Der Protest von einer Gruppe von Flüchtlingen am Sendlinger Tor ist in den vergangenen Tagen undramatisch verlaufen. Dramatisch sind bisher allenfalls die Erinnerungen an die Protest-Camps vor zwei und drei Jahren, als es zu Hungerstreiks kam, Menschen kollabierten und Teilnehmende auf Bäume kletterten.
Indes, der Protest setzt sich fort, und auch jetzt redet der Sprecher der Demonstranten, der die Bewegung schon 2013 und 2014 anführte, immer wieder davon, dass noch ein Hungerstreik beginnen könnte. So viel Verständnis sich für die individuelle Lage einiger der Flüchtlinge aufbringen lässt: Das wäre ein Fehler - wie überhaupt die ganze Aktion in diesem Jahr deplatziert wirkt.
Vor zwei und drei Jahren war der Hintergrund solcher Proteste ein völlig anderer. Das Leid vieler Geflüchteter war nicht vielen Menschen präsent. Wie schlimm die Notlagen in den Kriegsgebieten der Welt sind und wie viele Männer, Frauen und Kinder sich aufmachen würden, um ein besseres Leben zu suchen, konnten sich nur wenige ausmalen.
Dies hat sich verändert. Die Flüchtlinge sind seit langer Zeit ein beherrschendes Thema nicht nur in den Medien, sondern in der Politik, in Familien. Zahlreichen Menschen ist das zu viel geworden; sie sind der Dauerpräsenz des Themas überdrüssig. Einen Mangel an Aufmerksamkeit kann jedenfalls gewiss niemand feststellen, dafür braucht es also kein Protest-Camp. Das kann eher negative Ressentiments bestärken.
Dazu kommt, dass der Protest der Flüchtlingsgruppe in einer Stadt stattfindet, die weit mehr für Geflüchtete tut, als sie müsste. Es sei an die enorme Hilfsbereitschaft der Münchner erinnert, und auch an die großen politischen wie finanziellen Anstrengungen, die hier für eine gelungene Ankunft und Integration unternommen werden. Nur ein Beispiel dafür: In München gibt es auch Sprachkurse für Flüchtlinge, bei denen nicht sicher ist, ob sie überhaupt bleiben können.
Insofern haben die Protestierenden und ihre Anführer das falsche Pflaster für ihre Demonstrationen gesucht. Ihre Forderung nach einem "Bleiberecht für alle" wird auch in München nicht erfüllt werden, weil sie utopisch ist. Daran festzuhalten und einen Hungerstreik in den Raum zu stellen, wirkt aber ohnehin aus der Zeit gefallen.