Prozess in München:Vor Gericht statt nach Madeira

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Weil ein Ehepaar es nicht rechtzeitig zum Gate schaffte, hob ein Flugzeug ohne es ab. (Symbolfoto) (Foto: Patrick Pleul/dpa)

Weil angeblich der Sicherheitscheck am Flughafen so lange dauert, verpasst ein Ehepaar seinen Flug auf die Blumeninsel. Es verklagt den Reiseveranstalter, doch das Amtsgericht sieht die Schuld ganz woanders.

Von Susi Wimmer

Milde Temperaturen, Sonnenschein und eine üppige Flora - die Blumeninsel Madeira soll auch im Oktober ein Traum sein. Den wollte sich ein Ehepaar vergangenes Jahr erfüllen, allerdings kam es über den Frankfurter Flughafen nicht hinaus: Weil die Sicherheitskontrolle so lange dauerte, so argumentierten die Urlauber, verpassten sie das Boarding - und verklagten deshalb den Münchner Reiseveranstalter. Doch das Amtsgericht wies die Klage ab, und schrieb dem Paar noch ein kleines "Selber Schuld" ins Urteil.

Es war ja nicht so, dass das Ehepaar zu spät am Flughafen gewesen wäre. Man hatte online eingecheckt und die Weisung erhalten, um 12.50 Uhr am Gate zu sein. Das Paar stand bereits um 10.15 Uhr in der Flughafenhalle - exakt drei Stunden und 20 Minuten vor dem geplanten Abflug. Dann war erst einmal Warten angesagt, nämlich darauf, dass der Gepäckschalter geöffnet wird. Um 11 Uhr ging es los, gegen 11.20 Uhr war das Gepäck des Paares aufgegeben und es begab sich zur Sicherheitskontrolle.

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Dort allerdings, so die Kläger, sei von etwa 20 Sicherheitsschleusen nur eine für den gesamten Abflugbereich geöffnet gewesen. Bis man dran kam und der Sicherheitscheck fertig war, sei man erst um 13.05 Uhr am Gate gewesen, also 15 Minuten zu spät. Der Flieger nach Madeira sei da noch in der Parkposition gestanden, doch das Bodenpersonal ließ das Ehepaar nicht mehr an Bord.

1648 Euro hatte das Paar für die nicht angetretene Pauschalreise bezahlt. Und diesen Preis wollte es vom Veranstalter einklagen, eben wegen jener Verzögerungen bei der Sicherheitskontrolle. Der Reiseveranstalter hätte wissen müssen, dass nicht hinreichend Personal bei der Kontrolle zur Verfügung stand, argumentierten die Kläger. Entsprechend hätte er auf eine frühere Öffnung der Gepäckschalter der Airline hinwirken "und die Reisenden auf lange Wartezeiten aufmerksam machen müssen", befand das Ehepaar.

Das Paar hätte in der Warteschlange etwa darum bitten können, vorgelassen zu werden

Der Reiseveranstalter hingegen meinte, man sei nicht für eine langsame Sicherheitskontrolle am Flughafen verantwortlich. Die Sicherheitsbehörden, in dem Fall die Bundespolizei, seien "keine Leistungsträger oder Erfüllungsgehilfen" eines Reiseveranstalters. Der Sicherheitscheck sei viel mehr eine "hoheitliche staatliche Aufgabe". Außerdem sah es der Veranstalter auch nicht als erforderlich an, den Gepäckschalter mehr als zweieinhalb Stunden vor Abflug zu öffnen. Grundsätzlich, so argumentierte der Reiseplaner, könne man sich darauf verlassen, dass die Sicherheitskontrolle unproblematisch vor dem Abflug absolviert werden könne.

Das Amtsgericht wies die Klage des Ehepaars ab. Die Kläger seien zu spät am Gate erschienen. Dieses sei bereits geschlossen worden, somit sei der Anspruch auf Zutritt zum Flieger erloschen. Außerdem müsse sich der Reiseveranstalter eine Verzögerung bei der Sicherheitskontrolle nicht zurechnen lassen. Hier folgte das Gericht der Argumentation des Beklagten.

Es sei auch nicht vom Veranstalter zu erwarten gewesen, den Gepäckschalter noch früher zu öffnen, oder die Urlauber zu informieren, dass es beim Sicherheitscheck länger dauern könnte. Vielmehr hätten die Kläger selbst Sorge dafür tragen müssen, rechtzeitig am Gate zu sein. Etwa hätten sie an andere Personen in der Warteschlange herantreten und mit Hinweis auf die Boarding-Zeit darum bitten können, vorgelassen zu werden.

Als "unplausibel" sah das Amtsgericht nach Auskunft von Pressesprecher Martin Swoboda auch die Argumente der Kläger im Hinblick darauf an, dass andere Reisende das Flugzeug offenbar trotz der vorgetragenen Verzögerungen wohl rechtzeitig erreicht hätten. Die Lebenserfahrung würde dafür sprechen, "dass das Flugzeug nicht ohne Passagiere und Gepäck nach Madeira geflogen ist".

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