SZenario:Wie die Tischkultur nach München kam

Lesezeit: 1 min

Daumen hoch, es läuft ja gut am Viktualienmarkt: (von links) Caspar-Friedrich Brauckmann, Susanne Linn-Kustermann und André Garcia. (Foto: Robert Haas)

Beim Sommerfest von Kustermann sind Expertinnen und Experten unter sich. Schließlich pflegt man hier seit 225 Jahren die Kunst , den Haushalt stilvoll zu führen.

Von Ulrike Heidenreich

Es gibt schlechtere Orte auf der Welt, um den 225. Geburtstag zu feiern. Die schlechteren Orte lassen wir jetzt mal weg, die Lektüre soll ja Spaß machen. Bleiben wir hier, auf dem sehr großzügigen, mit alten Balustraden bewehrten Balkon. Der Blick schweift über die grünen kleinen Dächer auf dem Viktualienmarkt. Es ist ein Blick, wie es ihn in München öfter gibt, der aber den meisten Münchnerinnen und Münchnern nicht so einfach zugänglich ist. Zutritt hat hier zum Beispiel nur, wer zum Sommerfest von Kustermann geladen ist, jenem Fachgeschäft im besten klassischen Sinne, das einst mit Sensen, Schaufeln und Messern genau hier begann, vor 225 Jahren.

Der Dienstagabend ist ein sehr heißer Sommerabend. Geladene Gäste, die drei Stockwerke über das Treppenhaus vom Viktualienmarkt aus erklimmen, finden sich wieder in hohen lichten Räumen mit alten Stuckdecken. Diese waren bei einer Renovierung der Räume zum Vorschein gekommen. Was die Familie Kustermann zum Anlass nahm, dort oben eine Event-Location einzurichten. Dazu eine offene Küche, in der sonst Kochkurse angeboten werden und in der an diesem Abend die Vorspeisen bereitstehen.

Wer sich ein hübsches Glas Meeresfrüchtesalat mit Paprika und weißem Balsamico oder gereiftem Parmaschinken auf gegrillter Wassermelone und Minze geschnappt hat und es schafft, dazu ein Glas Rosé von Endrizzi aus dem Trentin zu jonglieren, kann zu Swing-Klängen weiter zur Dachterrasse schlendern.

Versteckt über den Dächern der Stadt liegt die Dachterrasse von Kustermann - am Geburtstagsabend gibt es Musik und feine Speisen. (Foto: Robert Haas)

Dort empfangen Susanne Linn-Kustermann und deren Schwiegersohn Caspar-Friedrich Brauckmann, die in siebter Generation das Haus führen, gemeinsam mit Geschäftsführer André Garcia und Seraphine Kustermann (achte Generation) die Geburtstagsgäste. Darunter viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Geschäftspartner wie Florian Randlkofer vom befreundeten Traditionshaus Dallmayr, das auch das Catering anrichtete.

Genau, man ist befreundet, beobachtet sich aber auch interessiert - vor allem was die Ambitionen bei der Sterneküche angeht. Die Randlkofers sind da mit ihrem Restaurant "Alois" schon weit vorne. Und die Kustermanns wollen nach einem größeren Umbau im Erdgeschoss dem Vernehmen nach auch irgendwann in höheren kulinarischen Sphären mit eigenem Restaurant schweben. Einen Erfolg weit oben haben sie aber bereits errungen: Sie haben die Genehmigung, auf ihrem ensemblegeschützten Geschäftshaus am Viktualienmarkt eine Solaranlage zu errichten. Dafür waren lange Verhandlungen und sogar eine Gesetzesänderung nötig.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Wirtschaft in München
:Tradition, gestern, heute und morgen

Das Handelshaus Kustermann feiert sein 225-jähriges Bestehen - unter anderem mit einem Versprechen der nächsten Generation: Es wird ein Familienunternehmen bleiben.

Von René Hofmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: