Als Obaidah Alsaleh vor zwei Jahren nach München kam, kannte der Syrer niemanden in der Stadt und sprach kein Wort Deutsch. Nach einem halben Jahr Integrationskurs fing er an, als Lagerarbeiter und Verpacker in einer Firma für Schönheitsprodukte zu arbeiten. Nach einigen Monaten konnte er in der Firma Bestellungen übernehmen und ist zum stellvertretenden Vorarbeiter aufgestiegen.
Der 32-Jährige hat eine Wohnung in München gefunden und spricht fließend Deutsch. In Syrien hatte Alsaleh Agrarwissenschaften studiert. Sein Ziel sei eine Ausbildung oder ein Studium im technischen Bereich. Wichtig sei ihm aber erst einmal, zu arbeiten, selbst Geld zu verdienen und sich zu integrieren, sagt er. Derzeit sucht er für die Wochenenden noch einen Nebenjob, um seine Mutter und Schwester in Syrien besser unterstützen zu können.
Das Jobcenter München hat Alsaleh zu einem Pressegespräch eingeladen, zusammen mit der Sozialreferentin Brigitte Meier und Vertretern der Agentur für Arbeit. Es geht um die Integration von Flüchtlingen in den Münchner Arbeitsmarkt. Und Alsalehs Werdegang soll zeigen, dass dies gelingen kann, und dass das Jobcenter den jungen Syrer auf seinem Weg erfolgreich begleitet hat. Es geht dem Jobcenter auch darum, bei Arbeitgebern zu werben, ihre Betriebe noch stärker für Flüchtlinge zu öffnen. Von sehr guten Erfahrungen im Unternehmen berichtet Gabriele Stamnitz von der Malerfirma Hechtl, die derzeit zwei junge Afghanen ausbildet. Es sei eine spannende Zusammenarbeit, die gut funktioniere.
Der Tenor ist optimistisch - die Jobcenter müssen flexibel sein
Dass Alsaleh eingeladen ist, zeigt aber auch, mit welcher Haltung die Stadt mit dem Jobcenter und der Agentur für Arbeit der Herausforderung begegnen will, die wachsende Zahl an Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt einzubinden. Der Tenor von allen drei Seiten ist durchweg optimistisch.
Dass derzeit manche Politiker und Medien Zahlen verbreiten, wie hoch die Rate der Analphabeten oder Geringausgebildeten unter den Flüchtlingen seien, hält Sozialreferentin Meier für ein Schreckensszenario. Sie spricht stattdessen von einer "riesigen Chance" für die Stadt München. Es sei besonders beachtlich, wie viele gerade der junge Flüchtlinge oft hoch motiviert seien. "Wenn es unerwartet viele werden, muss man halt improvisieren", sagt Meier. Aber wenn man Energie hineinstecke, die Strukturen aufbaue, Sprachkurse ausbaue und Personal aufstocke, dann sei es machbar, davon sei sie überzeugt, erklärt die Sozialreferentin.
Wichtig: Die frühe Förderung der Sprache
Ja, es sei eine Herausforderung, sagt Johannes Kolb, operativer Geschäftsführer der Agentur für Arbeit München. Und bei manchen Flüchtlingen werde der Weg auch ein bis zwei Jahre dauern, aber er denke, dass es gelingen werde, viele der Flüchtlinge sehr gut in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Auch Anette Farrenkopf, Geschäftsführerin des Jobcenters, zeigt sich zuversichtlich. Beim Jobcenter in München seien derzeit etwa 2350 Flüchtlinge gemeldet. Davon sei ein Drittel jünger als 25 Jahre. 1400 von ihnen seien bereits für einen Sprachkurs angemeldet, etwa 400 besitzen bereits ausreichende Sprachkenntnisse und Qualifikationen, um sofort zu arbeiten. 180 können mit einer Ausbildung beginnen. Das Jobcenter bereite sich auf mehr Flüchtlinge vor, konkrete Planungen seien aber schwierig, man müsse derzeit flexibel reagieren.
Wichtig sei dabei die frühe Förderung von Sprache, das betonten alle. Dafür müsse auch die Zahl der Integrations- und Sprachkurse erhöht werden. Die Bundesagentur für Arbeit werde nun wahrscheinlich auch allgemeine Sprachkurse für Flüchtlinge fördern, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus, sagt Kolb. Bisher konnte die Arbeitsagentur nur berufsbezogene Sprachkurse bezuschussen. Das ermögliche in ganz Bayern etwa 10 000 weitere Plätze in Kursen, davon etwa 15 Prozent in München. Auch bei der Anerkennung von Abschlüssen müsse man flexibler werden, fordert Farrenkopf.
Die Vertreter von Sozialreferat, Jobcenter und der Agentur für Arbeit betonen, dass die Anstrengungen für Flüchtlinge nicht auf Kosten der anderen Kunden vorgenommen werden. "Es werden nicht an anderer Stelle Mittel gekürzt oder verschoben", sagt Farrenkopf. Zudem würden rund um das Thema Flucht neue Arbeitsplätze entstehen, sagt Meier. So werden in den Unterkünften für Flüchtlinge Pförtner mit speziellen Aufgaben sowie Mitarbeiter in den Sicherheitsdiensten, im Cateringbereich und in der Erstaufnahme benötigt. Dabei versuche man, Flüchtlinge selbst miteinzubeziehen, aber auch Langzeitarbeitslose.