Wohnungslose im Landkreis:Zu wenig Unterkünfte, Beratung und Vernetzung

Lesezeit: 2 min

Laut einer aktuellen Studie gibt es in 20 Prozent der Gemeinden im Landkreis Freising keine Obdachlosenunterkünfte. Wo es welche gibt, mangele es an Beratung. Auch die Vernetzung mit Hilfesystemen fehle - bei der Diakonie sieht man das anders.

Von Gudrun Regelein, Freising

Mit der Frage, wie es um die Versorgung von Wohnungslosen in den Regionen Landshut und Freising bestellt ist, hat sich eine neue Studie beschäftigt. Durchgeführt wurde diese im Rahmen eines Kooperationsprojekts der Hochschule Landshut und des Katholischen Männerfürsorgevereins München (KMFV). 16 Studierende setzten sich mit dem Thema Wohnungslosenhilfe auseinander - Ziel war, eine Bedarfsanalyse über die Angebote in Stadt und Landkreis Landshut und im Landkreis Freising zu erstellen.

Die Studierenden verschickten einen Online-Fragebogen an 42 Ansprechpersonen aus Gemeinden, Verwaltungsgemeinschaften, Märkten und Städten. Die Beteiligungsrate war relativ hoch, sie lag bei knapp 70 Prozent. Die Mehrheit der Befragten gab an, dass eine Kooperation mit den Hilfesystemen fehle, es also keine Vernetzung gebe. Für die von Wohnungslosigkeit betroffenen Menschen seien die Ansprechpartner nur zu bestimmten Öffnungszeiten erreichbar, die meisten Hilfebedürftigen aber bräuchten vermutlich nicht nur zu diesen Zeiten Unterstützung, ergab die Studie.

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Ansprechpersonen für Obdachlose nur zu bestimmten Zeiten

Sie finde die Studie interessant, sagt Beate Drobniak, Leiterin der Diakonie Freising. Aber stimme nicht in allen Punkten zu. Die Fachstelle zur Verhinderung von Obdachlosigkeit (FOL) der Diakonie biete betroffenen Menschen im Landkreis eine intensive Beratung und Unterstützung an, sie gehöre zum Hilfesystem, berichtet Drobniak. "Und wir sind sehr wohl mit den allermeisten Gemeinden gut vernetzt. Die Zusammenarbeit ist gut." Auch die Erreichbarkeit der Ansprechpartner findet sie ausreichend, denn: "Die allermeisten Klienten wissen ja schon seit längerem um ihr Problem, eine Wohnungslosigkeit kündigt sich schon lange zuvor an." Und selbst wenn jemand abends untergebracht werden müsse, finde er notfalls bei der Polizei einen Ansprechpartner, der sich um die Unterbringung kümmert.

Handlungsbedarf sieht Beate Drobniak aber bei zwei anderen Ergebnissen der Studie: Dort nämlich heißt es, dass 20 Prozent der Gemeinden aus dem Landkreis Freising in ihrer Gemeinde keine Unterkünfte für obdachlose Menschen zur Verfügung stellen können, obwohl sie es eigentlich müssten. Viele würden dann zwar in Pensionen untergebracht, berichtet Drobniak. "Aber wir erleben auch immer wieder, dass Gemeinden Betroffene abweisen, weil sie sich nicht für zuständig halten." Notfalls muss die Unterbringung dann sogar beim Verwaltungsgericht eingeklagt werden.

"Wir erleben immer wieder, dass Gemeinden Betroffene abweisen"

Auch die Aussage, dass in vielen Unterkünften der Gemeinde das Beratungs- und Unterstützungsangebot ausgebaut werden muss, ist laut Drobniak richtig. "In Freising und Neufahrn ist eine Sozialpädagogin in den Unterkünften, die berät. Das sind zwei positive Beispiele", sagt sie. In den meisten kleinen Gemeinden aber sei das nicht so. Sie würde sich wünschen, dass die FOL ihre Klienten auch noch, nachdem diese wohnungslos geworden sind, weiter beraten dürfe. "Wir kennen die Fälle ja ganz genau - und könnten die Betroffenen am sinnvollsten begleiten."

Die Stadt Freising wurde nicht gefragt, ob sie sich an der Studie beteiligen will, sagt Susanne Weber, Leiterin des Amtes für soziales Wohnen und Obdachlosenhilfe der Stadt Freising. "Das betraf wohl vor allem die kleineren Gemeinden." Die Kernaussagen der Studie aber träfen auch nicht auf die Stadt zu. "Wir sind gut vernetzt, die Erstberatung erfolgt aktuell über die Caritas." Tagsüber seien Sozialpädagogen für von Wohnungslosigkeit betroffene Menschen als Ansprechpartner da - und dass bei ihren Klienten das Problem, obdachlos zu werden, erst abends oder nachts auftauche, gebe es nicht. "So etwas passiert nicht innerhalb von wenigen Stunden." Die beiden Unterkünfte der Stadt seien gut ausgelastet, berichtet Weber. Aber die Stadt sei verpflichtet, im Notfall sofort zu handeln - und tue das natürlich auch.

Die Stadt Freising wurde in die Studie nicht einbezogen

In einer Pressemitteilung des KMFV zu der Studie heißt es, dass sowohl präventive Angebote zur Verhinderung von Wohnungslosigkeit als auch Betreuungsmöglichkeiten in gemeinschaftlichen Notunterkünften fehlten. Deshalb will der Verein nun über eine Projektförderung des Sozialministeriums ein Angebot zur fachlichen Beratung und Unterstützung der Betroffenen schaffen.

Teilgenommen an der Studie haben allerdings nur Gemeinden im Landkreis Freising. Die Stadt Freising dagegen wurde nicht angeschrieben.

© SZ vom 23.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Diakonie in Freising schlägt Alarm
:Immer mehr Menschen in existenzieller Not

Trotz der Pandemie versuchen die Mitarbeiter, ihr Beratungsangebot aufrecht zu erhalten, denn der Bedarf steigt. Gerade wer von Obdachlosigkeit bedroht ist, erfährt in der Gesellschaft oft wenig Solidarität.

Von Birgit Goormann- Prugger

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: