Landwirtshaft:Sechs Bauern erklären womit sie Geld verdienen

Der eine betreibt Bullenmast und verkauft Silomais, der andere pflanzt Soja und Kräuter an oder eine Familie setzt auf Beratung und Betriebswirtschaft: Wer als Landwirt überleben will, braucht gute Geschäftsideen und mehrere Standbeine.

Von Ingrid Hügenell

Althegnenberg - Milch und Holz

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(Foto: Matthias Döring)

"Wir haben ein gutes Auskommen", sagt Alexander Rasch, 31. "Aber nur, weil wir ein zweites Standbein haben und der Stall abbezahlt ist." Vom Hof müssen nur drei Menschen leben, Raschs Eltern und er selbst, denn er ist noch nicht verheiratet und hat keine Kinder. Bauern, die einen siebenstelligen Betrag in einen großen Laufstall investiert hätten und eine Familie ernähren müssten, hätten es schwerer. Dass der Milchpreis momentan stetig fällt, macht die Sache nicht einfacher. Statt 38 Cent wie Anfang 2018 bezahlte Raschs Molkerei Ende 2019 nur noch etwa 34,6 Cent pro Liter Milch. Wie es weitergeht, weiß niemand. Bei einer Milchmenge von rund 500 000 Liter pro Jahr macht das etwa 20 000 Euro aus. Gefallen ist auch der Preis für die Stierkälber, die Rasch mit 80 bis 100 Kilo Gewicht an Mastbetriebe abgibt. Pro Kilo Lebendgewicht gab es Anfang 2019 noch 5,80 Euro. Dann fiel der Preis um etwa ein Drittel auf vier Euro, wegen der Blauzungenkrankheit, die aber im Landkreis gar nicht ausgebrochen sei, sagt Rasch. Für Kühe gibt es 3,30 Euro pro Kilo, der Preis ist relativ stabil. Die Vorderviertel der Kühe gehen an eine Fast-Food-Kette, daraus wird Hackfleisch für die Burger gemacht. Die "Simmentaler Rinder", mit denen der Burgerbrater wirbt, sind das ganz normale Fleckvieh, das überall in den Ställen steht. Das wichtige zweite Standbein ist der Betrieb von Vater Reinhard Rasch, der Waldarbeiten ausführt. Er trägt etwa die Hälfte zum Gesamteinkommen bei. Direktzahlungen machen etwa ein Achtel des Einkommens des Hofs aus.

Puchheim - Soja und Kräuter

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(Foto: Carmen Voxbrunner)

Besonders breit hat Georg Huber, 45, seinen Betrieb aufgestellt. Der Landwirtschaftsmeister baut auf etwa 100 Hektar vor allem Getreide und Soja an, er befindet sich in der Umstellung zum Biobetrieb. Eine wichtige Einnahmequelle ist die Pensionspferdehaltung. Neu ist das Rotwildgehege, in das im Januar Hirsch Franz-Josef als neuer Patriarch eingezogen ist. Huber hat den Bau des Geheges mit dem Geld finanziert, das ihm übrig blieb, weil er als Biobetrieb keine Pflanzenschutzmittel und keinen Mineraldünger mehr kaufen muss. Hätte er die Summe nicht investiert, hätte er sie als Gewinn versteuern müssen. Im Herbst und Winter erledigt Huber Auftragsarbeiten wie Heckenschnitt, Grabenpflege und Wegeunterhalt. Die Kräuteria von Christine Huber und Vermietungen tragen einen wichtigen Teil zum Einkommen des Hofs bei. Geringe Einnahmen kommen aus dem Verkauf von Eiern und Christbäumen. Als Biobetrieb erhält Huber zusätzlich zu den Direktzahlungen besondere Prämien. "Uns geht's nicht schlecht. Aber nicht jeder ist in der Lage, so einen vielfältigen Betrieb zu haben", sagt Huber. Den Bauern vor allem im Osten des Landkreises komme dabei auch die Nähe zu München zugute. Heuer gibt es ein besonderes Zuckerl: Der Kreuthof hat einen Preis des Naturschutzbundes und der Firma Alnatura gewonnen, das Preisgeld ist in die Anschaffung der Rotwildherde geflossen. Die Auszeichnung gab es auch für Hubers gesellschaftliches und politisches Engagement und weil Christine Huber mit der Kräuteria auch Bildungsarbeit macht.

