Klassik:Schönes Servus

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Im Spiegelsaal von Schloss Herrenchiemsee gibt Clemens Schuldt sein wirklich letztes Konzert als Chefdirigent des Münchener Kammerorchesters. Zum Abschied geben alle alles.

Von Klaus Kalchschmid, Herrenchiemsee

Der Begrüßungsapplaus im Spiegelsaal von Schloss Herrenchiemsee hat gerade den Höhepunkt erreicht, da gibt, aufs Podium springend, Clemens Schuldt dem Münchener Kammerorchester schon den Einsatz für Beethovens Fünfte. Von da an bis zu den zahlreich peitschenden Schlussakkorden dieser Symphonie aller Symphonien herrschen ein Energielevel und eine Musizierlust, dass jedes Messgerät kollabieren würde.

Es ist aber auch nach einem letzten Abo-Konzert im Prinzregententheater (mit Beethoven Vierter), eines ebenso großartigen Gubaidulina-Porträt-Konzerts in der Pinakothek der Moderne das dritte und sein wirklich letztes Konzert als Chefdirigent, bevor Clemens Schuldt ein amerikanisches Orchester übernehmen wird. Also gibt Schuldt alles und das MKO ebenfalls, denn wenn etwas im Leben zählt, dann, dass Abschiede zelebriert werden müssen, damit man sich den Rest des Lebens daran mit Freude erinnert, egal was die Zukunft bringt.

Die Zeit vergeht wie im Flug

Also sind jeder Ton, jede Phrase, jeder Akkord geschärft, vergeht die Zeit wie im Flug, weil man diese Symphonie schlicht nicht aufregender und packender musizieren kann. Herrlich fließend die wunderbare Melodie des hier gar nicht so langsamen Satzes, prägnant aufgeraut das Scherzo, das noch stringenter als sonst in das rauschende Finale übergeht.

Vor der Pause nach der "Don Giovanni"-Ouvertüre Mozarts das Kontrastprogramm zu Beethovens vital schäumender Feier des Lebens: Mieczysław Weinbergs vierte und letzte Kammersymphonie für Streichorchester und eine einsam klagende Klarinette, die manchmal auch den Einsatz von Sologeige oder Solocello evoziert oder an zentralen Stellen, auch ganz am Schluss, mysteriös das Triangel schlägt: so viel Trauer, Melancholie und doch berückende Schönheit in einer guten halben Stunde mit vier ineinander übergehenden Sätzen!

Die Kernbesetzung des Kammerorchesters ist da ganz bei sich und man kann nur staunen, wie tastend und doch immer auch vorwärtsdrängend, und das nicht nur im einzig schnellen, dem zweiten Satz, diese Musik von 1992 klingt. Ein Stück ganz aus der Zeit gefallen und doch ein sehr heutiges Requiem!

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