Bezirksausschuss:Haidhausen wird immer mehr zur "Hotel- und Besucherstadt"

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Das beklagen nicht nur die Lokalpolitiker. Nun erweitert auch noch das Novotel an der Hochstraße.

Von Johannes Korsche, Haidhausen

An Hotelbetten herrscht in Haidhausen kein Mangel. Trotzdem wird das Novotel an der Hochstraße erweitert. Die "starke Performance" des bestehenden Hotels - die Auslastung der aktuell 307 Zimmer liege bei mehr als 80 Prozent - sei dafür ausschlaggebend, sagt Marie Schwab, Pressesprecherin der Accor-Hotelgruppe, zu der das Novotel gehört. Durch einen Neubau an der Hochstraße 9 entstehen 65 Zimmer, auch im alten Hotelgebäude wird erweitert, weitere sechs Zimmer kommen dort dazu.

Das Vorhaben wird schon seit Langem diskutiert, bereits 2016 beschäftigte sich die Stadtgestaltungskommission mit den Plänen - nicht zuletzt deshalb, weil sich mit dem Neubau an der Hochstraße die Silhouette der Isarkante deutlich verändern könnte. Kritik an dem Vorhaben gab es damals sowohl aus dem Bezirksausschuss (BA) Au-Haidhausen, als auch vom Stadtheimatpfleger. Störte den Stadtheimatpfleger der Abriss eines alten Häuschens, missfiel den Lokalpolitikern das Vorhaben vor allem wegen der ohnehin schon hohen Hoteldichte im Viertel. Haidhausen werde immer mehr zur "Hotel- und Besucherstadt", kritisierte die BA-Vorsitzende Adelheid Dietz-Will (SPD).

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Das Karree, in dem das Novotel liegt, könnte symbolisch für die jetzt schon große Hoteldichte im Stadtbezirk stehen. Umrundet man den Häuserblock, eingefasst von der Hoch- und Gallmayer-, der Schleibingerstraße sowie der Rosenheimer Straße und der Rablstraße, dauert das etwa fünf Minuten. Dabei kommt der Spaziergänger an fünf Hotels vorbei. Neben dem Novotel steht ein Holiday Inn an der Hochstraße. Weiter Richtung Süden kommt an der Ecke Rablstraße ein Motel One, biegt man nach links ein, reiht sich direkt daneben das Living Hotel an der Rablstraße ein. Außerdem können Stadtbesucher nur wenige Meter weiter im Hilton an der Rosenheimer Straße übernachten.

Daher hätten es die Lokalpolitiker lieber gesehen, wenn man dort von Anfang an mehr Wohnungen gebaut hätte, anstatt das Hotel zu erweitern, erinnert sich Dietz-Will. Zumal der Häuserblock mit seiner Vielzahl an Hotels kein Einzelfall im Viertel ist - und die Anzahl der Hotels wird weiter steigen. Geht man beispielsweise die Orleansstraße zwischen der Kreuzung mit der Rosenheimer Straße entlang zum Haidenauplatz, kommt man heute schon an drei Hotels vorbei. Zwei weitere werden auf dem etwa einen Kilometer langen Stück künftig hinzukommen: auf dem Grundstück des ehemaligen Holzkontors und vorne am Haidenauplatz auf der Seite der Bahngleise - gegenüber von bereits bestehenden Hotels. Dass sich die Hotels im Viertel so summieren, "ist schon ärgerlich", sagt Dietz-Will.

In der Stadtgestaltungskommission war auch beklagt worden, dass für die Erweiterung des Novotels ein altes, denkmalgeschütztes Häuschen an der Hochstraße 9 abgerissen werden musste. "Wütend" sei sie deswegen, sagt Dietz-Will. Das Häuschen - zweigeschossig, mit Rundbogen-Fenster im ersten Stock, die weiße Fassadengestaltung an den Biedermeier-Stil angelehnt - hatte an die historisch gewachsene Bebauung entlang der Hochstraße am Isarhochufer erinnert.

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Schon 2016 nannte der damalige Stadtheimatpfleger Gert Goergens den anstehenden Abriss "bedauerlich", wie aus dem Protokoll der Stadtgestaltungskommission hervorgeht. Heute ist das Häuschen nur noch im Internet zu sehen. Denn abgerissen und gebaut wird nach kleineren Änderungen am ersten Architektenentwurf trotz der vorgebrachten Bedenken. Der ursprüngliche Entwurf sah zunächst eine große Gaube im obersten Stockwerk vor, die den Hotelgästen eine besondere Aussicht auf die Münchner Innenstadt bieten sollte.

Laut dem Protokoll aus der Stadtgestaltungskommission sind nun aber fünf kleinere Gauben geplant. Die Empfangshalle fällt nun höher und großzügiger aus als zunächst vorgesehen. Wie das allerdings genau aussehen soll, könne man momentan nicht zeigen, da eine abschließende Simulation noch nicht vorliege, sagt Pressesprecherin Schwab. Im letzten Jahresviertel 2020 soll das Hotel aber schon fertig werden. Dass die Bauarbeiten längst begonnen haben, zeigt die Baulücke an der Hochstraße 9.

© SZ vom 23.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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