Maisach - Kartoffeln und Zwiebeln

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(Foto: Matthias Döring)

Willi Müller, 63, und sein Sohn Johannes verdienen gut mit ihrer Landwirtschaft. Auf die Direktzahlungen sind sie nicht angewiesen. Der Romy-Hof produziert auf etwa 300 Hektar Land vor allem hochqualitative Kartoffeln, aus denen Pommes frites und Chips hergestellt werden, außerdem im großen Stil Zwiebeln. Müller setzt auf betriebswirtschaftliches Handeln. "Das ist ein Stück Leidenschaft", sagt er, ein Pflanzenbauberater, der viel von Betriebswirtschaft verstehe, habe ihn vor Jahren darauf gebracht. Die Beratung durch Profis sei wichtig. "Man kann seinen eigenen Betrieb nicht alleine beurteilen", sagt er. Die Müllers rechnen ihren Betrieb genau durch, stellen Stärken und Schwächen fest und investieren entsprechend. Neues probieren sie zunächst im kleinen Maßstab aus. Schrittweise haben sie den Hof immer weiter vergrößert. Mit drei Berufskollegen haben die Müllers eine Maschinengemeinschaft. So können sie sich teurere und bessere Maschinen leisten und durch schonendere Bearbeitung bessere Qualität erzeugen. Kartoffeln machen viel mehr Arbeit als Getreideanbau, man müsse was sieben Mal so viel Zeit hineinstecken, sagt Müller. Entsprechend groß ist der Personalbedarf. Müller rechnet mit zweieinhalb Arbeitskräften aus der Familie, dazu kommen Azubis, Aushilfen und Saisonarbeitskräfte. Der Hof arbeite eher markt- als prämienorientiert, sagt Müller, der Markt sei verlässlicher. "Ich bin dankbar, dass ich den Beruf ausüben darf, und dass ich einen Betriebsnachfolger habe, der mit Begeisterung dabei ist."

Egenhofen - Weizen und Subventionen

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(Foto: Matthias Döring)

Gregor Grill, 47, erzählt es nicht von sich aus, aber er gehört zu den besten seines Fachs. Beim Betriebsvergleich liege er meist innerhalb der 25 Prozent besten Betriebe, etwa beim Ertrag pro Hektar, sagt er. Auf seinen Feldern macht der konventionelle Ackerbauer aus Dürabuch offenbar gute Arbeit. Seinen Weizen verkauft Grill übers Jahr und über einen Getreidemakler zum bestmöglichen Preis. Das sei möglich, weil er auf dem Hof das Getreide nicht nur reinigen, trocknen und lagern, sondern auch wiegen und verladen kann. Viel Weizen gehe als Rohmaterial für Pizza und Pasta an Mühlen in Italien. Trotzdem würde der Hof ohne Direktzahlungen, also Subventionen, keinen Gewinn erwirtschaften, rechnet er vor. Der Umsatz bewegt sich im niedrigen sechsstelligen Bereich. Die Kosten für Saatgut, Bodenbearbeitung, Abschreibungen, Versicherungen, Dünger und Pflanzenschutzmittel sind fast ebenso hoch. Ist der Ertrag auf einem Feld niedrig, kann es sein, dass Grill für diese Fläche sogar draufzahlt. Nur durch die Direktzahlungen bleibe am Ende aus der Urproduktion ein Gewinn. "Der Preis ist mehr oder weniger fix und ich muss schauen, kann ich zu diesem Preis produzieren", sagt er. Den Hof bewirtschaftet er alleine. Grill rechnet mit 70 Stunden Arbeit pro Woche und einem Stundenlohn um die fünf Euro. Zum Gesamteinkommen, von dem die Familie mit drei Kindern und Grills Eltern leben, trägt Ehefrau Martina Grill einen guten Teil bei, sie ist Betriebswirtin, hat eine eigene Firma und bietet Coachings an. Dazu kommen Mieteinnahmen.

