In der Causa Sepp Krätz kehrt auch nach dem Entzug der Schanklizenz durch die Stadt für den bekannten Gastronomen keine Ruhe ein. Während Krätz um seine Konzession kämpfen und gegen die Stadt klagen will, hat Wirtschaftsreferent Dieter Reiter (SPD), der am 2. Mai sein Amt als Oberbürgermeister antreten will, alle Vorwürfe energisch zurückgewiesen, bei der Auswahl des Nachfolgers für Krätz auf dem Oktoberfest sei es möglicherweise nicht mit rechten Dingen zugegangen.
Reiter wird dem Stadtrat am nächsten Montag Siegfried Able als Krätz-Nachfolger vorschlagen. Weil Able, der bisher auf der Wiesn ein kleines Zelt, die Kalbskuchl, betrieben hat, sich dieses Mal nur für ein großes Wiesn-Zelt beworben hat, wird insbesondere aus Wirte-Kreisen kolportiert, er sei von der Stadt gezielt bevorzugt worden und habe schon vorher gewusst, dass er zum Zuge kommen werde. Nach Reiters Darstellung handelt es sich dabei um eine völlig haltlose Spekulation.
Persönliche Zuverlässigkeit als wichtiges Bewertungskriterium
Die Bewerbungsfrist für die Wiesn habe bereits zum 31. Dezember vergangenen Jahres geendet, sagte Reiter. Zu diesem Zeitpunkt sei aber noch gar nicht absehbar gewesen, wie sich die Ermittlungen gegen Krätz juristisch auswirken werden. "Schon aus diesem Grund ist ein Tipp gar nicht möglich gewesen", sagte Reiter zur SZ. Wäre Krätz ungeschoren davon gekommen, wäre er auch weiter Wiesnwirt geblieben. Um einen ständigen Wechsel der Wiesnwirte zu vermeiden, begünstigt das Bewertungssystem der Stadt die bisherigen Festwirte.
Dass Krätz als Wiesnwirt nicht mehr infrage kommt, hat im Übrigen nichts mit dem Entzug seiner Schankkonzession zu tun. Dafür hat allein die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung ausgereicht. Damit war seine persönliche Zuverlässigkeit, ein wichtiges Bewertungskriterium, so erschüttert, dass es im Kampf gegen andere Bewerber nicht mehr für eine Zulassung gereicht hätte.
Able hat sich nach Reiters Darstellung in den vergangenen zwei Jahren immer für zwei Zelte beworben, ein kleines und ein großes. Für dieses Jahr habe sich der Wirt aber nur für ein großes Zelt beworben. "Able hat schon alles auf eine Karte gesetzt", sagte Reiter, dies habe er aber "auf eigenes Risiko" getan. "Ich hätte ihm geraten, sich mit beiden zu bewerben", sagte Reiter.
Zweifel an der städtischen Bewertung
Insgesamt habe es 20 Bewerbungen für ein großes Wiesn-Zelt gegeben. Diese wurden nach dem von der Stadt im Jahr 1980 eingeführten Bewertungsverfahren anhand von 13 Bewertungskriterien geprüft. Das habe zu dem Ergebnis geführt, "dass Able die meisten Punkte hat", sagte Reiter und fügte hinzu: "Wenn er vorne liegt, muss er auch vorgeschlagen werden." Angeblich liegt Able nach dieser internen Bewertung deutlich vor seinen Konkurrenten.
Aus Wirte-Kreisen wird diese Berechnung jedoch angezweifelt. Ein Wirt, der nicht namentlich genannt sein möchte, sagte zur SZ, er würde dem Stadtrat empfehlen, sich die Bewertung genau anzusehen. Able sei in einigen Punkten zu positiv beurteilt worden - bei korrekter Bewertung müsste Lorenz Stiftl, Wirt des Spöckmeiers, mehr Punkte als Able erhalten.
Krätz zieht sich zurück:Hippodrom bleibt auf dem Frühlingsfest
Der verurteilte Gastronom Sepp Krätz zieht sich freiwillig vom Münchner Frühlingsfest zurück. Doch das Hippodrom bleibt, zumindest auf dem Frühlingsfest. Das Zelt sollen seine Ehefrau und seine Schwester übernehmen.
Reiter sieht solchen Diskussionen jedoch gelassen entgegen. "Man versucht hier, etwas zu konstruieren." Das Bewertungssystem habe bisher allen Überprüfungen standgehalten, "wir haben bisher vor Gericht noch nie verloren", sagte Reiter.
Krätz selbst hat auch Vorsorge für alle Fälle getroffen und neben seiner eigenen auch eine Bewerbung seiner Frau und seiner Schwester für das Hippodrom eingereicht. Außerdem hat sich nach SZ-Informationen auch die Schwester von Krätz noch einmal gesondert beworben. Beide Bewerbungen wurden geprüft, kamen aber auf weniger Punkte als Able.
Gegen den Entzug seiner Wirte-Konzession will Sepp Krätz gerichtlich vorgehen. Sein Anwalt Richard Seifert kündigte einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht an mit dem Ziel, den Vollzug der Anordnung auszusetzen. Es wäre wünschenswert, so Seifert, dass das Gericht bis zum 1. Juni eine Entscheidung fällt - dann könnte Krätz zunächst den "Andechser am Dom" weiterbetreiben, bis das Gericht endgültig entscheidet.
Möglich wäre auch, den Andechser an die Firma zu übergeben, die Sepp Krätz, seine Frau und seine Schwester gegründet haben. Seifert kritisiert jedoch grundsätzlich die Entscheidung des KVR zum Konzessionsentzug: "In unseren Augen ist das eine Doppelbestrafung. Das KVR hat keine moralischen Bewertungen abzugeben", so der Anwalt.