Diskussion im Moosburger Stadtrat:Zukunft der Stalag-Baracken bleibt ungewiss

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Die Zukunft der früheren Stalag-Wachbaracken an der Schlesierstraße bewegt nicht nur Moosburger Stadträte und Bürger, sondern auch die Nachkommen von Gefangenen am anderen Ende der Welt. (Foto: Marco Einfeldt)

Mittlerweile soll nur noch eines von drei Gebäuden abgerissen werden. Martin Pschorr warnt davor, sich nicht die Chance auf die Erweiterung der benachbarten Schulen zu verbauen.

Von Alexander Kappen, Moosburg

Eigentlich hatte Vizebürgermeister Georg Hadersdorfer (CSU), der die Sitzung leitete, ja bereits gleich zu Beginn mitgeteilt, dass der Punkt von der Tagesordnung genommen worden sei, weil noch Klärungsbedarf bestehe. Aber wie groß das Thema mittlerweile in der Bevölkerung und auch unter Moosburger Lokalpolitikern ist, zeigt die Tatsache, dass im Laufe der Stadtratssitzung am Montag dann noch diverse Wortbeiträge zum Abbruch der denkmalgeschützten ehemaligen Wachbaracken des früheren Kriegsgefangenenlagers Stalag VII A folgten. Auf dem Grund an der Schlesierstraße, auf dem dringend benötigte Erweiterungsbauten für das angrenzenden Schulzentrum Nord vorgesehen sind, will die Stadt mittlerweile nur noch eine der drei noch stehenden Baracken abreißen.

Dementsprechend stand für die Sitzung eigentlich der Antrag auf der Tagesordnung, den früher gestellten Antrag auf Abbruch der beiden Baracken mit den Hausnummern 3 und 5 zurückzuziehen und stattdessen nur noch den Abbruch der Nummer 5 zu beantragen. Man müsse nun aber erst noch einige Dinge abklären, sagte Vizebürgermeister Hadersdorfer. Dazu ist für diesen Donnerstag ein Gesprächstermin mit den drei Moosburger Bürgermeistern, dem Denkmalschutz und Vertretern des Landratsamtes geplant.

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Keine Antwort dazu, worin genau der Klärungsbedarf genau besteht

Worin der Klärungsbedarf genau besteht, wollte Hadersdorfer vor dem genannten Termin bei den Bürgeranfragen am Montag ebenso wenig beantworten wie die Frage, inwiefern die Bevölkerung bei dem Thema beteiligt wird. Diese werde, wie andere Anfragen, die schriftlich eingegangen seien, auch schriftlich beantwortet, versprach der Vizebürgermeister.

Während viele Besucher der Stadtratssitzung, die offenbar wegen der Zukunft der Stalag-Baracken gekommen waren, enttäuscht wieder abzogen, hatten die Stadträte im Laufe der Sitzung noch gehörig Redebedarf. Jörg Kästl (ÖDP) fragte sich, ob nun eine in einem Schreiben des Landratsamts als "endgültige Stellungnahme" deklarierte Aussage des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege vom 2. Juli 2018 noch Gültigkeit habe. Darin wurde die Erlaubnis zum Abriss der Baracke 5 erteilt. Hadersdorfer konnte in Abwesenheit von Bürgermeister Josef Dollinger (FW) und vor den Gesprächen am Donnerstag jedoch nichts Genaueres dazu sagen. Jörg Kästl bat darum, den Stadtrat über das Gespräch an diesem Donnerstag zeitnah zu informieren.

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Bewegung bei Abwägen zwischen Denkmalschutz und Schulerweiterung

Johannes Becher (Grüne) deutete mit Blick auf die Gespräche bei der kürzlich abgehaltenen Klausurtagung des Stadtrats jedoch an, dass in die gesamte Angelegenheit und das Abwägen zwischen Denkmalschutz und Schulerweiterung etwas Bewegung kommen könnte. Die neue Schulmensa, die nach bisherigen Planungen auf dem Grundstück an der Schlesierstraße entstehen soll, könne man möglicherweise auch auf dem benachbarten Rockermaier-Areal unterbringen, wo die Stadt ein Grundstück besitzt.

Die geplante Laufbahn, die ebenfalls an der Schlesierstraße vorgesehen ist, "muss vielleicht auch nicht die kompletten 100 Meter lang sein, die bisher geplant sind", so Becher. Und auch die mehr als 100 ebenerdig geplanten Lehrerparkplätze könnten als Parkdeck geplant werden, was ebenfalls Platz spare. "Unter dieser Prämisse sollte man vielleicht noch mal genau schauen, ob die Baracke 5 wirklich weg muss." Dass die Baracken 1 und 3 auf jeden Fall erhalten werden sollten, sei mittlerweile ja schon Konsens, so Becher.

"Wenn wir alle Baracken stehen lassen, können wir nicht die schulischen Bauten einfach dazwischen stellen"

Martin Pschorr (SPD), der als ehrenamtlicher Kurator des städtischen Stalag-Neustadt-Museums nicht nur einen Sinn für die historische Aufarbeitung dieses Teils der Stadtgeschichte, sondern als zuständiger Referent für die Moosburger Schulen auch deren Belange im Blick hat, mahnte: "Der Bedarf für schulische Zwecke ist bekannt. Gerade mit der Ganztagsschule wird dieser Bedarf noch steigen, vor allem wenn der Rechtsanspruch kommt." Wenn man die Baracke 3 erhalte, werde es schwierig, "auch wenn es natürlich immer irgendwie geht". Aber eines müsse klar sein: "Wenn wir alle Baracken stehen lassen, können wir nicht die schulischen Bauten einfach dazwischen stellen - dann ist das Grundstück für schulische Zwecke verloren."

Praktisch die andere Sicht der Dinge verdeutlicht ein Offener Brief der australischen Journalistin und Podcast-Produzentin Megan Spencer an Bürgermeister und Stadtrat, der beweist, dass das Thema auch Menschen am anderen Ende der Welt bewegt. Spencers Großvater war im Zweiten Weltkrieg Gefangener im Stalag VII A, dessen Überreste sie 2017 selbst schon mal besichtigt hat. "Soweit ich weiß, planen Sie zur Zeit, die Gebäude der Wachen abzureißen. Darf ich darauf hinweisen: alle Gebäude sind wichtig", schreibt sie: "Bitte zerstören Sie keines der noch erhaltenen Originalgebäude des Stalag VII A; diese Objekte haben für so Viele so viel Bedeutung."

© SZ vom 25.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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