Demo in München:Grüne und SPD verstecken sich beim G-7-Protest

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Es wäre noch viel Platz gewesen: Die Demonstration, die von der Theresienwiese aus startete, fiel kleiner aus als gedacht. (Foto: dpa)

Nur ein paar tausend Menschen demonstrieren für eine gerechtere und ökologischere Politik - vor sieben Jahren kamen zum G-7-Protest in München noch 40 000. Der geringe Zulauf liegt auch an den beiden Regierungsparteien.

Kommentar von Bernd Kastner

Sie war bunt und laut, kritisch und kontrovers, originell und friedlich. Die Demonstration am Samstag in München hatte eigentlich alles, was Protest braucht. "Gerecht geht anders!" riefen die Demonstrierenden den Staatsleuten zu, die im Anflug auf Elmau waren. Und doch bleibt Enttäuschung. Vor sieben Jahren, beim letzten G-7-Gipfel, zogen 40 000 Menschen durch die Stadt. Diesmal waren 20 000 angemeldet - und gekommen sind gerade mal um die 5000. Das ist bitter.

Der geringe Zulauf dürfte verschiedene Gründe haben. Der alles überlagernde Ukraine-Krieg und die Ratlosigkeit der politischen Linken, ob man ganz gegen Putin und gegen Waffenlieferung sein soll oder nur halb. Der Frust gerade bei Jüngeren, die seit Jahren für Klimaschutz kämpfen und jetzt die Auferstehung der Kohle erleben. Die recht kurze Mobilisierungsfrist und ja, auch das Badewetter, das gern als Ausrede fürs Daheimbleiben hergenommen wird, man kennt das von den Wahltagen.

Empfang zum G-7-Gipfel
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Die G-7-Staatschefs am Münchner Flughafen: Joe Biden und Emmanuel Macron waren bereits am Samstagabend zum G-7-Gipfel angereist. Am Sonntag folgten weitere Staatsgäste. Die Bilder von der Ankunft.

Ein Grund für die dürftig besuchte Theresienwiese dürfte aber auch sein, dass es eine auffällige Leerstelle gab. Dieser Fleck hat die Farben grün und rot. Ausgerechnet SPD und Grüne, deren Parteiprogramme in wichtigen Teilen auf der Bühne propagiert wurden, waren nicht sichtbar. Und wenn doch Aktive da waren, haben sie sich gut versteckt.

Internationale Gerechtigkeit, Solidarität mit ausgebeuteten Menschen und Ländern, konsequenter Klimaschutz, raus aus Kohle, Gas und Öl, endlich rein in die erneuerbaren Energien: Das müssten alle unterschreiben können, die sich Grünen und SPD zurechnen. Und doch gab es keine wahrnehmbare Mobilisierung der beiden Regierungsparteien. Plakate? Transparente? Nichts, was aufgefallen wäre.

Natürlich wäre es Unsinn zu erwarten, dass Grüne und SPD gegen den Gipfel demonstrieren. Aber die Demo war eben keine gegen den Gipfel, sondern für eine ökologischere, gerechtere Politik. Der Protest wurde auch nicht organisiert von zwielichtigen Gruppen, sondern von renommierten Umwelt- und Hilfsorganisationen. Haben sich die beiden Parteien so versteckt, weil sie in Elmau mit am Tisch sitzen? Die SPD mit dem Kanzler am großen, die Grünen mit der Außenministerin am kleinen?

Dabei stünde es gerade diesen Parteien gut zu Gesicht, beides zu tun. Zu regieren und dabei auch ärgerliche Kompromisse zu vertreten. Zugleich sollte die Basis ihren Obersten klarmachen: Auch wenn wir vieles gut finden, was ihr macht, bleiben wir kritisch, im Sinne unserer Ziele und Ideale. Das wäre ein starkes Signal weit über München und Elmau hinaus gewesen. So bleibt angesichts der Leerstelle vor allem Enttäuschung.

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