Kinderbetreuung:Erzieherinnen kritisieren Germeringer Vorhaben

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Im Kreis mit einer Erzieherin: Pädagogisches Personal wird überall gesucht. (Foto: imageBroker/Jan Tepass via www.imago-images.de/imago images/imagebroker)

Kinderbetreuung mit weniger Fachpersonal bringe Nachteile für alle Beteiligten, sagen zwei Pädagoginnen aus Olching. Sie fordern stattdessen eine Aufwertung ihres Berufs.

Von Andreas Ostermeier, Olching

Die Stadt Germering richtet zwei Betreuungsgruppen mit weniger Erzieherinnen ein. Das stößt bei Pädagoginnen auf Kritik. Anja Groen und Petra Schindler aus Olching sagen, die Germeringer Entscheidung bringe Nachteile für Eltern, Kinder und das pädagogische Personal. Schließlich sollten Buben und Mädchen bereits im Kleinkindalter gefördert werden, und dafür brauche es Erzieherinnen mit einer guten pädagogischen und psychologischen Ausbildung. In Gruppen mit wenigen oder gar keinen ausgebildeten Erzieherinnen sind die gesetzlichen Anforderungen an die Bildung und Betreuung von Kindern nach Ansicht der beiden nicht zu leisten.

Viele Jahre Berufserfahrung: die Pädagoginnen Petra Schindler (links) und Anja Groen. (Foto: Jana Islinger)

Groen und Schindler arbeiten seit vielen Jahren als Erzieherinnen. Sie haben beide eine fünf Jahre dauernde Ausbildung durchlaufen und waren einige Zeit auch Kolleginnen. Groen ist momentan in einem Kindergarten in Mammendorf als Erzieherin und Integrationsfachkraft beschäftigt. Petra Schindler arbeitet in München als Heilpädagogin und systemische Familienberaterin. Eine Kinderbetreuung mit weniger Erzieherinnen sehen sie als Gefahr für ihren Beruf. Auf diese Weise würden die fachlichen Qualifikationen von Erzieherinnen abgewertet, der Beruf nicht attraktiver gemacht, sagen Groen und Schindler.

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Die Kritik der beiden Erzieherinnen ist richtig. Doch schon wegen der Eltern muss der Staat andere Modelle ausprobieren.

Kommentar von Andreas Ostermeier

Germering nutzt ein Pilotprojekt des bayerischen Sozialministeriums. Im früheren Kindergarten Sankt Cäcilia, der vor einem Jahr von der katholischen Kirche wegen Personalmangels geschlossen wurde, sollen von Herbst an Buben und Mädchen betreut werden. Die Stadt benötigt dringend die zusätzlichen bis zu 50 Plätze. Doch weil Personal fehlt, lässt die Staatsregierung eine Betreuung mit weniger Erzieherinnen zu. Damit der Staat eine Kindergartengruppe fördert, muss die Hälfte der Fachkräfte aus Erzieherinnen bestehen. Das Pilotprojekt erlaubt einen geringeren Anteil.

Sitzen auf Kinderstühlchen

Groen und Schindler sind mit einem solchen Vorgehen nicht einverstanden. Politikerinnen und Politiker sollten den Erzieherberuf attraktiver machen, sagen sie. Dazu gehören nicht nur höhere Gehälter, sondern auch Verbesserungen, die das Personal länger im Beruf halten, beispielsweise Angebote für die Erhaltung der Gesundheit. Schindler nennt als Beispiel spezielle Stühle für die Erzieherinnen. Eine erwachsene Person könne nicht tagein, tagaus auf einem Kinderstühlchen sitzen. Doch Anträge auf spezielle Sitzgelegenheiten würden oft von Verwaltungen hinausgeschoben oder ignoriert. Da riskiere man lieber Krankschreibungen wegen Rückenbeschwerden.

Familien, so lautet die Beobachtung von Groen und Schindler, brauchen heutzutage viel mehr Unterstützung als früher. Oft sind beide Eltern in Vollzeit beschäftigt, um die Lebenshaltungskosten in einer teuren Umgebung bestreiten zu können. Gespräche mit Kindern und Eltern sind nötig, ein Betreuungsteam müsse daher personell gut aufgestellt sein. Nach Meinung der beiden Pädagoginnen kann das nicht funktionieren, wenn Teams kaum noch Erzieherinnen haben. "Wie sollen die geführt werden, wenn keine Leitung vor Ort ist?", fragen sie.

Einstiegsgruppen wie in Sankt Cäcilia sollen keine Buben und Mädchen aufnehmen, die innerhalb der nächsten zwei Jahre in die Schule kommen. Solche Kinder sollen wegen der Förderung Kindergärten besuchen. Auch diese Regelung sehen Groen und Schindler skeptisch. Erstens werde dadurch Kindern ein weiterer Wechsel der Bezugspersonen zugemutet. Zweitens finde vorschulische Förderung nicht erst zwei Jahre vor dem ersten Schultag statt, sondern setze viel früher ein, sagen sie.

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