Landtagswahl:Grüner Tischschmuck

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Wahlkampf macht Spaß (von links): Gabriele Off-Nesselhauf, Ilse Aigner, Benjamin Miskowitsch und Bundestagsabgeordneter Michael Kießling. (Foto: Johannes Simon)

Landtagspräsidentin Ilse Aigner kommt in die Germeringer Brauerei. Dort präsentiert sich die CSU, wie man sie kennt - wären da nicht die Sonnenblumen.

Von Andreas Ostermeier, Germering

Heimat und Tradition: Mit dem Bild eines Kirchleins vor Bergen und blauem Himmel lädt die Germeringer CSU zu einer Wahlkampf-Veranstaltung mit Landtagspräsidentin Ilse Aigner in die Germeringer Brauerei ein. Dort passt auf den ersten Blick alles. Mehr als 80 Besucherinnen und Besucher füllen den Raum, auf den Tischen stehen Brotzeitbrettln, Bier wird ausgeschenkt, die Stimmung ist gut. Gleich geht's los, Aigner, Bezirksrätin Gabriele Off-Nesselhauf und Landtagsabgeordneter Benjamin Miskowitsch sollen über die Heimat Oberbayern sprechen. Ist sie mehr als Tradition?

Doch etwas stört. Auf den Tischen haben die Helferinnen und Helfer vom veranstaltenden Ortsverband Sonnenblumen platziert. Nichts gegen Sonnenblumen. Doch die stehen für eine andere politische Partei. Hat Ministerpräsident Markus Söder nicht gerade diese Partei, die Grünen, zum Hauptgegner der CSU ausgerufen? Attackiert er sie nicht bei jeder Gelegenheit? Und jetzt Sonnenblumen. Will der Ortsverband die Wahlkampflinie unterlaufen? Oder ist das ein Friedensangebot - für die Zeit nach dem Wahlkampf? So nach dem Motto: Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Oder gar ein verstecktes Angebot für ein Bündnis, falls es mit dem Aiwanger Hubert und seinen Freien Wählern doch nichts werden sollte?

Gemeinschaftserlebnisse dank Tradition

Gegen die Freien Wähler setzen Aigner und Miskowitsch mehrere Spitzen. Dazu später. Erst einmal geht es ums Thema. Off-Nesselhauf, wie sie selbst sagt, mit Leib und Seele Bezirksrätin, hebt hervor, dass das Bild von Deutschland vor allem von bayerischen Traditionen geprägt sei. Sie spricht Traditionen die Fähigkeit zu, Gemeinschaftserlebnisse erzeugen zu können. Konkret sieht sie das in Brauchtumsvereinen und Brauchtumsfesten erfüllt. Feste und Vereine könnten auch denen helfen, sich rasch heimisch zu fühlen, die neu nach Bayern kämen, sagt sie, und dass es der CSU besser als anderen Parteien gelinge, Tradition und Moderne zu verbinden.

Mit Brauchtum und Tradition hält sich Aigner nicht lange auf. Sie macht rasch deutlich, dass Oberbayern mehr sei als Tradition. "Wir sind ein starkes Land." Der Fokus ihrer Rede liegt nun auf der wirtschaftlichen Entwicklung des Freistaats. Für den Aufschwung vom armen Agrar- zum Technologieland macht sie die CSU-Ministerpräsidenten seit Alfons Goppel verantwortlich. Sie lobt die mittelständischen Unternehmen, die berufliche Bildung, die wissenschaftlichen Einrichtungen und die vielen Start-ups. Als ehemalige Bundeslandwirtschaftsministerin stellt sie sich auf die Seite der Landwirte. Sie werde "grantig", wenn die Bauern als Leute dargestellt würden, die Tiere quälten und die Böden auslaugten, sagt sie. Nach Sonnenblume klingt das jetzt weniger.

"Fünfte Kolonne Russlands"

Als Landtagspräsidentin hat Aigner kürzlich deutliche Worte gegen den Populismus von Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger gefunden. Diese Worte wiederholt sie in Germering. "Unsere Demokratie ist nicht formal und wir müssen sie uns nicht zurückholen", sagt sie und fügt hinzu: "Das ist mir sehr wichtig." Als Streiterin für die Demokratie widerspricht sie auch denen, die die Unterstützung der Ukraine kritisieren. Die AfD bezeichnet sie dabei "als fünfte Kolonne Russlands". Deren Vertreter täten so, als wäre alles gut, wenn wir Russland nicht wirtschaftlich boykottierten oder keine Waffen lieferten. Aigner hält dagegen: "Nichts wäre dann gut." Denn Putin bedrohe alle freien Gesellschaften. Und: Bei dem Krieg in der Ukraine gehe es um eine Systemkonkurrenz.

Benjamin Miskowitsch, laut Aigner das "Prachtexemplar" eines Landtagsabgeordneten, setzt dann eine weitere Spitze gegen die Freien Wähler. Diese trafen sich nur wenige Kilometer entfernt in Maisach zu einer großen Wahlkundgebung mit Aiwanger. Miskowitsch aber lobt: "Ich möchte mich ganz herzlich beim CSU-Ortsverband bedanken, der heute die wichtigste politische Veranstaltung im Landkreis organisiert hat." Ist das jetzt wieder mehr Sonnenblume?

Weiter so?

Heimat, Tradition, wirtschaftliche Stärke: Aigner und Miskowitsch betonen das bayerische, genauer: oberbayerische "Mia san mia". Der schönste, der beste Teil Deutschlands wird von der CSU regiert. Daran lassen Landtagspräsidentin und Landtagsabgeordneter keinen Zweifel. Dafür werben sie um ihre Wiederwahl. Doch wie soll ihre Politik in den kommenden fünf Jahren aussehen? Dazu erfahren die Besucher wenig. Einfach nur weiter so? Erderwärmung, Energieversorgung, Wärmewende, Fachkräftemangel, Zuwanderung, Kinderbetreuung? Über die Zukunft wird ganz wenig gesprochen bei der CSU. So bleibt auch die Funktion der Sonnenblumen unklar. Am Ende der Veranstaltung dürfen die Besucher die Blumen mitnehmen. Das wird ausdrücklich gesagt. Ilse Aigner steigt ohne Sonnenblume in ihren Dienstwagen.

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