Forschung in Weihenstephan:Neue Technologien verändern die Landwirtschaft

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Spielerisch lernen: Verschiedene Futtermittel ertasten die Geschwister Katharina, Simon und Alexander beim "Farmvision Festival" des Hans-Eisenmann-Forums der TUM. (Foto: Marco Einfeldt)

HSWT und TU München ermöglichen bei einem Aktionstag in Weihenstephan einen Blick in die Zukunft: Neuerungen sind dringend notwendig, um dem Klimawandel und dem weiteren Schwund der Biodiversität entgegenzuwirken.

Von Maya Rychlik, Freising

Die Freisinger Hochschulen haben an einem Aktionstag allen, die sich für Landwirtschaft und Umweltschutz interessieren, einiges geboten. Die TU München (TUM) lud zum "Farmvision Festival", die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) zum "Green Future Day". Mit zahlreichen Fachvorträgen, Führungen, Infoständen und Workshops stellten sie ihren Einsatz im Kampf gegen den Klimawandel vor. Zu Gast waren viele Studieninteressierte, aber auch Landwirte und Familien.

Ingrid Kögel-Knabner, Leiterin der TUM School of Life Sciences, betonte in der Eröffnungsrede des Farmvision Festivals, wie sehr die Stadt, TUM und HSWT von ihrer Zusammenarbeit profitieren können. Die Landwirtschaft müsse sich jetzt auch für neue Technologien öffnen und sich insgesamt verändern. Ein Baustein dafür sei die Ausbildung junger Wissenschaftler. "Die Landwirtschaft hat sich schon immer verändert, früher waren es die damals neuen Traktoren, heute ist es Smart Farming und die Forschung um robustere Pflanzensorten und mehr Tierwohl", so Kögel-Knabner.

Auch beim "Green Future Day" der HSWT ist viel für Kinder geboten. Florian tritt in die Pedale - und der Zug fährt. (Foto: Marco Einfeldt)
Einen Versuchsaufbau zum Thema erneuerbare Energien erklärt Nick Mettler, der an der HSWT im vierten Semester Management erneuerbarer Energien studiert. (Foto: Marco Einfeldt)

Auch der Green Future Day an der HSWT stand ganz im Zeichen der Veränderung. "Gesellschaft und Wirtschaft stehen vor großen Herausforderungen. Darauf kann nur die Wissenschaft Antworten geben", sagte Hochschulpräsident Eric Veulliet in seiner Eröffnungsrede. Besonders von der "Hightech Agenda Bayern" des Freistaats habe die HSWT profitiert: Mehr als acht Millionen Euro Förderung erhielt sie für über 20 neue Professorenstellen, eine Reihe neuer Studiengänge und Forschungszentren.

Rund um den Campus gab es zahlreiche Infostände, so konnten Besucher der Farmvision ihren persönlichen CO₂-Abdruck ermitteln, eine Drohne steuern, neuartige Bodensensoren ansehen und mehr über Krankheitsforschung bei Pflanzen erfahren. Beim Green Future Day wurden Lebensmittel live in 3D gedruckt, es gab Gewinnspiele und Fotowettbewerbe und Tipps zum Indoor-Farming. Bustouren, Führungen und fachliche Vorträge rundeten das Programm der beiden Hochschulen ab.

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"So wie bisher können wir nicht weitermachen, wir müssen von den Pflanzenschutzmitteln wegkommen", unterstrich Senthold Asseng, Direktor des Hans-Eisenmann-Forums für Agrarwissenschaften an der TUM. In seinem Vortrag "Herausforderungen und neue Wege der Landwirtschaft" zeigte er die Probleme der stetig wachsenden Weltbevölkerung, darunter Klimawandel, Verlust der Biodiversität, Abfallberge, Wasserverbrauch, Nährstoff-Überversorgung und nach wie vor Hunger. Als Chance sieht er neue Technologien wie Melk-, Fütterungs- und Ernteroboter und die Forschung in der Nahrungsmittelproduktion.

Im HSWT-Workshop "Programmiere ein Ökosystem" erstellte Claudia Brandt zusammen mit Teilnehmern ein vereinfachtes Räuber/Beute-Modell mittels der Programmiersprache Java. "In solchen Modellen kann man viele Szenarien berechnen, echte Modelle wären viel teurer", so Brandt. Unter anderem so etwas erstellen die Studierenden im Studiengang "Angewandte Informatik".

Angewandte Informatik demonstriert Claudia Brandt, Professorin an der HSWT, im Workshop "Programmiere ein Ökosystem". (Foto: Marco Einfeldt)
Stärken konnten sich die Besucherinnen und Besucher des "Green Future Days" mit vegetarischem Hack-Allerlei bei Albrecht von Schultzendorff. (Foto: Marco Einfeldt)

Damit neue Technologien erfolgreich eingesetzt werden können, muss die Gesellschaft sie auch akzeptieren. Dazu stellte Olyvia Spykman von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) eine repräsentative Befragung zu Technik in der Landwirtschaft vor. Technik auf dem Feld bewerteten die Teilnehmer positiv und als Arbeitserleichterung, zu viel Technik beim Tier sehen die meisten als Entfernung der Landwirte zu ihren Tieren. Dennoch befürwortet ein großer Teil die Förderung neuer Technologien.

Auch die ökologische Landwirtschaft wird in der Zukunft eine immer wichtigere Rolle spielen. So ist es auch der ehrgeizige Plan der Bundesregierung, 30 Prozent der Landbewirtschaftung bis 2030 auf Bio umzustellen, in der EU sind es 25 Prozent. Im Öko-Landbau wird weder mit Mineraldünger, konventionellen Pflanzenschutzmitteln noch mit Gentechnik gearbeitet, dafür setzen Öko-Landwirte unter anderem auf Stoffkreisläufe. Das soll laut Bundesregierung dabei helfen, die hiesigen Klimaschutzziele zu erreichen. Auch in der Gesellschaft genießt Bio ein gutes Image. "Der Absatz ökologischer Lebensmittel stagniert derzeit jedoch", weiß Kurt-Jürgen Hülsbergen, Professor für Ökologischen Landbau und Pflanzenbausysteme an der TUM.

Um Nachhaltigkeit am Campus geht es den Studierenden der TUM in der Gruppe "Plant a seed", hier bauen sie zwei Hochbeete. (Foto: Marco Einfeldt)
Den Flug mit einer Drohne probt Robert beim "Farmvision Festival". (Foto: Marco Einfeldt)

Studien seines Lehrstuhls bestätigen, dass Ökolandbau besser für die Stickstoffbilanz ist und weniger CO₂-Ausstoß verursacht. "Weltweit erwirtschaften Bio-Betriebe aber 25 weniger Ertrag als konventionelle, das variiert jedoch stark je nach Region", so Hülsbergen. Ökolandbau passe gut in die bayerische Kulturlandschaft und habe auch durch die Digitalisierung große Chancen. Zudem mache die Vielfalt in Ökobetrieben die Sorten widerstandsfähiger.

Auch Stadtrat und Weihenstephan-Referent Rudolf Schwaiger (CSU) zeigte sich stolz auf den Campus Weihenstephan als Wissenschaftsstandort und "Think Tank" Bayerns. Er freute sich, dass die Hochschulen mit dem Programm nicht nur auf Studieninteressierte, sondern auch auf die Freisinger Bevölkerung zugingen. Musik lieferten die Blaskapelle Weihenstephan und eine lokale A-Cappella-Band.

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