Hochschulen in Freising:Think Tank für mehr Nachhaltigkeit

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Lara Lütke-Spatz, Geschäftsführerin des neuen Zentrums Hochschule und Nachhaltigkeit Bayern, genießt das grüne Umfeld an ihrem Arbeitsplatz in Weihenstephan. (Foto: Marco Einfeldt)

Ein Netzwerk bayerischer Hochschulen will Verbesserungen beim Klimaschutz erreichen. Angesiedelt ist das neu gegründete Zentrum an der HSWT in Weihenstephan.

Von Petra Schnirch, Freising

Alles und jeder will heutzutage nachhaltig sein, oft ist es nicht mehr als eine modische Worthülse. Die bayerischen Hochschulen aber meinen es ernst, sie wollen tatsächlich Verbesserungen beim Klimaschutz erreichen - an ihrem Campus und darüber hinaus. Sechs Träger-Hochschulen haben Ende März das "Zentrum Hochschule und Nachhaltigkeit Bayern" (Bayzen) gegründet. Mit dabei sind von Anfang an die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) und die TU München (TUM). Weitere Hochschulen haben signalisiert, dass sie sich anschließen wollen. Jetzt geht es an die praktische Umsetzung.

"Ich finde es bemerkenswert, dass die Hochschulen zusammenarbeiten, um als Think Tank zu funktionieren", sagt Geschäftsführerin Lara Lütke-Spatz. Nachhaltigkeit ist für die 49-Jährige "eine der brennendsten Aufgaben unserer Zeit", um eine lebenswerte Welt zu erhalten. Die Kooperation der Hochschulen in diesem Bereich geht aber schon viel länger zurück.

Lütke-Spatz hatte 2012 gemeinsam mit Ingrid Hemmer das "Netzwerk Hochschule und Nachhaltigkeit Bayern" initiiert, als ein Bottom-up-Prozess, der von den Menschen ausgeht und nicht von oben aufoktroyiert wird. Man müsse die Leute motivieren, sie sensibilisieren und ihnen nicht etwas vorgeben, sagt die Bayzen-Geschäfsführerin. In den vergangenen Jahren motivierte das Netzwerk etwa 20 Hochschulen, Stellen für Klimaschutzmanagerinnen und -manager zu schaffen, die in den ersten beiden Jahren zu 75 Prozent vom Bund gefördert werden. Insgesamt werden 2023 und 2024 etwa vier Millionen Euro für Klimaschutzkonzepte und -management an bayerische Hochschulen fließen. "Das ist ein Paradebeispiel dafür, dass es Sinn macht, sich zusammenzuschließen", sagt Lütke-Spatz.

Im Green Office der HSWT kümmern sich Studierende darum, dass der Campus nachhaltiger wird. Auch die TU München unterhält in Freising eine solche Einrichtung. (Foto: Marco Einfeldt)

Nur mit zusätzlichem Personal und entsprechenden Strukturen lasse sich etwas verändern. Daran lasse sich ablesen, ob die Hochschulen etwas tun oder nur reden. Auch Studierende könnten ganz schnell einschätzen, ob die Hochschulen auch das bieten, was sie versprechen, sagt Lütke-Spatz sehr bestimmt. Sie brennt für das Thema, die Arbeit mache ihr wirklich Spaß, erzählt sie.

Das Netzwerk als Vorgängerprojekt des Zentrums Hochschule und Nachhaltigkeit kann einige Erfolge vorweisen. Dazu zählt die Treibhausgasbilanzierung. Die Hochschulen in Bayern haben sich auf eine einheitliche Art der Erhebung geeinigt, eine Arbeitsgruppe hat ein eigenes Tool dafür entwickelt. Es gehe um eine echte Bestandsaufnahme, man "pickt sich nicht nur raus, was schön ist", betont Lütke-Spatz. "Das schafft echte Transparenz."

Ziel müsse vor allem eine Reduktion der Emissionen auf dem Weg zur Klimaneutralität sein - und eine Kompensation nur dort, wo sich der Ausstoß nicht vermeiden lasse. Ein Problem ist die Mobilität, dazu zählen die Pendler, aber auch Dienstreisen und Flugverkehr. Das Umweltbundesamt errechnete für 2022 emittierte Treibhausgase Klimakosten von 237 Euro pro Tonne CO₂. Klimaschutz ist sehr teuer.

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Einer der Meilensteine des Netzwerks ist für Lara Lütke-Spatz das "Memorandum of Unterstanding". Die Präsidentinnen und Präsidenten aller staatlichen und staatlich anerkannten Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften haben die Erklärung in den vergangenen Jahren unterzeichnet und sich zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele verpflichtet. Das hat dazu geführt, dass der Klimaschutz nun im neuen Hochschulgesetz verankert ist. Dort heißt es: "Die Hochschulen sind dem Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen und der Biodiversität, dem Klimaschutz und der Bildung für nachhaltige Entwicklung verpflichtet." In der Rahmenvereinbarung dazu gibt es als Vorgabe den eigenen Punkt "Klimaschutz und Nachhaltigkeit".

Die HSWT mit ihrem grünen Fachspektrum, in dem Klimaschutz und Klimafolgen-Management viel Raum einnehmen, unterstützt den Prozess federführend. Das Bayzen-Büro ist in ihren Räumen auf dem Weihenstephaner Berg, im Gebäude A1, untergebracht. Außerdem hat sie 1,6 Stellen geschaffen, die übrigen fünf Träger-Hochschulen je eine halbe Stelle. Denn es braucht Kümmerer, betont Lara Lütke-Spatz. Lösen könne man die großen Aufgaben nur, wenn nicht jede Hochschule nur auf sich selber schaut. Sie versteht das Bayzen als eine Plattform zur Vernetzung und zum Austausch in Forschung, Lehre, Betrieb und für Initiativen von Studierenden.

Bayern ist den anderen Bundesländern "davon galoppiert"

Diese spielen eine wichtige Rolle. Zweite im Bayzen-Team an der HSWT ist Lola Zschiedrich, sie unterstützt die Vernetzung bayernweiter studentischer Initiative und arbeitet auch eng mit dem Green Office der Hochschule zusammen, das sich gleich neben dem Gebäude A1 befindet. Es wird von Studierenden betrieben und will ebenfalls mehr Nachhaltigkeit in allen Bereichen der HSWT verankern. Auch die TU München hat am Campus in Weihenstephan eine solche Anlaufstelle geschaffen.

Mit dem Zentrum Hochschule und Nachhaltigkeit sei man den anderen Bundesländern inzwischen "davon galoppiert", sagt Lütke-Spatz selbstbewusst. Ein solches Netzwerk gebe es bisher nur in Bayern - doch sie hofft, dass sich das bald ändern wird. Es sei wichtig, den wissenschaftlichen Diskurs über die großen gesellschaftlichen Herausforderungen und die Verantwortung der Hochschulen zu führen. "Es gibt keine Experten dafür, was auf uns zukommt." Die Absolventinnen und Absolventen müssten dennoch dazu befähigt werden, mit den bevorstehenden Veränderungen umzugehen und Lösungen zu entwickeln.

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