen, einige haben sich sogar im Sender nach Nudelbäumen erkundigt, manche sollen sich ziemlich geärgert haben. Über die sonst so seriöse BBC. Vor allem wohl über sich selbst, weil sie nicht einfach mal auf den Kalender geschaut hatten.

Der Beitrag ging in die Geschichte besonders kurioser Aprilscherze ein. Zu den Nudelbäumen gesellten sich im Lauf der Jahre vermeintliche Sensationen wie der "heißblütige Nackteisbohrer"des US-Magazins Discover, der Burger für Linkshänder einer Fast-Food-Kette und die Geschwindigkeitsbeschränkung für Jogger in Köln zum Schutz der Eichhörnchen in der Paarungszeit, die der WDR meldete. Was haben wir gelacht!

"Ach was!", würde Loriot sagen. Auch ein knappes "Aha!" wäre denkbar, und alles wäre darüber gesagt, wie man heute über solche Scherze denkt. Witze von früher finden nachfolgende Generationen oft seltsam bis peinlich. Bestenfalls langweilig. Keine 19-Jährige lacht heute noch über "Dinner for One". Und bei Ottos Ostfriesen im Briefmarkenladen - "eine 40-Pfennig-Marke, aber machen Sie bitte den Preis ab, soll ein Geschenk sein" - zucken Teenies mitleidig mit den Schultern.

Mit den Aprilscherzen ist das ähnlich. Sie sind irgendwie aus der Mode gekommen. In Zeiten von Fake News ist der Bedarf an erfundenen Storys übers gesamte Jahr gedeckt. Zugleich finden die absurdesten Meldungen unter Verschwörungstheoretikern dauerhaft Empfänger. Dafür braucht keiner ein besonderes Datum. Außer im Landkreis München. Da halten einige offenbar an diesem Brauch des legitimierten Flunkerns fest.

Kerstin Schreyer, CSU-Landtagsabgeordnete aus Unterhaching, konnte auf Facebook mit der Nachricht, bei der Bürgermeisterwahl ihrer Heimatgemeinde antreten zu wollen, viele ihrer Anhänger in den April schicken. Die haben ihr massenhaft zu dieser "Entscheidung" gratuliert. Doch dass in Grasbrunn jetzt Verkehrsinseln zum Anbau von Cannabis angeboten werden, das hat niemand geglaubt. Denn die sind schon für die Spaghetti reserviert.

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