Demonstration:Münchens Rave-Kultur fordert ihren Platz

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Politik trifft Party: Man habe lange genug still gehalten, finden die Organisatoren von "Mehr Lärm für München". (Foto: Stephan Rumpf)

Bei der "Krachparade" von der Uni bis zur Theresienwiese machen Jugendliche lautstark ihrem Unmut über die Politik der Stadt Luft.

Von Franz Kotteder

Es ist 18.12 Uhr, und nachdem er schon mal in die Schellingstraße hinein abgebogen ist, bleibt dem Linienbus 153 nichts anderes übrig, als sich einzureihen in die "Krachparade". Das gibt zwar eine ordentliche Verspätung, der Busfahrer schaut also auch ein bisschen ratlos drein, aber was soll man machen, wenn man überraschend in so eine Demo gerät?

15 Münchner Rave-Kollektive haben sich am Pfingstsamstag zusammengetan, um ihren Platz in der Stadt einzufordern - beziehungsweise ihre Plätze. Eigentlich wollen sie, nach Züricher Vorbild, 20 öffentliche Plätze in der Stadt jeweils bis zu viermal im Jahr bespielen können mit ihren Soundsystems. Aber in München geht das gar nicht. Hier sehen sich die Raver und Techno-Fans eher in die Illegalität abgedrängt. Feiern ohne kommerziellen Hintergrund, das ist hier unerwünscht, kritisieren sie.

Ein paar Hundert von ihnen treffen sich deshalb um 17 Uhr am Geschwister-Scholl-Platz vor der Uni, dann geht es mit 15 Wagen - vom Fahrradanhänger bis zum Traktor mit Anhänger und Lastern, bestückt mit großen Lautsprecherboxen - durch die halbe Stadt bis zur Theresienwiese. Immer mehr Leute kommen dazu, und auf der Wiesn sind es dann wohl an die 5000, wie die Veranstalter sagen. Es ist Party und auch doch wieder keine.

Bei der Krachparade ging es um beides: Spaß, aber durchaus auch um politische Forderungen. (Foto: Stephan Rumpf)
(Foto: Stephan Rumpf)

Das Kreisverwaltungsreferat hat schließlich ein Alkoholverbot und ein Glasflaschenverbot verhängt. Es soll ja eine Demo sein und keine Party, aber eine solche Auflage ausgerechnet auf der Theresienwiese hat natürlich einen merkwürdigen Charme. In der Techno-Szene kennt man das allerdings. Schließlich wurde schon die allererste Love Parade in Berlin nur als Polit-Demo mit dem Motto "Friede, Freue, Eierkuchen" genehmigt. Nicht als Umzug.

Und politisch war die "Krachparade" in München durchaus. Slogans wie: "Kultur statt Luxus-Sanierung" und "Lärm rauf, Mieten runter!" zeugen ja auch von einer tiefgreifenden Unzufriedenheit mit den Zuständen in der Stadt. Man habe lange genug still gehalten, finden die Organisatoren von "Mehr Lärm für München". Jetzt sei es an der Zeit, Spiel- und andere Räume für die jugendliche Subkultur einzufordern, die nicht an kommerzielle Angebote gebunden seien.

Ziemlich pünktlich um 22 Uhr ist die Demo auf der Theresienwiese, die mit ihren hämmernden Beats auch ein veritabler Freiluft-Rave hätte werden können, dann schon wieder zu Ende. Was man eigentlich nur als Gesprächsangebot an die Stadtpolitik werten kann. Ein paar kleinere Gruppen ziehen danach noch weiter. An die Wittelsbacherbrücke zum Beispiel, oder zur Karl-Theodor-Wiese im Englischen Garten. Wegen Anwohnerbeschwerden über zu laute Musik rückt dort dann um 0.40 Uhr eine Einsatzhundertschaft der Polizei an; die rund 80 feiernden Jugendlichen gehen friedlich nach Hause. Alles wie gehabt, also.

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