Die Sonne steht hoch, sie sticht auf den Architekten und den Baywobau-Vorstand nieder, die auf einem Holzpferd für die Kamera posieren. Es liegt nahe, dass aus den Fotos Bilder wie aus einem Hochglanzmagazin für Luxuswohnungen werden. Das Pferd steht in einer Innenhofanlage, im "Rodenstock Garten", inmitten kleiner Hügel. Umringt wird die Anlage im Dreimühlenviertel von Wohngebäuden. Ihre Bewohner können schon bald durch die großen Fenster, in denen sich die Sonne spiegelt, ihre Kinder beim Spielen oder aber auf der anderen Seite den Lauf der Isar beobachten.
Etwa 600 Menschen werden bis Ende September in die 284 Wohnungen im neu entstandenen Gebäudekomplex "Rodenstock Garten" ziehen, einige wohnen bereits in ihren neuen vier Wänden. Architekt Roland Duda und der Vorstand des Immobilienunternehmens Baywobau, Albert Hofmann, sind zufrieden: "Wir hatten den Anspruch, ein architektonisch hochwertiges Gebäude zu bauen, das dem Dreimühlenviertel gerecht wird. Das ist uns gelungen."
16 bis 20 Euo pro Quadratmeter
Der zu Stein gewordene Anspruch schlägt sich auch bei den Mietpreisen nieder, ein Quadratmeter kostet zwischen 16 und 20 Euro. Zwei Drittel der Wohnungen werden auf dem Mietmarkt angeboten. Dem Vorwurf, die Mieten durch die Anlage in die Höhe zu treiben, möchte sich Hofmann aber nicht aussetzen, die seien doch schon vorher weit oben gewesen. Außerdem sei ja niemand vom ehemaligen Rodenstock-Firmengelände verdrängt worden.
Die Bebauung zwischen Auenstraße, Ehrengutstraße und Isartalstraße ist in der Vergangenheit immer etwas aufmerksamer beobachtet worden als die anderer Areale. Schon allein der Name Rodenstock erregte Aufsehen: Die Firma war auf dem Gelände seit dem Jahr 1883, hatte dort Brillengläser, -gestelle und Kameraobjektive hergestellt, im Zweiten Weltkrieg auch Rüstungsgüter: Fernrohre und Prismen für Panzer. Das Quartier ist ein nahezu geschlossenes Gründerzeitviertel und sehr begehrter Wohnstandort.
Die Wohnungen waren bereits vor Baubeginn verkauft: 110 der 284 Wohnungen an die Versicherungskammer und die Stadtsparkasse, der andere Teil an einzelne Käufer. Und als erster Bauträger öffnete die Baywobau privat einen Bach in München. Der Westermühlbach, der jetzt unter den Terrassen durch das Projekt führt, wurde über mehr als hundert Meter mit großem Aufwand freigelegt und renaturiert, damit sich Kleintiere und Fische wieder ansiedeln können.
Manche Nachbarn bleiben skeptisch
Als sich eine Bürgerinitiative gegen das geplante Bauprojekt formierte und Petitionen folgten, reagierte die Baywobau-Leitung überrascht. "Es hat gar keiner geklingelt, nicht mal angerufen", wunderte sich Hofmann. Danach gab es "sehr viel Kommunikation" - auch viel konstruktive Zusammenarbeit. Trotzdem blieben viele Nachbarn skeptisch, ob ein achtstöckiges Wohnhaus - 24 Meter hoch und rosa angestrichen - ins Dreimühlenviertel passt. Sie forderten, dass die Fassaden des Neubaus inmitten der fast durchgehend denkmalgeschützten Häuser an der Isartalstraße kleinteiliger werden sollten, dass einzelne Hauseingänge zu erkennen wären.
Das Kopfgebäude - derzeit ist es noch nicht fertig - empfanden sie als zu wuchtig. Keine Korrektur ließ die Baywobau bei der Höhe von 24 Metern zu, bei der Farbe war man gesprächsbereit. Die Anlieger bekamen auch nicht den gewünschten öffentlichen Weg entlang des Westermühlbachs durch das Wohnprojekt zur Wittelsbacher Straße; allerdings soll der Weg allen zugänglich gemacht werden. Dass Spaziergänger durch den Innenhof den Bach entlang laufen, ist vom Architekten Roland Duda durchaus erwünscht: "Wir wollen keine Community, die von der Außenwelt abgeschottet ist. Es wäre wirklich schön, wenn es sich hier mit den anderen Anwohnern des Dreimühlenviertels mischen würde."
Am Freitag wurde ein Straßenfest gefeiert: mit den Anwohnern, den künftigen Bewohnern, Künstlern. Die Anwohner sollten Gelegenheit bekommen, das Areal zu besichtigen, bevor die Bewohner einziehen - ein Dankeschön für die Strapazen der dreijährigen Bauzeit, sagte Baywobau-Projektleiter Hans-Peter Holzner.
Anm.d. Red.: In einer früheren Version des Textes war von 1600 Menschen die Rede. Das ist falsch, wir haben das korrigiert.