Gröbenzell:Aufbruchsstimmung und Angriffslust

Lesezeit: 2 min

Beim Wahlkampf-Höhepunkt der Grünen in Gröbenzell kritisieren Claudia Roth und Beate Walter-Rosenheimer die Groko.

Von Ariane Lindenbach, Gröbenzell

Vom rascheren Kohleausstieg über die Mietpreisbremse bis Afghanistan: Zwei Wochen vor der Bundestagswahl haben sich die Spitzenkandidatin der bayerischen Grünen, Claudia Roth, und Beate Walter-Rosenheimer, Direktkandidaten für den Wahlkreis Fürstenfeldbruck/Dachau in Gröbenzell auf dem Rathausplatz mit weit mehr als hundert Zuhörern für den Endspurt des Wahlkampfes eingeschworen. Die beiden warfen der großen Koalition viele Versäumnisse vor. Am Ende, ziemlich genau eine Viertelstunde vor Beginn des Triells der Kanzlerkandidaten von Union, SPD und Grünen, Armin Laschet, Olaf Scholz und Annalena Baerbock, bescheinigt die Ortsvorsitzende Gabriele Walter den beiden eine Ausstrahlung von "Zukunft und Lebensfreude".

Beate Walter-Rosenheimer fängt mit der Klimapolitik an und kritisiert Scholz, der für den Kohleausstieg 2038 verantwortlich sei. Erst in 17 Jahren die umweltschädliche Energiegewinnung zu stoppen, ist für die Germeringerin viel zu spät. Die Grünen wollten am Temperaturanstieg von 1,5 Grad, wie im Pariser Klimaabkommen angestrebt, festhalten. Dafür müsse spätestens die nächste Bundesregierung Veränderungen vorantreiben. "Es braucht drastische Veränderungen und die braucht es jetzt", betont sie. In 14 Tagen entscheide sich "Aufbruchstimmung oder weiter so". Walter- Rosenheimer kritisiert die bestehende Armut bei Kindern wie Senioren. "Viele Menschen müssen sich enorm einschränken, um ihre Miete zu bezahlen", deshalb wollten die Grünen bundesweit eine Mietpreisbremse, die Kindergrundsicherung sowie eine Garantiesicherung für alle. Auch die Lage in Afghanistan kritisiert sie heftig; die Grünen hätten schon vor Monaten die Ausreise der Helferinnen und Helfer gefordert.

Claudia Roth, für die es die elfte Bundestagswahl ist und die von Walter Rosenheimer als "eine ausgewiesene und leidenschaftliche Tänzerin für Menschenrechte" vorgestellt wird, nennt die Wahl "unfassbar wichtig". Sich an den Wahlkampf 1983 erinnernd, als sie mit der Band Ton, Steine, Scherben unterwegs war und überhaupt viele Künstler politisch engagiert waren, erklärt sie, in diesem Wahlkampf eine ähnliche Aufbruchstimmung wahrzunehmen. Die entscheidende Frage sei: "Gibt es die Veränderung, die dringend, dringend notwendig ist?" Das sei eine "Überlebensfrage", betont sie mit Blick auf den Klimawandel. Verheerende Waldbrände von Kanada bis in die Türkei, schmelzender Permafrost in Sibirien, Hungersnot in Madagaskar oder schließlich die Hochwasserkatastrophen von Landshut über Berchtesgaden bis Nordrhein-Westfalen - für Roth sind das alles Belege für den Klimawandel.

Die Maßnahmen der großen Koalition, die mit einer Unterbrechung seit 16 Jahren an der Macht ist, reichten nicht aus. "Wenn also Markus Söder ein Klimaschützer geworden ist, jetzt sag ich's mal im Konjunktiv, dann wäre das schon gut." Aber es reiche eben nicht, Bäume zu umarmen. Die Kritik am bayerischen Ministerpräsidenten bringt Roth in ihrem roten Kleid noch einmal richtig in Fahrt. "Es reicht halt nicht aus, in der Kirche ein Kreuz aufzuhängen und die Schöpfung zuzubetonieren", attackiert sie unter lautem Beifall die CSU.

(Foto: N/A)

Roth fordert "endlich eine Verkehrspolitik, die Mobilität weiter denkt als der Verbrenner", Veränderungen in der Agrarpolitik, den Ausbau des Glasfasernetzes, eine Abkehr von Gas, Öl und Kohle. Dafür wollen die Grünen 50 Milliarden Euro jährlich, finanziert unter anderem durch eine "verfassungskonforme Vermögens- und Erbschaftssteuer" und eine Anhebung des Spitzensteuersatzes für die reichsten zwei Prozent der Bevölkerung von 45 auf 48 Prozent. Die Pläne der Union, "Steuersenkungen für die, die eh am meisten haben,", nennt sie "keine sozial verträgliche Politik". Die Vorschläge der Grünen sind laut Roth nötig für mehr soziale Gerechtigkeit. Sie geht wie ihre Vorrednerin auf Afghanistan ein und nennt die Lage "eine humanitäre Katastrophe".

© SZ vom 15.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: