Moosburg:Die Reste des historischen Erbes bewahren

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Eine Projektgruppe will das frühere Kriegsgefangenenlager Stalag VII A zum Dokumentationszentrum machen. Dabei soll sich der Staat nicht aus der Verantwortung stehlen dürfen

Von Alexander Kappen, Moosburg

Zunächst wurde das Thema lange Zeit kaum beachtet. Dann begannen vor ein paar Jahren ehrenamtlich engagierte Privatpersonen sowie Vertreter aus Stadtrat und -verwaltung, sich näher mit dem ehemaligen Moosburger Kriegsgefangenenlager Stalag VII A zu befassen. Und jetzt soll das Thema auf eine höhere Ebene gehoben werden. Im Freisinger Landratsamt hat sich nun eine Projektgruppe konstituiert, "die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Überreste dieses historischen Erbes zu bewahren und gleichzeitig die bereits erbrachte umfangreiche Erforschung und Dokumentation der Geschichte des Gefangenenlagers bestmöglich darzustellen", wie es in einer Mitteilung der Behörde heißt.

In Moosburg wird mittlerweile seit Jahren darum gerungen, wie mit den letzten baulichen Überresten des Stalags verfahren werden soll. Konkret geht es um drei ehemalige Wachbaracken an der Schlesierstraße, wo die Stadt ihr Schulzentrum Nord erweitern möchte, und die so genannte Sabathiel-Baracke, die letzte noch weitgehend im Originalzustand befindliche, aber sehr stark verfallene Gefangenenunterkunft an der Egerlandstraße. Dass eine Wachbaracke erhalten werden soll, um darin ein Stalag-Dokumentationszentrum zu errichten, ist Konsens. Bei den anderen drei Baracken scheiden sich in Stadtrat und Bevölkerung die Geister. Für Landrat Helmut Petz steht der historische Wert der Gebäude außer Frage. "Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, welche Bedeutung das Kriegsgefangenenlager Stalag deutschlandweit, eventuell sogar weltweit hat", sagte er laut der Mitteilung in der ersten Sitzung der Projektgruppe. In einem ersten Schritt werde diese jetzt einen geeigneten Träger finden müssen, so der Landrat.

Die Aufmerksamkeit für die Baracken war nicht immer so groß wie jetzt. Laut Martin Pschorr, Moosburger Stadtrat und ehrenamtlicher Leiter des von ihm mit aufgebauten Stalag-Neustadt-Museums, sollten diese zunächst so schnell wie möglich weg. Erst jetzt habe sich ein Bewusstsein für die Gedenkstätte entwickelt. Der ebenfalls anwesende Frank Seehausen vom Landesamt für Denkmalpflege freute sich, "dass der Wunsch des Erhalts auch in der Bürgerschaft auf so großes Interesse stößt". Er sicherte eine Unterstützung durch das Landesamt zu und hob auch das Interesse der Universitäten an einer Dokumentation des Projektes hervor.

Doch dafür, so Pschorr, brauche es jetzt eine solide Finanzierungsgrundlage. Die Stadt Moosburg allein könne die Kosten nicht tragen, darin waren sich alle einig. Allein die Einhausung der Sabathiel-Baracke habe die Stadt 80 000 Euro gekostet, berichtete in der Sitzung Moosburgs Zweiter Bürgermeister Georg Hadersdorfer. Zuschüsse habe es dafür kaum gegeben. Bezirkstagsvizepräsident Rainer Schneider meinte, der Staat dürfe sich "nicht aus der Verantwortung ziehen". Man rede "über mehrere Millionen Euro", weshalb er auch an eine Mitarbeit von Vertretern aus dem Wirtschafts-, Kultus- und Finanzministerium denke.

Kreisbaumeisterin Antonia Seubert, die gemeinsam mit Maria Hahn, Leiterin der Abteilung für Bauen und Umwelt im Landratsamt, und Kreisheimatpfleger Bernd Feiler die Moderatorenrolle für das Projekt übernommen hat, schlug deshalb auch vor, nach der Sommerpause wieder zusammenzukommen, "dann mit ministerialer Unterstützung". Geplant sind außerdem eine gemeinsame Besichtigung der Baracken und die Präsentation einer von der Stadt Moosburg in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie zu einem möglichen Informations- und Dokumentationszentrum.

Laut Seubert sollte künftig auch ein Vertriebenenvertreter mit an den Tisch. Auf dem Stalag-Gelände ließen sich, nach einer Zwischennutzung als Internierungslager zur Entnazifizierung durch die Amerikaner, Heimatvertriebene nieder, die dort die Moosburger Neustadt begründeten. Auch Nikolaus Braun von der Bezirksverwaltung kann sich eine Mitarbeit an dem Projekt vorstellen, schließlich beschäftige sich der Bezirk schon seit Jahrzehnten mit der Aufarbeitung des Stalag-Themas. Der Moosburger Stadtarchivar Wilhelm Ellböck hofft auf ein Dokumentationszentrum, in dem er gerne die inzwischen umfangreiche Sammlung zum Stalag präsentieren würde. Man könne damit Friedensarbeit leisten, sagte Karl Rausch, Zweiter Vorsitzender des Stalag-Vereins, das persönliche Erlebnis stelle deutlich mehr Betroffenheit her.

© SZ vom 20.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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