Kommentar:Wenn Bremser beschleunigen

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Die Ausbaupläne der CSU für die S4 greifen viel zu kurz und würden am Ende teuer werden

Von Peter Bierl

Die Frage ist, ob die CSU trotz zahlreicher Warnungen einen millionenschweren Schildbürgerstreich durchzieht oder ein billiges Wahlkampfmanöver vollführt. Denn es wäre völliger Unfug, zuerst auf der Linie S4 ein drittes Gleis bis Eichenau verlegen zu lassen, von dem feststeht, dass es für den Bahnverkehr niemals reichen wird, um ein paar Jahre später für ein viertes Gleis erneut die Bagger anrücken und die neuen Brücken und Unterführungen mindestens teilweise abreißen und neu bauen zu lassen. Für die Fahrgäste wäre es eine Zumutung. Schon der aktuelle Umbau des Bahnhofs Buchenau zeigt, wie sehr die Fahrpläne durcheinandergeraten. Das Chaos, wenn auf der gesamten Bahnstrecke zwischen Bruck und Pasing gebaut wird, und das auch noch zweimal hintereinander innerhalb weniger Jahre, bei höherem Zugaufkommen aus dem Allgäu und der Schweiz kann man sich vorstellen.

Wahrscheinlicher ist, dass die Machbarkeitsstudie zu einem vierten Gleis eine Beruhigungspille ist, deren Ergebnis feststeht. In absehbarer Zeit werden CSU-Politiker dann beteuern, dass ein solcher Ausbau leider, leider unmöglich sei, weil in der Zwischenzeit die notwendigen Grundstücke von der Bahn AG oder dem Freistaat versilbert worden sind, weil das Gelände so schwierig ist oder notfalls, in dem das Projekt schlecht gerechnet oder gar darauf hingewiesen wird, dass der Extraaufwand doch enorm wäre. Sachlich ist die neue Machbarkeitsstudie sowieso überflüssig, weil eine solche mit positivem Ergebnis seit 2005 vorliegt. Was soll's, die CSU zahlt die Gutachter ja nicht aus der eigenen Tasche.

Wenn die CSU-Landtagsabgeordneten Alexander Dorow und Benjamin Miskowitsch schreiben, das dritte Gleis solle schneller gebaut und beim barrierefreien Ausbau der Bahnhöfe ein viertes Gleis berücksichtigt werden, reicht das nicht. Die Viergleisigkeit darf nirgends verbaut werden. Den eigenen Vorschlag als "Beschleunigung" des Ausbaus und "Pilotprojekt" abzufeiern, ist mutig. Die Staatsregierung, und damit die CSU, verspricht seit Jahrzehnten eine Verbesserung, einen Ausbau und anfangs sogar einen Zehn-Minuten-Takt. Stattdessen hat die Partei den Ausbau verhindert und geschrumpft, zulasten der Pendler und des Klimaschutzes, zeitweise unterstützt von der FDP als Koalitionspartner.

Ob die Freien Wähler es besser machen, steht in den Sternen. Schwer vorstellbar, dass Aiwanger & Co. deswegen ihre Liebesheirat in Frage stellen. Die CSU-Landtagsabgeordneten jedenfalls sollten als Zeichen tätiger Reue in den eigenen Reihen für den viergleisigen Ausbau aktiv werden.

© SZ vom 29.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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