Sie wurden verschleppt, versklavt, missbraucht, als Beute weitergereicht von einem IS-Kämpfer zum nächsten, ihrer Kinder beraubt, ihrer Heimat sowieso. Viele beteten, nicht darum, zu überleben, sondern darum, endlich zu sterben. Das Schicksal der Jesidinnen, die 2014 vom IS zu Tausenden entführt wurden, hat die Welt gerührt. Viele von ihnen sind nach Deutschland geflohen, in eine der größten Jesiden-Gemeinschaften weltweit. Lange haben sie geschwiegen, sich versteckt, nun ist es Zeit, das Schweigen zu brechen. In einem mutigen Kunstprojekt holen die Kammerspiele die Jesidinnen auf die Bühne - sie sollen erzählen, was ihnen widerfahren ist.
Das, was die Regisseurin Tea Tupajić plant, ist ein Risiko. Ein Risiko für die Frauen, aber auch für das Theater. Da ist die 20 Jahre alte Abiturientin Awaz Abdi, die als Zehnjährige auf der Flucht vor dem IS ihre Eltern verlor und monatelang hungernd durchs Gebirge zog, verantwortlich für ihre zwei kleineren Geschwister. Da ist Najlaa Matto, 34, die von Kämpfer zu Kämpfer weitergereicht wurde und überlebt hat. Auch sie wird auf der Bühne stehen, wird erzählen, beide auf Deutsch, in der Sprache ihrer neuen Heimat - selbst wenn sie in Tränen ausbrechen sollten.
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"Heroisch" sei das, was die Frauen tun, findet Regisseurin Tupajic, die aus Sarajevo stammt und selbst als Kind den Balkan-Krieg erlebt hat. Sie hat eine besondere Verbindung zu den Frauen aufgebaut, über Jahre ihr Vertrauen gewonnen, sie fürs Theater fasziniert. Und sie sagt: Die Frauen werden nur so lange sprechen, wie sie es ertragen - wenn sie nicht mehr können, ist die Aufführung zu Ende. Jede wird nur ein einziges Mal sprechen. Deswegen wird die Premiere am 23. Februar anders sein als die zweite Aufführung am 24. Februar. "Licht" heißt das Stück, denn Licht vertreibt die Angst. Und der Applaus könnte wie eine Erlösung wirken.
"Licht", Regie: Tea Tupajić, Kammerspiele, Premiere am Do., 23. Feb., 19 Uhr, Karten unter www.muenchner-kammerspiele.de