Fremdenfeindlichkeit:Wie es Pfarrern mit Migrationshintergrund in Bayern ergeht

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  • Der Fall des Zornedinger Pfarrers ist offenbar eine Ausnahme. Im Erzbistum sind zahlreiche Pfarrer mit Migrationshintergrund tätig - ohne Probleme.
  • Auf fremdenfeindliche Vorfälle reagiert auch die evangelische Kirche.

Im Theaterstück "Der Brandner Kaspar und das ewige Leben" von Kurt Wilhelm gibt es einen Himmel, in dem Petrus höchstselbst den Türsteher zum Paradies spielt und betont, dass Nicht-Bayern dort nicht erwünscht sind. Das ließe sich als satirische Volte auf einen gewissen Grad an Fremdenfeindlichkeit im Freistaat interpretieren.

Doch worüber Theaterbesucher regelmäßig lachen, hat auch einen bitteren Kern: Der Zornedinger Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende etwa dürfte Ressentiments weder harmlos und schon gleich gar nicht mehr lustig finden. Rassistische Beleidigungen und nun sogar Morddrohungen waren dem aus dem Kongo stammenden Seelsorger zu viel des Schlechten. Er mag bekanntermaßen nicht mehr und bat um Versetzung.

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Der Fall ist offenbar eine Ausnahme. Das betont einerseits das Ordinariat, andererseits betonen auch ausländische Geistliche in der Erzdiözese München und Freising, dass sie gut integriert sind. Pater Soosai von der Pfarrei St. Peter und Paul Neustift in Freising zum Beispiel: Er stammt aus Ettukkalpatty im indischen Bundesstaat Tamil Nadu, kam 2008 nach Freising. So mancher Gläubige habe es damals noch kritisch betrachtet, sagt er, dass wegen des Priestermangels ausländische Pfarrer nun für Gottesdienste und Seelsorge zuständig seien.

Dennoch, betont Pater Soosai, habe er noch keine schlechten Erfahrungen aufgrund rassistischer Äußerungen gemacht oder gar Drohungen erhalten. Ähnliches erzählt der ebenfalls aus Indien stammende Kaplan Vincent Kumar vom Pfarrverband Erding-Langengeisling. "Ich bin seit 2012 in Erding und habe nie eine schlechte Erfahrung gemacht. Ich fühle mich hier sehr gut aufgenommen und wie zu Hause."

"Katholisch sein heißt: Wir gehören weltübergreifend alle zusammen"

Auch im Dekanat Fürstenfeldbruck sind ausländische Pfarrer tätig. Dekan Albert Bauernfeind sieht "keine Probleme" mit der Akzeptanz von Geistlichen aus Osteuropa, Afrika oder Asien. Wüsste er von so etwas, dann "würde ich mit der Faust auf den Tisch hauen", sagt er. "Katholisch sein heißt: Wir gehören weltübergreifend alle zusammen." In der Kirche sei kein Platz für Rassisten; auch Aufgaben in der rechtspopulistischen Partei AfD oder Mandate für die AfD zu übernehmen, ist für Bauernfeind unvereinbar mit dem katholischen Glauben.

Auch andere Priester äußern sich in diese Richtung und das Ordinariat betont - bei aller Aufregung über den Zornedinger Fall -, dass es generelle Akzeptanzprobleme ausländischer Priester nicht gebe.

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Auch das zeigt die traurige Geschichte über den Pfarrer, der im christlichen Bayern mit dem Tod bedroht wird.

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"Die große Mehrzahl ist sehr gut aufgenommen und wird von den Gläubigen in den Pfarreien auch akzeptiert", beteuert Pressesprecher Bernhard Kellner. Es gebe eine "gute Gastkultur". Die Pfarreien müssten ein Ort sein, "wo sich Menschen vorurteilsfrei begegnen können, alles andere würden wir auch nicht tolerieren".

Auch die evangelische Kirche reagiert auf Fremdenfeindlichkeit

Im Erzbistum gibt es derzeit 624 aktive Priester. Davon sind mehr als ein Drittel, nämlich 231, nicht in Deutschland geboren, 155 von ihnen haben keine deutsche Staatsangehörigkeit. Offenbar steigt der Anteil: Denn nach einer Studie aus dem Jahr 2010 stammten damals 14,2 Prozent der Priester im Erzbistum aus dem Ausland. Bundesweit waren es seinerzeit mehr als zehn Prozent.

Der zurückgetretene Zornedinger Pfarrer ist vorerst beurlaubt und hält keine Gottesdienste mehr - auch weil die Kirche Medienrummel fürchtet. Wenn sich die Situation beruhigt hat, will Ndjimbi-Tshiende wieder als Pfarrer arbeiten. Auf fremdenfeindliche Vorfälle reagiert auch die evangelische Kirche: Das bayerische evangelische Partnerschaftszentrum Mission Eine Welt in Neuendettelsau bereitet ausländische Pfarrer für ihren Dienst in Deutschland besonders vor.

Es warnt sie vor Regionen, in denen die Pegida-Bewegung oder andere rechtspopulistische Vereine und Parteien besonders stark sind. Von konkreten Anfeindungen oder gar Bedrohungen gegen Pfarrer aus dem Ausland weiß man aber auch dort bislang nichts.

© SZ vom 08.03.2016 / KA, JHBD, kc, anO, schub - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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