Bei solcherart Auftritten gibt es mehrere Möglichkeiten, sie zu beschreiben: als tolle Show, bei der das vieltausendköpfige Publikum im zweiten Teil richtig mitging, mittanzte, mitsang. Es geht aber auch Reich-Ranicki-hafter: Da suhlt sich ein hochversierter, professionell ausgebildeter Musiker mit seinem elektronischen Celloapparat in den Untiefen von Arrangement-Paradiesen und dröhnt mit sattem Pathos-Sound die Hits aus Filmmusiken wie der zu "Titanic" oder "Pirates of the Caribbean". Oder er macht aus Leonard Cohens "Halleluja" ein Hochamt des Verdickens und so fort.
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Nüchterner sei festgestellt, dass Štěpán Hauser, Jahrgang 1986, ein ausgezeichneter Cellist ist, der unter anderem Mstislaw Rostropowitsch auffiel und neben anderen bei Ralph Kirschbaum und Bernard Greenhouse studiert und etliche Wettbewerbe gewonnen hat und eine Zeit lang im hochgelobten Greenwich-Klaviertrio mitwirkte. Sein originaler Celloton - jenseits der Verstärkungsorgien in der Olympiahalle - lebt von baritonalem "Samt" und Ausdruckssehnsucht.
Doch Hauser wollte mehr, als "nur" gediegener Kammermusiker sein. Er sieht blendend aus, hat offensiven Humor und unbestreitbar direkte Übertragungskraft. Nachdem er eine Weile mit seinem Landsmann Luka Šulić im Duo "2Cellos" rund um die Erde riesige Auditorien begeisterte, tourt er nun allein als "Rebel with a Cello" mit guten Bandmusikern und einem Streicherchorus um die Welt mit gewaltigem Erfolg.
Im SZ-Interview hat Hauser davon gesprochen, dass er sich im klassischen Revier wie in einem Käfig eingesperrt gefühlt habe. Außerdem sei es sehr schwierig, dort eine Karriere zu machen. Das sieht jetzt wirklich anders aus und klingt in etwa so: laut, pathetisch, auch schmalzig und immer aufdringlich auf Überwältigung zielend. Während der Show, die im Laufe der zwei Stunden gewissermaßen immer stärker verwilderte und ein Schlager- und Hitfass nach dem anderen aufmachte, bis alle Fans in der Halle standen, viele mit den Handys Glühwürmchen spielten und Refrains mitdröhnten, tobte und tanzte, zuckte und sägte Hauser, sein E-Cello vor sich hertragend, über die Bühne, am Ende hinunter zu einer Runde um den Saal und wieder hinauf. Wie gesagt, der Mann versteht sein Metier. Wenn André Rieu im seichtesten Kitsch dümpelt, David Garrett brave Pop-Aufgüsse kredenzt, dann ist Hauser dagegen wirklich ein kerniges Machoereignis mit Klangpower und echtem Furor.