Eichenau:Fasern und Finanzen

Lesezeit: 3 min

In jede Ecke des Kunstrasenplatzes haben die Gutachter gesehen, um den Zustand zu überprüfen. (Foto: Günther Reger)

Den Kunstrasenplatz zu erneuern, wird viel Geld kosten. Bevor ein Planer beauftragt wird, sollen die Fußballer vom FC Eichenau ihr Wissen einbringen

Von Erich C. Setzwein, Eichenau

Empörung und Fassungslosigkeit drückt das Mienenspiel von Peter Zeiler aus, als er die Summen für den neuen Kunstrasenplatz in Eichenau hört. Zeiler ist Gewerbereferent des Gemeinderates und ein praktisch orientierter Kommunalpolitiker, dem es immer am liebsten ist, wenn Entscheidungen leicht und deren Folgen nicht teuer sind. Dieses Mal aber wird es teuer, und da sind Zeiler und seine Kolleginnen und Kollegen im Dilemma.

Gut 15 Jahre ist der Kunstrasenplatz an der Budrio-Allee nun alt, und er ist im wahrsten Wortsinne abgespielt. Die Nähte des Rasenteppichs sind schon repariert worden, an ein wöchentliches Abbürsten ist nicht mehr zu denken. Zu groß wäre die Gefahr, den Kunstrasen beim Reinigen noch mehr zu beschädigen. All das und noch viel mehr Interessantes über die fast 6000 Quadratmeter große Spielflächen stehen in einem Gutachten vom vergangenem Jahr. Unter anderem auch die Berechnung der Nutzungszeiten. So werden die verschiedenen Felder etwa 1600 Stunden im Jahr bespielt. Die natürliche Folge: Die Kunststofffasern nutzen sich ab und sind schon einen Zentimeter kürzer als im Neuzustand, außerdem sind sie an den Spitzen gesplissen. In ein bis drei Jahren, so lautet das Fazit der Voruntersuchung sollte der Belag erneuert werden.

Dass die Sportanlage ihre maximale Nutzungsdauer erreicht hat, bezweifelt niemand im Gemeinderat. Und auch über die Kosten für die Erneuerung der Elastikschicht und der teppichartigen Oberfläche zwischen 275 000 und 570 000 Euro wäre zu diskutieren. Doch was den meisten schon sauer aufstieß, war die Tatsache, dass vor den Baukosten bis zu 60 000 Euro Planungskosten zu bezahlen wären. Denn Bauprojekte dieser Größenordnung müssen ausgeschrieben werden von der öffentlichen Hand, und solche Ausschreibungen können in den Verwaltungen kaum geleistet werden.

Nicht nur in Peter Zeiler regt sich deshalb Unmut, dass sich für solche öffentlichen Planungen ein Spezialistentum herausgebildet hat, das Projekte grundsätzlich verteuert. Und würde eine Baumaßnahme dann nicht so umgesetzt wie geplant, sind die Beratungskosten verloren. In der Verwaltung ist man der Meinung, dass ein Planer, der Erfahrung mit den technischen und sportfunktionalen Eigenschaften von Kunstrasen hat und fit im Vergaberecht ist, hinzugezogen werden sollte.

Dem Gemeinderat lagen nun drei Konzepte von Landschaftsarchitekten vor, die aber wegen der Debatte um den Preis im einzelnen gar nicht mehr diskutiert wurden. Überdies kam die Verwaltung zu dem Schluss, dass über die Gesamtkosten erst gesprochen werden könne, wenn der neue Belag ausgewählt worden sei.

Und damit beginnt die zweite, nicht minder interessante Diskussion. Denn Kunstrasenplätze sind in Verruf gekommen, seit die Produkte als schädlich für Mensch und Umwelt gelten. Zum einen geht es um die Krebsgefahr, die bestehen soll, wenn das Füllmaterial älter wird und zerfällt. Zum anderen geht es um den Abrieb der rasenfasern und des Granulats, so dass Mikroplastik in den Boden und ins Wasser gelangt. Markus Hausberger, Sprecher der Grünen-Fraktion, dringt deshalb darauf, dass bei der Auswahl eines neuen Kunstrasenbelags die ökologischen Aspekte zu berücksichtigen.

Dies wird die Gemeinde wohl schon deshalb beachten müssen, weil die Kommission der Europäischen Union eine Richtlinie zu Mikroplastik in der Umwelt erarbeitet. Das zielt auf das Mikroplastik ab, das bei der Nutzung von Kunstrasenplätzen entsteht. Womöglich tritt diesen EU-Gesetz im kommenden Jahr in Kraft, danach müssten es die Mitgliedsstaaten umsetzen. Wie lange also die etwa 6000 Kunstrasenplätze in Deutschland älterer Bauart noch bestehen bleiben, ist unklar. Im Gemeinderat Eichenau jedenfalls war man nach langer Diskussion um Planungs- und Neubaukosten der Ansicht, auch angesichts der desolaten Haushaltslage nichts über Knie brechen zu wollen. Alle Fraktionen plädierten auf Verschiebung des Projekts.

Geeinigt hat sich das Gremium in der jüngsten Sitzung auf eine Lösung, die zuerst einmal kein Geld kostet. So soll sich bald eine "Kommission" genannte Arbeitsgruppe zusammenfinden, in der Gemeinderäte, Verwaltung und Vertreter des FC Eichenau unter anderem mit anderen Vereinen und Kommunen über Erfahrungen mit neuen Kunstrasenplätzen sprechen sollen. Auch soll diese Kommission einen neuen Belag auswählen, der sich am besten für die Nutzung durch den FCE eignet. Anschließend soll der Gemeinderat die Ergebnisse bekommen, so dass im kommenden Jahr die neue Ausführung beauftragt werden kann.

© SZ vom 16.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Fußball
:Kunstrasen im Abseits

Kork gilt als ökologische Alternative, doch er hat seine Tücken.

Von Claudia Henzler

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: