Mehr als 1,7 Millionen Menschen haben sich mit dem Volksbegehren "Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern" für den Bienen- und Naturschutz eingesetzt. Es gilt als das erfolgreichste Volksbegehren in der Geschichte Bayerns. Das ist fünf Jahre her. Was hat sich seither getan? Wo liegen die Ursachen für die Biodiversitätskrise - und was sind die Lösungen? In Weihenstephan gibt es dazu viel Expertise. Hanno Schäfer, Professor für Biodiversität der Pflanzen an der TU München, spricht darüber in einem Vortrag der Reihe TUM@Freising am Dienstag, 19. März. Beginn ist um 19 Uhr im Lindenkeller.
Im Juni 2019 nahm der Landtag den Gesetzestext des Volksbegehrens mit Begleitgesetz und umfassendem Maßnahmenpaket an. Ein großer Erfolg für die Naturschützer also. Doch zeigen die daraufhin eingeleiteten Projekte Wirkung? Die Staatsregierung zog drei Jahre nach dem Bürgervotum eine positive Bilanz. Doch die Biodiversitätskrise hält an, viele Tier- und Pflanzenarten gelten weltweit, aber auch in Bayern als bedroht.
In dem Vortrag geht es um zentrale Fragen: Was haben die Pflanzen mit dem Insektensterben und der Verarmung unserer Vogelwelt zu tun? Wie muss sich die Landbewirtschaftung ändern? Können wir in den Städten den Lebensraum für Pflanzen und Tiere bieten, den es in der Agrarlandschaft nicht mehr gibt? Nach mehr als zehn Jahren Forschung zu Wildbienen und Blütenpflanzen in Freising und an anderen Orten in Bayern wird Hanno Schäfer Probleme und Lösungsansätze aufzeigen. Ihm geht es insbesondere darum, wie alle einen Beitrag zum Schutz der Artenvielfalt leisten können.
"Insekten- und Vogelsterben sind direkte Folgen der Verarmung unserer Pflanzenwelt. Wenn wir das Artensterben bremsen wollen, müssen wir bei den Pflanzen ansetzen", so der TUM-Professor. Dazu reiche es nicht, den Rasen weniger zu mähen und Blühflächen im Garten anzulegen. "Wir müssen unser Konsumverhalten ändern und eine Landwirtschaft fördern, die Raum für Wildpflanzen und deren Bestäuber lässt." Auch "wilde Ecken", in denen sich die Pflanzen- und Tierwelt frei entwickeln kann, sollten die Menschen tolerieren, rät Schäfer.
Gegensteuern, um die Biodiversitätskrise in den Griff zu bekommen
Denn die Entwicklung ist dramatisch: Global betrachtet schrumpfen die Hotspots der Artenvielfalt in tropischen Gebieten der Welt durch den stetig wachsenden Bedarf an Sojabohnen und Palmöl jeden Tag weiter, wie es in einer Mitteilung der TUM heißt. Das führe zum Aussterben zahlloser, oft bisher nicht einmal wissenschaftlich beschriebener Arten. Schäfer erklärt, wie man hier gegensteuern muss, um nicht nur Bayerns Bienen zu schützen, sondern die Biodiversitätskrise weltweit in den Griff zu bekommen. Nach dem Vortrag beantwortet er Fragen.
Hanno Schäfer untersucht an der TUM, wie Pflanzenarten im Laufe der Evolution entstehen, wie sie sich in Pflanzengesellschaften zusammenfinden und welchen Einfluss dabei die Bestäuber, Samenausbreiter und nicht zuletzt der Mensch spielen. Schwerpunkte der Forschung sind die Familie der Kürbisgewächse und die Flora des Azoren-Archipels.
An der TUM ist Schäfer seit 2012. Nach dem Studium der Biologie in Würzburg und Regensburg promovierte er 2003 mit einer Arbeit über die Flora der Azoren. Von 2004 bis 2008 war er Postdoc an der LMU München, danach zwei Jahre Marie-Curie-Fellow am Imperial College London in Silwood Park. 2010 wechselte Hanno Schäfer an die Harvard University und schließlich nach Weihenstephan.