Roter Teppich für Radfahrer:Gefahren lauern auf Freisings straßen

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Mehr Platz für Radfahrer und Fußgänger, vielleicht sogar ein kleiner Wochenmarkt: So sieht die Vision der Radentscheid-Initiatoren für die Erdinger Straße im Stadtteil Lerchenfeld aus. Bisher wird er vor allem vom Autoverkehr geprägt. (Foto: Fanny Wirth, Collage: Architekturbüro IFUB)

Nach Ostern wollen die Initiatoren des "Radentscheids Freising" an der Mainburger Straße eine symbolische Radspur einrichten.

Von Petra Schnirch, Freising

Seit zwei Monaten darf sich Freising offiziell "fahrradfreundliche Kommune" nennen. Die Initiatoren des "Radentscheids Freising" wollen das so aber nicht unterstreichen. Bei einem Pressegespräch am Donnerstag zeigten sie viele Gefahrenstellen auf, die nach wie vor bestehen. Auch beim ADFC-Fahrradklimatest 2020, dessen Ergebnisse vor Kurzem vorgestellt wurden, schneidet Freising mit der Schulnote 4,1 nicht gut ab. Die Unterschriftensammlung für einen Bürgerentscheid geht deshalb weiter.

Die Pandemie beeinträchtigt derzeit die Aktivitäten der Initiatoren. ÖDP-Stadtrat Ulrich Vogl hofft aber, dass der Entscheid noch in diesem Jahr stattfinden kann. 2622 Unterschriften haben die Initiatoren bisher gesammelt, 3000 streben sie an. Kurz nach Ostern plant das Organisationsteam außerdem eine Aktion zur Ausweisung weiterer Fahrradstreifen. Dabei soll an der Mainburger Straße zwischen Kammergasse und Korbinianskreuzung ein roter Teppich ausgerollt werden, um zu demonstrieren, wo eine solche Spur angelegt werden könnte.

Die Messlatte liegt ziemlich tief

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Das Radentscheid-Team bescheinigt der Stadt zwar, dass bereits einiges passiert sei. ÖDP-Stadträtin Emilia Kirner verwies auf die Fahrradstraße in der Alten Poststraße, die Fahrradzone "Zur Schwabenau", die Radspur auf der Kammergasse, mehrere Grünpfeile, die Radfahrern das Abbiegen bei roter Ampel erlauben, sowie die Abstellanlage am Bahnhof. "Die Messlatte für Fahrradfreundlichkeit" liegt laut Karl Auerswald in Freising allerdings "ziemlich tief". Er vermisse den politischen Willen, eine auto- in eine fahrradfreundliche Stadt umzuwandeln. Denn die Initiatoren des Radentscheids sehen noch viele Schwachpunkte.

Am ADFC-Fahrradklimatest beteiligten sich 226 Freisingerinnen und Freisinger. In Bayern landete die Stadt nur auf Platz 38 von 49, weit hinter Pfaffenhofen (acht), Dachau (13) oder Erding (16). Schlechte Noten gab es vor allem beim Thema Sicherheitsgefühl. Das sei zwar eine subjektive Einschätzung, sagte Jürgen Maguhn. Wenn Radfahrer sich unsicher fühlten, habe das aber zur Folge, dass sie seltener aufs Rad umsteigen.

Eine der Problemstellen ist die Mainburger Straße. "Hier gilt es sofort zu handeln", forderte Andreas Kagermeier. Durch die Herabstufung der Straße nach Eröffnung der Nordostumfahrung im November sei die Stadt nun Baulastträger. Aber nach der Begutachtung der Stadt für die Auszeichnung als fahrradfreundliche Stadt "scheint die Luft wieder etwas raus zu sein", kritisierte er und forderte, hier zwei Fahrstreifen für Radfahrerinnen und Radfahrer umzuwidmen. Nach Fertigstellung der Westtangente im Herbst 2021 sollte das auch an der Karlwirtkreuzung geschehen. Kagermeier wünscht sich dabei mehr Mut zu provorischen Lösungen. Vorbild sei hier Berlin, dort seien solche Streifen in der Corona-Krise innerhalb weniger Tage umgesetzt worden. Entlang der Erdinger Straße in Lerchenfeld werde ebenfalls seit vielen Jahren über eine Verbesserung diskutiert. Auch hier könnte er sich Fahrradstreifen vorstellen, sagte Kagermeier. Bisher sei das "Herz des Stadtteils" vom Autoverkehr geprägt.

Stillstand herrscht an der Wippenhauser Straße

Stillstand herrscht auch in der Wippenhauser Straße, wie Maguhn klagte. Für diese wichtige Verbindung zu den Schulen gebe es bisher keine Ergebnisse. Das Gleiche gelte für den Fahrradweg an der Hochtrasse. Der bestehende Radweg sei zu schmal und in schlechtem Zustand. Eine für 2020 zugesagte staatliche Förderung sei gestrichen worden. Als Grund vermutet Maguhn "die Kostenexplosion der Westtangente". Als weitere "unendliche Geschichte" bezeichnete er die Umsetzung der Vorfahrtsänderung an der Korbiniansbrücke, durch die Radler, die von Lerchenfeld in Richtung Innenstadt unterwegs sind, freie Fahrt hätten. Allerdings nur bis zum Bahnposten 15. Über eine Umgestaltung der steilen Zufahrten zur Unterführung wird seit Jahren debattiert, aber es gebe keine Fortschritte, sagte Ulrich Vogl. Über die Idee einer Überführung werde gar nicht mehr gesprochen.

Wo es noch "klemmt", ist laut Vogl der neue Radweg von Freising nach Erlau. Er ende im "gefährlichen Nichts" am Fasoldhof, der fehlende, 800 Meter lange Lückenschluss nach Tüntenhausen sei noch nicht einmal im städtischen Haushalt eingeplant. Ein Radweg fehle zudem entlang der B 301 neu von Erlau nach Marzling.

Überall dort, wo Fahr- oder Parkspuren umgewandelt werden müssten, gehe nichts voran, klagte Karl Auerswald. Es werde jahrelang geplant, Studien würden in Auftrag gegeben. Dies diene aber nur dazu, "die Leute zu beruhigen und auf Zeit zu spielen". Dabei stehe im Mobilitätskonzept der Stadt explizit, dass "neben der Bereitschaft zum Umdenken auch Mut für das Beschreiten von neuen Wegen" gefragt sei.

© SZ vom 20.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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