Puchheim - Fleisch und Photovoltaik

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(Foto: Carmen Voxbrunner)

Schon vor mehr als 30 Jahren hat sich Bio-Bauer Josef Unglert, 61, auf die Direktvermarktung verlegt. Die ganze Familie samt Unglerts Eltern arbeitet mit. Verkauft werden die Produkte im Hofladen, auch auf dem Brucker Bauernmarkt ist der Hängbüchlhof vertreten. Jedes Jahr werden das Fleisch von etwa 350 Lämmern, 20 Jungrindern, 25 Schweine sowie täglich etwa 25 Eier verkauft, alles stammt vom eigenen Hof, die Tiere züchtet Unglert selbst. Doch ohne die Direktzahlungen "dats gar net geh", sagt der Landwirt. Bei der Wolle, die in der Schafzucht zwangsläufig anfällt, weil die Tiere halt geschoren werden müssen, zahlt Unglert drauf - der Scherer kostet mehr, als die Wolle einbringt. Nur noch fünf Prozent der Kleidung seien aus reiner Wolle, sagt er. "Das meiste sind heute Mischprodukte, günstig und gut zu waschen." Doch er sieht ein Umdenken bei den Kunden, langsam seien Kleidung sowie Decken aus Wolle und sogar Felle mehr gefragt. Der Gewerbebetrieb, über den der Verkauf läuft, und der landwirtschaftliche Betrieb sind steuerlich getrennt, Landwirt Unglert verkauft seine Produkte an den Gewerbebetrieb, den Tochter Michaela Höfel leitet, die davon auch lebt. Weitere Einnahmequellen sind die Einspeisevergütung aus der Photovoltaik-Anlage auf dem Dach, die maximal 60 Kilowatt liefert. Michaela Höfel hat Einnahmen als Erlebnisbäuerin, sie bietet Hofführungen und sogar Kindergeburtstage an. "Es ist ein Zubrot", sagt Unglert, "Kleinvieh macht auch Mist." Es helfe, dass seine Eltern Rente bekommen.

Maisach - Silomais und Bullenmast

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(Foto: Carmen Voxbrunner)

Hans Hollinger, 51, hat eine Nische für seinen Betrieb gefunden, in der er weniger vom Weltmarkt abhängig ist. Er stellt im großen Stil Silomais her und verkauft ihn an Landwirte in der Alpenregion. Die brauchen ihn als Tierfutter, können aber wegen der Lage ihrer Höfe selbst keinen anbauen. Hollinger sagt, er handle die Preise so aus, dass keine zu großen Schwankungen entstehen. Mit dem Silomais mache er durchaus Gewinn. Daneben baut er Getreide an. "Bei den aktuellen Preisen bin ich froh, wenn ich da auf eine Nullrunde komme". Die Bullenmast gibt er auf, im März werden die letzten Tiere verkauft. Bisher hat Hollinger die Stiere mit fünf bis sechs Monaten und einem Gewicht von etwa 200 Kilogramm gekauft. "800 Euro kostet so einer", sagt er. Nach 13 Monaten im Stall verkauft er die Jungbullen, für ein 400 Kilogramm schweres Tier erhält er 1480 Euro, 30 gehen weg für Transport und andere Vorkosten, macht eine Spanne von 650 Euro. "Der hat aber 400 Tage lang gefressen." Ein Futtertag koste ohne Arbeitslohn 1,80 Euro, macht 720 Euro pro Tier - ein Verlustgeschäft. "Deshalb hören wir damit auf. Es geht net", sagt der Landwirt, der ganzjährig einen Festangestellten beschäftigt und zur Erntezeit zahlreiche Helfer. "Wir haben ein gutes Auskommen", sagt er. Im Sommer ist Hollinger als Lohnunternehmer unterwegs. So seien die teuren Maschinen besser ausgelastet. Vor allem gehe es ihm darum, auch etwas anderes zu sehen als den eigenen Hof. "Man wird sonst betriebsblind."

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